Freundschaften halten dich gesund

Freundschaften halten dich gesund

Freunde – sie begleiten uns ein Leben lang oder manchmal auch „nur“ ein paar Jahre. Wir teilen bereitwillig Freude und Leid und vertrauen ihnen unsere intimsten Geheimnisse an. Sie sind da, wenn wir sie brauchen, und sie verraten uns nie.

Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass man Freundschaften pflegen muss, sonst gehen sie ein wie eine Pflanze, die nicht gegossen wird. Andererseits habe ich aus Studienzeiten sieben sehr gute Freunde, die ich nur selten sehe. Kennengelernt haben wir uns am Anfang unseres Studiums in Dortmund und sind gemeinsam durch alle Semester gegangen. Sogar eine WG hat es gegeben. Mit dem Abschluss haben wir uns in ganz Deutschland zerstreut, wir haben Arbeit gefunden, Familien gegründet und unser Leben gelebt. Bis heute schreiben wir uns Nachrichten und telefonieren gelegentlich. Aber einmal im Jahr treffen wir uns und sofort ist die Vertrautheit wieder da. Wir quatschen über alles, was uns (heute) wichtig ist und nicht nur über „weißt du noch damals“. Unsere Freundschaft hat unser Erwachsenwerden, das Familie gründen und Trennungen überlebt. Wir teilen nicht mehr alle Geheimnisse – nur noch die wichtigsten und sind trotzdem immer noch eng verbunden.

Ich hatte auch das Glück, im Alter von 56 Jahren noch eine tolle Freundin zu finden, die sogar in meiner Nähe wohnt. Bettina und ich waren vor einigen Jahren nach einer Operation in derselben REHA-Klinik. Wir haben uns gesehen, ein bisschen unterhalten und uns sofort wie Schwestern gefühlt. Seitdem verbringen wir viel Zeit zusammen und genießen unsere „Schwestern-Auszeit“.  Mal im Wellnesshotel, mal in der Sauna oder wir quatschen einfach stundenlang am Telefon oder bei einem Glas Sekt – BFF halt – best friends forever. Es fühlt sich an, als ob wir uns schon seit unserer Kindheit kennen würden.

Warum tun uns Freundinnen so gut?

Gute Freunde, die uns ein Leben lang geleiten – das wünschen wir uns. Freundschaften vermitteln uns das Gefühl, sozial eingebunden zu sein. Sie geben uns Halt, Energie und Wärme. Sie sind wichtig für bzw. gegen unseren Stresslevel, denn je enger und intensiver wir Freundschaften empfinden, desto entspannter gehen wir mit Stress um. Studien zeigen, dass uns Freunde bzw. Freundschaften tatsächlich gesünder machen.

Soziale Beziehungen sind so wichtig für unsere Gesundheit, dass es sich negativ auswirkt, wenn wir keine Freunde haben. Das geht so weit, dass Forschende Einsamkeit für schädlicher halten als keinen Sport zu betreiben.

Freundschaften nehmen wir als positive Zuwendung oder soziale Unterstützung wahr.  Wenn wir Hilfe brauchen, bekommen wir sie selbstverständlich von unseren Freunden und das vermindert unseren Stress.  Unser Körper schüttet weniger Stresshormone aus, wir schlafen besser und unser Immunsystem ist stabiler.

Freundschaften geben uns ein Gefühl der Sicherheit und das sorgt für einen entspannten Gesamtzustand!

Wie halten Freundschaften über Jahre bzw. Jahrzehnte?

Schon im Kindesalter miteinander spielen, nah beieinander wohnen, viele gemeinsame Erlebnisse – positive wie negative, buchstäblich durch dick und dünn gehen und etwas haben, was uns verbindet. Das sind gute Voraussetzungen für eine lebenslange Freundschaft. Wir Menschen brauchen diese sozialen Beziehungen, denn verschiedene Studien beweisen, dass wir so länger leben. Je mehr wir unsere Freunde und Freundschaften wertschätzen, desto gesünder, physisch fit und mental stark, schätzen wir uns selbst ein.

Am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit forscht man seit vielen Jahren am Ursache-Wirkung-Zusammenhang für diese Erkenntnisse. Die Terra X Plore Redakteurin Jasmina Neudecker wagt mit ihrer besten Freundin Laura Spindler das Experiment, mit dem die Forschenden des Institutes in ihrer Studie arbeiten. Jasmina und Laura schreiben jede für sich 4 Komplimente auf, die sie der Freundin später geben. Danach legen sich beide Frauen in ein MRT. Dort sind sie per Video miteinander verbunden und können sich sehen. Die Wissenschaftler spielen jetzt nacheinander die Komplimente ein, die die Freundinnen vorher aufgeschrieben haben. Das MRT ermittelt währenddessen, was sich in den Gehirnen der beiden abspielt.

Das Ergebnis

Ganz besonders werden die Regionen im Gehirn aktiviert, die mit Emotionen zu tun haben. Sehr aktiv ist auch das Belohnungssystem der Gehirne – es schüttet fleißig das Glückshormon Dopamin aus. Die Forschenden haben bei anderen Probanden herausgefunden, dass die Ausschüttung des Hormons sogar schon einsetzt, während diese die Komplimente aufschreiben. Unser Gehirn freut sich also schon darüber, dass wir unserer Freundin etwas Schönes sagen oder geben wollen, bevor wir es getan haben.

Also: Über häufige Komplimente freuen sich Senderin und Empfängerin!

Ein wichtiger Faktor ist u. a. die Konstanz in den Lebensumständen, die zu langen Freundschaften beiträgt. Lebensumbrüche wie häufige Umzüge und Jobwechsel oder Trennungen in der Partnerschaft sorgen dafür, dass Freundschaften einschlafen oder auseinander gehen. Aus den Wechseln im Leben ergibt sich so etwas wie ein „Schichtkuchen“ – eine Schicht Jugendfreunde, je eine mit Studienfreunden, Partnerschaft, Ehe, Arbeit, Trennung und so weiter. Jede Änderung ist eine Schicht – am Ende ist unsere Biografie eine Ansammlung der verschiedenen Schichten. Besteht unser Leben aus wenigen Schichten, ist es wahrscheinlicher, dass wir auch lange Freundschaften pflegen können. Bei „vielschichtigen“ Leben werden es tendenziell eher wenige dauerhafte Freundschaften sein.

Was macht eine enge Freundschaft aus?

Die wechselseitig empfundene hohe Qualität einer Freundschaft ist uns wichtig. Die gemeinsam verbrachte Zeit, das gemeinsame Erleben, eine gemeinsame Vergangenheit sind wichtige Faktoren und Indizien für eine enge Freundschaft. Die Anzahl der Freunde ist unwichtig, es geht um die Intensität der Beziehung. Es gibt eben nichts, was Freunde nicht für den oder die andere tun würden.

Das Alter bringt häufig noch einmal eine Veränderung der Freundschaften. Ältere Menschen wünschen sich eher einen kleinen Freundeskreis. Jede Freundschaft ist dabei aber intensiver und bedeutsamer. Der Wunsch und die Möglichkeiten, neue Freunde zu finden, werden weniger. Wichtiger ist, sich auf die vorhandenen Freunde zu konzentrieren und positive Kontakte mit wenig Konfliktpotential zu pflegen. Mit zunehmendem Alter verlieren wir unsere Freunde auch auf „natürliche“ Weise, was sicherlich die schwierigste Art ist, den Freundeskreis zu verkleinern.

Fazit

Mich hat die Dokumentation des ZDF „Diese Freundschaften halten dich gesund“ aus der Reihe Terra Xplore inspiriert, über die Freunde und Freundschaften, die ich habe, nachzudenken. Daraus ist dieser Beitrag entstanden.

Mir ist bewusst geworden, dass ich nur wenige enge Freundinnen habe. Meinen besten Freund habe ich vor einigen Jahren verloren – er ist einfach eingeschlafen und nicht wieder aufgewacht. Noch heute fehlt er mir jeden Tag. In Zukunft werde ich mich noch mehr um die Freundinnen, die mir geblieben sind, kümmern.

Ich kann mir nur wünschen, dass Du so eine intensive Freundschaft, wie ich sie mit Bettina habe, erleben darfst.

Wenn Du magst, erzähle uns gerne von Deinen Freundinnen und Freundschaften. Hast Du eine enge Freundin, mit der Du das letzte Hemd teilen würdest?

Deine

Iris Hüttemann


Terra Xplore „Diese Freundschaften halten dich gesund“
Die Biologin Jasmina Neudecker will wissen, warum Freundschaften zu einem langen, glücklichen Leben beitragen
(Video verfügbar bis 18.03.2034)

Filmtipp: Wie Ikea den Planeten plündert

Filmtipp: Wie Ikea den Planeten plündert

Eine Arte TV Dokumentation zum Nachschauen

Durch Zufall habe ich eine Dokumentation (Links am Ende des Textes) gesehen, in der es um IKEA ging. Der Aufstieg des Gründers Ingvar Kamprad, seine genialen Schachzüge in der Marktentwicklung, effizienter Produktion, Vertriebsstrategien inklusive des Neuromarketings, Produktionsverlagerungen ins Ausland und dem weltweiten Ankauf von Waldgebieten.

Die von mir vermutete Erfolgsstory bekam spürbare Risse, als sich Zahlen, Bilder und Fakten zu einem düsteren Bild verdichteten.

Die offizielle Beschreibung der Arte-Produktion

Billy, Kallax, Lack: Die Produkte stehen in Wohnzimmern auf der ganzen Welt. Als weltweit führender Möbelproduzent verarbeitet IKEA jedes Jahr 20 Millionen Kubikmeter Holz. Trotz des immensen Verbrauchs wirbt der Großkonzern mit Umweltbewusstsein. Zu Recht? Der Dokumentarfilm deckt die weltweiten Verbindungen zwischen dem Möbelmulti und einer unkontrollierten Holzproduktion auf.

Um Produkte wie das Bücherregal „Billy“, das Regal „Kallax“ und den Beistelltisch „Lack“ auf der ganzen Welt verkaufen zu können, verarbeitet der Großkonzern jedes Jahr alle zwei Sekunden einen Baum. Trotz dieses immensen Verbrauchs wirbt der Konzern, der einen Jahresumsatz von über 44 Milliarden Euro erwirtschaftet, mit Umweltbewusstsein und Nachhaltigkeit. Ein grünes Image, das beim Verbraucher ankommt.

Doch die Realität sieht anders aus. Das Arte Filmteam verfolgte mehr als ein Jahr die Produktionskette von IKEA – von den Wäldern im hohen Norden Schwedens über die Küsten Neuseelands bis hin zu Plantagen in Brasilien und Waldgebieten in Polen und Rumänien. In einer internationalen Recherche deckte das Team die Verbindungen zwischen dem Möbelmulti und einer intensiven und unkontrollierten Holzproduktion auf.

Die Dokumentation untersucht, wie IKEA trotz ständiger Wiederaufforstung zur Zerstörung der Biodiversität beiträgt und den illegalen Holzhandel befeuert. Zum Beispiel in Rumänien, wo der Konzern 50.000 Hektar Wald besitzt und unterdurchschnittliche Produktionsbedingungen herrschen. Hier begehren Aktivistinnen und Aktivisten unter Lebensgefahr gegen die Holzmafia auf. „Wie IKEA den Planeten plündert“ gewährt Einblicke in ein globales Unternehmen, das mit seinem diskreten und expandierenden Holzbusiness Profit macht – als sei dieser Rohstoff, der im Kampf gegen den Klimawandel eine entscheidende Rolle spielt, unerschöpflich.

(Quelle: www.arte.tv)

Auszüge aus der Dokumentation, die mir eine Gänsehaut verursacht haben:  

Wie die Maus vor der Schlage hing ich vor dem Bildschirm und konnte mich nicht davon lösen. Warum das so war, kannst Du vielleicht an diesen einzelnen „Puzzlestücken“ erkennen, obwohl hier der gesamte Kontext nicht ersichtlich ist.

  • Nur 1% des Waldes wird geerntet, für jeden gefällten Baum werden 2 neue gepflanzt.
  • Ikea, eine Marke die sich jeder leisten kann. Aber zu welchem Preis?
  • Nadelbäume mit einem Stammumfang von über 250 cm haben Bestandsschutz. Das verhindert aber nicht, dass sie zur Abholzung markiert werden.
  • „Der Wald nützt uns als Wald viel mehr als nur das Holz.“
  • Früher wurden Möbel vererbt, heute kauft man ein Möbelstück und wirft es nach einigen Jahren wieder raus. Die Kunden kaufen, als wären die Rohstoffe unbegrenzt verfügbar.
  • Das Warenangebot, der Preis und das Marketing steuern den Konsum.
  • Produziert wird in verschiedenen Ländern mit Holz aus verantwortungsvoller Waldwirtschaft, so das Unternehmen. Die Reporter konnten sich davon nicht überzeugen, da IKEA den Zutritt verweigert hat.
  • „Es ist schon bemerkenswert, wie perfekt es Unternehmen verstehen, ein grünes Bild von sich zu zeichnen – in Bezug auf Nachhaltigkeit und Verantwortung. Wenn wir nachfragen: Schweigen. Wenn sie nichts zu verbergen haben, warum können sie dann nicht ihre Lieferketten offenlegen?“ (Lina Burnelius, NGO Protect the Forest, Schweden)
  • IKEA ist der größte Holzkonsument der Welt. Um das Holz möglichst billig einzukaufen, um die Verbraucherpreise niedrig zu halten, schauen sie plötzlich nicht mehr so genau hin und fangen an, die letzten unberührten Wälder abzuholzen, weil es sonst keine mehr gibt, so der ehemalige Assistent des Firmengründers, Johan Stenebo.
  • Jedes Jahr verleibt sich IKEA etwa 1 % der globalen Holzernte ein. Der Konzern hat eigene Wälder angekauft, um seinen Bedarf zu decken. Heute besitzt er weltweit über 280.000 Hektar Wald.
  • „Was Fast Fashion, Fast Food und Fast Furniture gemeinsam haben, sind niedrige Preise und eine massive Umweltbelastung. Wenn etwas sehr günstig angeboten wird, zahlt mit Sicherheit irgendwer die Zeche. In diesem Fall zahlt die Natur den Preis für die Billigprodukte.“
  • Der Konzern erklärt, dass seine Wälder vom unabhängigen Forest Stewardship Council (FSC) kontrolliert werden und der habe nichts zu beanstanden. Doch was ist das Siegel tatsächlich wert, auf das sich IKEA beruft? Die Zertifizierer wurden von denen bezahlt, die das Holz haben wollten.
  • Der Verein für Umweltschutz „Agent Green“ führt mehr als 350 Prozesse gegen die Regierung wegen mangelnder Transparenz, Genehmigungen von Holzeinschlag, der gegen die EU-Richtlinien verstößt. In den letzten 2 Jahren wurden in den rumänischen Schutzgebieten mehr als 13 Mio. Kubikmeter Holz entnommen.
  • Zum Abtransport der Stämme wird der Boden aufgerissen und der Erosion ausgesetzt. „Sie führen Kahlschläge durch, holzen ganze Hänge ab und man kann deutlich sehen, wo sie schon waren. Zu allem Überfluss ist die Fläche auch noch FSC-zertifiziert, die Verbraucher haben keine Ahnung, dass der FSC auch Holz aus Kahlschlag, aus Nationalparks und aus Primärwäldern zertifiziert.“
  • Solange die EU Rumänien nicht vor den Europäischen Gerichtshof bringt, wird sich nichts ändern, die illegalen Fällungen werden weitergehen.
  • Paradox ist, dass etwa 40% der Fläche in Europa bewaldet ist, wir aber keine Europäische Waldpolitik haben. Klima und Artenschutz ist in Europäischer Hand, während die Forstpolitik nationale Politik ist. Wir haben nicht mal eine gemeinsame Definition für die nachhaltige Waldwirtschaft in der EU.
  • Schweden hat eine aktive Methode der Waldbewirtschaftung entwickelt. Diese Methode basiert auf Monokulturen, jede Parzelle wird mit Bäumen einer einzigen Art bepflanzt, die einige Jahrzehnte später neu geerntet werden.
  • Schweden ist nicht führend in nachhaltiger Forstwirtschaft, sondern in Greenwashing.
  • Wir vernichten die letzten kostbaren Wälder, anstatt sie zu schützen. Unsere Forstwirtschaft ist extrem klima- und umweltschädlich.
  • Nur wenige Kilometer vom Polarkreis entfernt zeigt sich, dass die Forstindustrie ganze Arbeit geleistet hat. Auch viele Jahre nach dem Einschlag gleicht das Gebiet einem Trümmerfeld; fast nichts ist nachgewachsen.
  • Der Forstexperte Jon Andersson zeigt auf ein kahlgeschlagenes Gebiet und erklärt, dass von dort das Holz von IKEA kommt, nicht von extra dafür gezogenen Bäumen. Das sind Jahrtausende alte Wälder, aus denen Möbel gefertigt werden, die nach 15 oder 20 Jahren auf der Deponie landen und verbrannt werden. Das erscheint mir ziemlich unnötig.
  • Durch das Verschwinden der Urwälder, finden die Tiere immer weniger Nahrung. Das schwedische Fortwirtschaftsmodell gefährdet die Rentier-Herden. 50 – 60 % der Weidefläche wurden durch die Forstindustrie zerstört.
  • Angesichts zunehmender Wetterextreme, scheint es an der Zeit, die wertvollsten Ressourcen unseres Planeten zu schonen und den Appetit der Forstindustrie zu zügeln.

Fazit:

Aus einer guten Idee und einer ständigen Weiterentwicklung ist der IKEA-Konzern bis zum heutigen Tag gewachsen. In einer Zeit der Diskussionen um nachhaltiges Wirtschaften, Umweltbewusstsein und Ressourcenschonung, sollte man sich an den eigenen Ehrenkodex halten. An die Werte, die man schon zu Beginn auf der Fahne stehen hatte.

Das Umschwenken auf Gewinnmaximierung ist – und das nicht nur in dieser Branche – durchaus üblich, doch ich würde mich freuen, wenn immer mehr Unternehmen sich doch an ihre Grundwerte erinnern und diesen Weg gehen. Davon profitieren letzten Endes unsere Welt und ihre Bewohner.

Die Links zum Beitrag:

Die Dokumentation ist leider auf Arte nicht mehr verfügbar. (Anmerkung der Redaktion im Oktober 2024)

Youtube: „Wie Ikea den Planeten plündert“ Doku (2023)

Die Vorsorgevollmacht – Entscheidungen für den Fall der Fälle

Die Vorsorgevollmacht – Entscheidungen für den Fall der Fälle

Ein Beitrag aus unserer Reihe: Entscheidungen im Fokus

Ein Unfall oder eine schwere Krankheit kann jeden treffen, egal wie jung oder alt man ist.

So ist es mir passiert und dabei ging es um den Tod meines Angehörigen. Ein überraschender Schlaganfall, ein Krankenhausaufenthalt und dann verschlimmerte sich die Lage ziemlich überraschend. Der behandelnde Arzt fragte mich nach einer Vorsorgevollmacht für meinen Angehörigen.

Das war das erste Mal, dass ich diesen Begriff hörte und ich war ehrlich gesagt völlig unwissend. Nach einer ersten Erklärung des Arztes musste ich verneinen und hatte ab diesem Zeitpunkt keinerlei Möglichkeit mehr zu entscheiden, was mein Angehöriger sich in einem Fall wie diesem gewünscht hätte. Die weiteren medizinischen Entscheidungen trafen nun die Ärzte, die nichts von seinen Wünschen wussten.

Aus dieser Begebenheit habe ich gelernt und mir sofort alle nötigen Informationen zum Thema Vorsorgevollmacht zusammengesucht. Damit es Dir nicht so ergeht wie mir, habe ich die wichtigsten Informationen zusammengestellt.

Was ist eine Vorsorgevollmacht?

Eine Vorsorgevollmacht ist, wie auch die Patientenverfügung, ein Dokument, das Dir ermöglicht, im Voraus festzulegen, wer Deine medizinischen und weitergehenden Entscheidungen treffen soll, falls Du selbst nicht mehr dazu in der Lage bist. Dies kann ein Familienmitglied, enger Freund oder eine andere vertraute Person sein.

Die Vollmacht muss in einer rechtlich bindenden Form niedergelegt werden und die entsprechenden Vorgaben und Anforderungen erfüllen. In einigen Fällen ist es ratsam, das Dokument notariell zu beglaubigen oder zumindest von Zeugen unterschreiben zu lassen. In Deutschland reicht in der Regel ein von allen Beteiligten im Original unterzeichnetes Dokument – in Papierform oder mit digitaler Unterschrift.

Damit bestimmst Du einen Vertrauten oder Vertreter, der im Falle einer schweren Krankheit, Verletzung oder in anderen Situationen, in denen Du nicht mehr in der Lage bist, eigene Entscheidungen zu treffen, in Deinem Namen handeln darf.

Um eine Vorsorgevollmacht zu erstellen, solltest Du volljährig und geistig in der Lage sein, die Konsequenzen Deiner Entscheidungen zu verstehen. Es ist wichtig, eine vertrauenswürdige Person als Bevollmächtigte(n) zu wählen und sicherzustellen, dass sie über Deine Wünsche und Vorstellungen informiert ist. Die Vollmacht solltest Du regelmäßig überdenken und bei Bedarf aktualisieren, insbesondere wenn sich Deine persönlichen Umstände oder medizinischen Präferenzen ändern.

Wichtig finde ich in diesem Zusammenhang, dass die Person, die Du bevollmächtigst, sich im Klaren darüber ist, dass Du ihr in dieser Position ein großes Vertrauen entgegenbringst. Ihr solltet offen darüber sprechen, was es für Dich bedeutet, Deinem Gegenüber eine Vollmacht auszustellen und welche Verpflichtung die bevollmächtigte Person damit eingeht.

Der/die Bevollmächtigte sollte sich bewusst sein, dass er oder sie die Verantwortung hat, Deine Wünsche und Präferenzen zu respektieren. Es ist wichtig, offen über medizinische Vorlieben, ethische Überzeugungen und andere relevante Angelegenheiten zu sprechen, um sicherzustellen, dass der/die Bevollmächtigte im Ernstfall in Deinem Sinne handeln kann.

Es kann auch sinnvoll sein, einen Alternativbevollmächtigten zu benennen, falls der/die erste Bevollmächtigte aus irgendeinem Grund nicht in der Lage ist, die Verantwortung zu übernehmen. Dies kann sicherstellen, dass Deine Interessen auch dann geschützt sind, wenn der/die erste Bevollmächtigte nicht verfügbar ist.

In einigen Fällen kann es angebracht sein, einen professionellen Betreuer oder Vormundschaftsbeauftragten zu benennen, insbesondere wenn Du keine geeigneten Familienmitglieder oder Freunde hast, die diese Rolle übernehmen können oder wollen. Diese Entscheidung solltest Du jedoch sorgfältig abwägen und sie sollte im Einklang mit Deinen Wünschen und Bedürfnissen stehen.

Aus eigener Erfahrung – sowohl als Bevollmächtigte als auch als Bevollmächtigende – weiß ich, dass die Situation für beide Seiten schwierig sein kann.

Also bitte überlege Dir gut, welche Person Du bevollmächtigst. Und bitte diese Person, sich Gedanken darüber zu machen, ob sie in der Lage sein wird, sich allen – in diesem Zusammenhang entstehenden – Situationen auch zu stellen.

Ich habe inzwischen mit verschiedenen Ärzten über das Thema Vorsorgevollmacht gesprochen. Alle wären froh, wenn die Angehörigen ihrer Patienten ihnen eine Vorsorgevollmacht vorlegen könnten. Das würde den Ärzten die Arbeit erleichtern, weil sie dann sicher sein können, im Sinne des Patienten zu handeln. Das Bundesministerium für Justiz stellt digital eine Vorsorgevollmacht zur Verfügung (pdf-Datei), die rechtlich verbindlich ist und relativ einfach am Computer oder ausgedruckt, auf Papier ausgefüllt und unterschrieben werden kann.

Welche Inhalte sollte die medizinische Vorsorgevollmacht haben?

In der Vorsorgevollmacht legst Du fest, wie Du in medizinischen Fällen behandelt werden möchtest oder welche Behandlung Du ablehnst. Dies können beispielsweise Entscheidungen über lebenserhaltende Maßnahmen, medizinische Interventionen oder die Art der Pflege umfassen.

Ein Beispiel – Auszug aus der oben genannten Vorlage des Bundesministeriums für Justiz:

1 Gesundheitssorge/Pflegebedürftigkeit

Sie (die bevollmächtigte Person) darf in allen Angelegenheiten der Gesundheitssorge entscheiden, ebenso über alle Einzelheiten einer ambulanten oder (teil-)stationären Pflege. …

Sie darf insbesondere in eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder einen ärztlichen Eingriff einwilligen, diese ablehnen oder die Einwilligung in diese Maßnahmen widerrufen, auch wenn mit der Vornahme, dem Unterlassen oder dem Abbruch dieser Maßnahmen die Gefahr besteht, dass ich sterbe oder einen schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schaden erleide (§ 1904 Absatz 1 und 2 BGB).

Sie darf Krankenunterlagen einsehen und deren Herausgabe an Dritte bewilligen.

Ich entbinde alle mich behandelnden Ärzte und nichtärztliches Personal gegenüber meiner bevollmächtigten Vertrauensperson von der Schweigepflicht. Diese darf ihrerseits alle mich behandelnden Ärzte und nichtärztliches Personal von der Schweigepflicht gegenüber Dritten entbinden.“

Jeder der oben genannten Punkte kann mit JA oder NEIN beantwortet werden.

Mir ist wichtig zu betonen, dass Du die Inhalte Deiner Vorsorgevollmacht persönlich und individuell gestalten solltest, damit sie Deinen eigenen Wünschen und Bedürfnissen gerecht wird.

Neben der Gesundheitssorge/Pflegebedürftigkeit sind die Punkte

  • Aufenthalt und Wohnungsangelegenheiten,
  • Behörden,
  • Vermögenssorge,
  • Post und Fernmeldeverkehr,
  • Vertretung vor Gericht,
  • Untervollmacht,
  • Betreuungsverfügung,
  • Geltung über den Tod hinaus,

in dem Vordruck enthalten. Zu allen Punkten kannst Du neben den vorgegebenen Festlegungen weitere Wünsche ergänzen.

Neben dem Bundesministerium für Justiz bieten auch Anwaltskanzleien und juristische Organisationen, Krankenkassen, Hospizvereine und auch viele niedergelassene Ärzte Vorlagen, Unterstützung und für Leitfäden für Vorsorgevollmachten an. Diese Vorlagen sind in der Regel rechtlich fundiert und können eine nützliche Quelle sein, um sicherzustellen, dass die Vorsorgevollmacht den geltenden Gesetzen entspricht.

Im Zweifelsfall ist es immer ratsam, Dir rechtlichen Rat einzuholen, um sicherzustellen, dass die Vorsorgevollmacht wirksam ist.

Nicht nur im medizinischen Bereich ist eine Vollmacht ratsam. Du kannst und solltest eine Vollmacht auch für den Geschäftsverkehr oder als Bank- oder Kontovollmacht bei Banken und Kreditinstituten einrichten lassen.

Was ist eine Konto- oder Bankvollmacht?

Wenn Du nicht nur für medizinische Behandlung vorsorgen willst, solltest Du auch darüber nachdenken, einer vertrauenswürdigen Person eine Konto- oder Bankvollmacht zu übertragen. So bleibst Du und die bevollmächtigte Person in Notfällen oder auch im alltäglichen Leben (Bargeldabhebungen, Überweisungen, …) handlungsfähig.

Eine Kontovollmacht erlaubt einer Vertrauensperson den Zugriff auf das eigene Konto. Eine Bankvollmacht geht weit darüber hinaus. Ehepartner sind nicht automatisch verfügungsberechtigt, sie müssen sich gegenseitig bevollmächtigen.

Welche Art die Konto- oder Bankvollmacht sein soll, solltest Du mit dem Kundenberater Deiner Sparkasse oder Bank im Einzelnen festgelegen. Auch hier werden die Regelungen wieder streng nach Deinen Vorstellungen getroffen. In der Regel wird die Vollmacht für Girokonten, Wertpapierdepots oder Anlagekonten eingerichtet. Ein Widerruf der Vollmacht ist jederzeit möglich. Eine Kontovollmacht kann entweder nur zu Lebzeiten, über den Tod hinaus oder ausschließlich im Todesfall (Sterbeurkunde muss vorliegen) gelten.

Wie auch bei der Vorsorgevollmacht solltest Du Dir genau überlegen, wem Du eine Konto- oder Bankvollmacht einräumst. Im Zweifelsfall kann die Verfügungsgewalt auf einen bestimmten Betrag gedeckelt werden. Auch Ausnahmen oder die Verfügung für spezifische Fälle können vorgesehen werden.

Fazit

Vorsorge- und Kontovollmachten sorgen dafür, dass Deine Wünsche in den Fällen durchgesetzt werden, in denen Du nicht entscheidungsfähig bist. Sie geben deinen Angehörigen die Kenntnis und die Sicherheit, was Du Dir für den Notfall wünschst und wie in diesen Fällen mit Dir umgegangen werden soll. Außerdem bleiben Angehörige auch finanziell handlungsfähig, wenn sie eine Kontovollmacht haben.

Da der Fall der Fälle altersunabhängig und jederzeit eintreffen kann, ist es besser, gut vorbereitet zu sein.

Ich habe schon lange sowohl eine Vorsorgevollmacht als auch ein Bankvollmacht vergeben – an meinen Bruder, die vertrauenswürdigste Person, die ich kenne. Außerdem habe ich eine Patientenverfügung hinterlegt, damit Entscheidungen auch zukünftig in meinem Sinne getroffen werden.

Weitere Quellen (kein Anspruch auf Vollständigkeit!):

Vorsorgevollmacht

Verbraucherzentrale – Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung: Warum sie so wichtig sind
Bundesministerium für Justiz – Vorsorgevollmacht
Wikipedia – Vorsorgevollmacht

Bankvollmacht

Wikipedia – Bankvollmacht
Volksbanken und Raiffeisenbanken e. V. – Bankvollmacht
Stiftung Warentest – Bei diesen Banken klappt die Bankvollmacht unkompliziert

Weitere Artikel aus unserer Reihe „Entscheidungen im Fokus“ Die Patientenverfügung, das verbindliche Recht auf Selbstbestimmung

Hochbegabung – Realität, Elternstolz oder Wunschdenken?

Hochbegabung – Realität, Elternstolz oder Wunschdenken?

Zu diesem Beitrag hat mich ein Gespräch aus der letzten Woche inspiriert.

Ich erfuhr von einer Mutter, die mit ihrem Abiturienten auf einer Ausbildungs-Messe in Erfahrung bringen wollte, wie es für den Filius nach dem Abi weitergehen könnte. Es gibt so viele unterschiedliche Studiengänge, vielleicht ist eine Ausbildung besser oder ein duales Studium die richtige Wahl. Auf jeden Fall ist es richtig, sich umfassend zu informieren oder sogar eine Beratung in Anspruch zu nehmen, bevor eine Entscheidung fällt. Sie fand einen darauf spezialisierten Berater und setzt ihn zu Beginn des Gesprächs direkt in Kenntnis, dass ihr Kind hochbegabt ist und es bestimmt schwierig sei, eine interessante und angemessene Auswahl zu treffen.

Kurzinfo Hochbegabung

Hochbegabt sind etwa 2,3% der Bevölkerung. Per Definition haben diese Menschen eine weit über dem Durchschnitt liegende intellektuelle Begabung.
Lt. Mensa (einem der größten Netzwerke für Hochbegabte in Deutschland) sind das Menschen, bei denen ein Intelligenzquotient (IQ) von 130 und höher festgestellt wurde. Mit normierten Tests werden verschiedene Facetten der Intelligenz gemessen. Die Tests sind unterschiedlich und auf die jeweilige Altersgruppe angepasst. Jedoch sagt der IQ noch nichts über das Begabungsprofil aus.

Elternstolz und Wunschdenken?

Danach erklärte der Berater, dass er zu Beginn eine anerkannte Neigungs- und Denkstilanalyse erstellt (HBDI® Herrman Brain Dominanzinstrument). Das würde über einen Online-Fragebogen erfolgen, den der Sohn ausfüllen sollte. Nach der Auswertung würde er die Ergebnisse mit dem jungen Mann in einem 1- bis 2-stündigem persönlichen Termin besprechen, die Eltern wären nicht dabei. Die Mutter war entsetzt und teilte mit, dass sie ihm auf gar keinen Fall erlauben würde, das Gespräch ohne sie zu führen.

Warum hat sie so reagiert?

  • Traut sie ihrem hochbegabten Kind nicht zu, ein solches Gespräch zu führen? Zur Erinnerung: Wir sprechen von einem jungen Mann, dessen IQ der über 130 liegt und der mit hoher Wahrscheinlichkeit imstande ist, sich in einem Gespräch alle Informationen zu holen, die für die Entscheidung seines weiteren Lebensweges notwendig sind – und ja, ein ausgebildeter Berater ist auch noch dabei.
  • Liegt vielleicht doch keine Hochbegabung vor? Ist das nur eine Wunschvorstellung der Eltern, weil ihm mit dieser Fähigkeit – von außen betrachtet – alle Möglichkeiten offenstehen?
  • Sollte der Sohn vielleicht einen Beruf ergreifen, den die Mutter gern selbst ausgeübt hätte? Doch ihr war das aufgrund der Lebensumstände nicht möglich und jetzt überträgt sie ihre Wünsche auf den Sohn?  
  • Möchte sie die Kontrolle nicht verlieren, ein Mitspracherecht haben oder konkret bestimmen, wohin die Reise geht? In diesem Fall könnte das Hinzuziehen eines Beraters auch nur dazu dienen, ihren eigenen Wunsch zu „legalisieren“, ihn als korrekt und angemessen darzustellen.
  • Oder ist die Mutter „nur“ überfürsorglich? Will sie ihren Sohn umfassend behüten und bewachen? Umgangssprachlich sind es Helikopter-Eltern, die einen Erziehungsstil von Überbehütung und permanenter Einmischung in das Leben der Kinder betreiben.

Sollten diese Überlegungen zutreffen, wäre das wirklich bedauerlich. Denn alle Eltern müssen irgendwann loslassen, um dem jungen Menschen ein vielfältiges, spannendes und interessantes Leben zu ermöglichen. In den meisten Fällen sind sie die ersten Ansprechpartner für die Berufswahl ihres Kindes. Trotzdem ist es manchmal hilfreich, die eigene Motivation zu hinterfragen. Natürlich möchten Eltern ihre Kinder vor Gefahren beschützen und bieten – manchmal auch ungefragt – Ratschläge an. Sie müssen mit ansehen, wie das Kind die wertvollen Tipps unbeachtet lässt und sich ins Leben stürzt.

Diese Situationen auszuhalten, aber weiterhin da zu sein und nicht mehr im Mittelpunkt zu stehen, ist herausfordernd. Doch im Rückblick auf ihre eigene Jugend werden sie feststellen, dass das Leben ohne selbst Erfahrungen zu machen, Entscheidungen zu treffen und mit den daraus resultierenden Konsequenzen umzugehen, nicht gut funktioniert.

Hochbegabung: Vorurteile und Mythen

Aus diesem Gespräch heraus, habe ich mich mit dem Thema „Hochbegabte Menschen“ etwas näher befasst. Denn so wie sich das Wort „Hochbegabt“ rein auf den IQ bezieht und vorerst keinen Hinweis auf die Begabung gibt, ist es wichtig, manche Begriffe voneinander abzugrenzen.

Beispielsweise ist ein Mensch mit einer Inselbegabung, also einer extrem ausgeprägten Fähigkeit in einem bestimmten Bereich, nicht zwangsläufig hochbegabt. Es ist „nur“ eine Begabung in einem bestimmten Bereich – und auch kein wissenschaftlich definierter Begriff. Hier findest Du weitere Mythen und Vorurteile, die sich bisher hartnäckig gehalten haben.

  • Hochbegabte sind in der Schule unterfordert, bringen Minderleistung oder stören den Unterricht
    • Das demonstrative Darstellen der Langeweile, das Stören des Unterrichts oder die erforderliche Anpassung an das Umfeld kann die korrekte Diagnose verzögern.  
  • Einmal hochbegabt – immer hochbegabt
    • Zwar gelten diese Menschen zukünftig weiterhin als hochbegabt, doch eine Studie hat ergeben, dass 15% der so eingestuften Kinder, dieses Ergebnis nach sechs Jahren nicht wiederholen konnten. [2]
  • Eltern hochbegabter Kinder sind überehrgeizig
    • Diese Aussage konnte widerlegt werden, eher versuchen Eltern ihre Kinder in einigen Bereichen zu bremsen, um das Gefühl der Unterforderung zu vermeiden. [3]
      Im Umkehrschluss KÖNNTE die Aussage lauten: Eltern, die überehrgeizig sind, haben keine hochbegabten Kinder.
  • Hochbegabte sind Overachiever (Über- oder Hochleister), sie bringen exzellente Leistungen in Schule und Beruf
    • Nur 15% der Hochleister sind hochbegabt. Ein Teil der Spitzenschüler ist überdurchschnittlich begabt und weitere 15% sind durchschnittlich begabt. [4]
  • Hochbegabung geht oft mit ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) einher
    • Beide Verhaltensweisen ähneln sich, doch es gibt keinen wissenschaftlich erwiesenen Zusammenhang. ADHS tritt bei Normalbegabten und Hochbegabten in der gleichen Relation auf. Eine Fehldiagnose kann zur Verschlechterung führen. [5]

Was sind Deine Erfahrungen?

Hochbegabung ist ein spannendes Thema und wenn Du Deine Erfahrungen hier teilen möchtest, hinterlasse uns gern einen Kommentar.

Weitere interessante Links:

Buch im Waxmann Verlag: Detlef H. Rost (Hrsg.): Hochbegabte und hochleistende Jugendliche – Befunde aus dem Marburger Hochbegabtenprojekt

Website Mensa in Deutschland e.V. (Mensa als die größte Hochbegabungscommunity in Deutschland und weltweit bietet Hochbegabten ein unterstützendes und förderndes Umfeld, in dem man seine Hochbegabung gemeinsam mit anderen, denen es ähnlich geht, entdecken und entwickeln kann.)

IQ-Test bei Mensa: Termine und Orte für Personen ab 14 Jahren

Wikipedia Hochbegabung

Wikipedia Marburger Hochbegabtenprojekt

Website Deutsche Gesellschaft für das hochbegabte Kind e.V.

Gastbeitrag: Wie geht man mit ADHS-Kindern um? Tipps für Mütter

HBDI® zertifizierte Beratung: Abi und was dann?

Deutscher Bildungsserver: Schulische Begabtenförderung in den Bundesländern


[1] Gregor Brand: Hochbegabte und Hochleistende Jugendliche. Anmerkungen zum Marburger Hochbegabtenprojekt und James T. Webb: Doppeldiagnosen und Fehldiagnosen bei Hochbegabung. Huber, Bern 2015, ISBN 978-3-456-85365-9

[2] Gregor Brand: Hochbegabte und Hochleistende Jugendliche – Anmerkungen zum Marburger Hochbegabten Projekt

[3] Wikipedia/Hochbegabung [52]: Österreichisches Zentrum für Begabungsförderung und Begabungsforschung: Newsletter Nr. 11, Okt. 2005: Eltern und ihre hoch begabten Kinder begabtenzentrum.at

[4] Gregor Brand: Hochbegabte und Hochleistende Jugendliche – Anmerkungen zum Marburger Hochbegabten Projekt..

[5] Wikipedia/Hochbegabung [70]: Besonders Begabte Kinder e. V., ADHS und Hochbegabung, abgerufen am 30. Dezember 2007.

Die Patientenverfügung, das verbindliche Recht auf Selbstbestimmung

Die Patientenverfügung, das verbindliche Recht auf Selbstbestimmung

Ein Beitrag aus unserer Reihe: Entscheidungen im Fokus

Ich möchte sehr gerne lange leben! In meiner Vorstellung bin ich dabei gesund und kann mich frei bewegen. Das Bild, ich alt, schwach und an ein Pflegebett gefesselt, taucht dabei nicht auf. Das Gute daran ist, in dieser gedanklichen Szene kann ich noch kommunizieren und meine Wünsche äußern.

Doch was wäre, wenn meine Zukunft etwas Schlimmeres für mich bereithält? Möchte ich, dass meine Wünsche hinsichtlich ärztlicher Behandlung und Pflege respektiert werden?
Das kann ich mit einem klaren „Ja“ beantworten und denke mir, dass meine Familie und mein Lebenspartner ja wissen, wie ich bestimmte Entscheidungen für mich treffen würde. Eine kurze Rückfrage bringt mir Klarheit: „Nein, wissen wir nicht!“ Sie müssten sich auf reine Vermutungen und auf Einstellungen beziehen, die ich vielleicht schon vor Jahren über Bord geworfen habe.

Diese Antwort bringt mich ins Grübeln. Was wäre, wenn ich für meinen Lebenspartner eine Entscheidung treffen sollte? Wenn ich gefragt werde, ob er künstlich beatmet werden soll oder nicht? Wie würde er wollen, dass ich für ihn entscheide? Und wenn ich zu einem „Nein, will er nicht!“ komme, könnte ich mit dieser Entscheidung weiterleben?

Mein Entschluss ist gefasst: Ich mache eine Patientenverfügung. Ich muss mich dafür zwar mit unliebsamen Zukunftsvorstellungen auseinandersetzen, aber ich möchte AUF GAR KEINEN FALL, dass mein Partner oder meine Angehörigen gezwungen werden, eine Entscheidung für mich zu treffen, die eine erhebliche Belastung für ihr eigenes Leben darstellt. Und das nur, weil ich mich nicht mit meiner eigenen Verletzlichkeit auseinandersetzen wollte …

Was ist eine Patientenverfügung?

Per Gesetz (§ 1827 Abs. 1 BGB – Bürgerliches Gesetzbuch) ist die Patientenverfügung eine schriftliche Festlegung einer volljährigen Person, ob sie in bestimmte, zum Zeitpunkt der Festlegung noch nicht unmittelbar bevorstehende Untersuchungen ihres Gesundheitszustands, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe einwilligt oder sie untersagt.

Das Schriftstück hätte ich bereits als junger Mensch verfassen können und freue mich, dass es bisher gut gegangen ist. Dabei denke ich an die Menschen, die unfallbedingt nicht mehr über ihr Leben, ihre Behandlung und Pflege bestimmen können.

In der Patientenverfügung wird mein Wunsch festgehalten, wie in bestimmten Situationen mit mir verfahren werden soll. Diese Wünsche sind verbindlich und müssen von Ärzten und vom Pflegepersonal eingehalten werden, selbst wenn es keine Angehörige oder bestellte Vertreter bzw. Betreuer gibt.

Lückenschluss in der Kommunikation zu Ärzten und Pflegepersonal

Zu Beginn sollte ich darüber nachdenken, was mir im Zusammenhang mit Krankheit, Leiden und Tod wichtig ist. Es ist ein angstbesetztes Thema, vermutlich mag sich keiner eine lange und schwere Krankheitsgeschichte ausmalen an deren Ende vielleicht das Sterben die Erlösung bringt.

Bisher habe ich für mich entschieden, dass ich nicht künstlich am Leben gehalten werden möchte. Aber wenn dieser Fall eintritt, werde ich nicht mehr für mich sprechen können und dann hört meine würdevolle Selbstbestimmung auf.

Mich beschleicht der Gedanke, dass eine Patientenverfügung dem Abschluss einer Versicherung gleicht. Ich habe verschiedene Versicherung abgeschlossen, wie Du vermutlich auch. Warum eigentlich? Was hat Dich diesen Schritt gehen lassen. Vielleicht für die Absicherung Deiner Kinder oder Deiner Lebensqualität. Vielleicht hast Du einen kurzen Blick in eine Zukunft geworfen und überlegt, dass Du durch einen Unfall keinen Verdienst mehr hast und diese Einkommenslücke schließen möchtest oder dass Deine Kinder abgesichert sind, wenn Dir etwas passieren sollte.

Eine Patientenverfügung ist nichts anders. Du schließt damit eine Lücke in der Kommunikation zu Ärzten, Pflegepersonal, Angehörigen oder einem Vertreter. Du legst klar und eindeutig fest, wie Du in einer Lebenssituation behandelt werden möchtest, in der Du Dich heute zwar nicht sehen magst, aber die kommen könnte. Wie bei einer Versicherung braucht man manche Verträge nie, aber es beruhigt ungemein, sich geschützt und behütet zu wissen, falls es anders kommt.

Wie erstelle ich eine Patientenverfügung?

Ich musste feststellen, dass eine allgemeine Formulierung, wie z. B. „Ich wünsche keine lebenserhaltenden Maßnahmen.“ nicht ausreichend ist. Es ist eine Konkretisierung durch die Benennung ärztlicher Maßnahmen, spezifizierte Krankheiten oder Behandlungssituationen erforderlich. Erst dann ist die Verfügung bindend und eine konkrete Behandlungsentscheidung kann auf dieser Grundlage getroffen werden.

Die Vorlagen auf den Internetseiten des Bundesministeriums der Justiz (BJM) oder die Hinweise auf den Seiten der Verbraucherzentrale sind eine gute Basis und machten mir schnell klar, dass die Formulierung sich auf konkrete Behandlungsmaßnahmen und gesundheitlichen Situationen beziehen muss.

Dazu gibt es eine sehr hilfreiche Broschüre (bestellbar oder als PDF-Download), die sowohl ausführliche Erklärungen und auch zwei Musterbeispiele fertiger Patientenverfügungen beinhaltet.

Die Inanspruchnahme einer ärztlichen und juristischen Beratung ist durchaus sinnvoll, um die Behandlungsbeschreibungen besser voneinander abgrenzen zu können und um möglichst wenig Interpretationsspielraum zu lassen. Du kannst mit Deinem Hausarzt oder Hausärztin sprechen. Für die juristische Beratung übernehmen einige Versicherungen die Kosten. Kläre das am besten mit Deiner Rechtschutzversicherung ab.

Genaue Formulierungen sind wichtig

Um die notwendige Qualität der Formulierung zu verdeutlichen, ist hier ein Auszug aus der Broschüre „Patientenverfügung – „Wie sichere ich meine Selbstbestimmung in gesundheitlichen Angelegenheiten?“ des BJM:
Möglichst vermeiden sollte man allgemeine Formulierungen wie z.B.: „Solange eine realistische Aussicht auf Erhaltung eines erträglichen Lebens besteht, erwarte ich ärztlichen und pflegerischen Beistand unter Ausschöpfung der angemessenen Möglichkeiten“ oder Begriffe wie „unwürdiges Dahinvegetieren“, „qualvolles Leiden“, „Apparatemedizin“. Solche Aussagen sind wenig hilfreich, denn sie sagen nichts darüber aus, was für den Betroffenen beispielsweise ein „erträgliches“ Leben ist. Beschreiben Sie deshalb möglichst konkret, in welchen Situationen die Patientenverfügung gelten soll und welche Behandlungswünsche Sie in diesen Situationen haben.

Wenn die Patientenverfügung in verschiedenen Situationen gelten soll (z.B. für die Sterbephase, bei einem dauernden Verlust der Einsichts- und Kommunikationsfähigkeit, im Endstadium einer unheilbaren Erkrankung), sollten Sie überlegen, ob die festgelegten Behandlungswünsche (z. B. die Durchführung oder die Ablehnung bestimmter Maßnahmen wie die künstliche Ernährung, die künstliche Beatmung und anderes) in allen beschriebenen Situationen gelten sollen oder ob Sie für verschiedene Situationen auch verschiedene Behandlungswünsche festlegen möchten (Lehnen Sie beispielsweise eine künstliche Ernährung und Flüssigkeitszufuhr nur in der Sterbephase oder auch bei einer weit fortgeschrittenen Demenzerkrankung ab?).

Eigene Wertvorstellungen einbringen

Es ist hilfreich, die eigenen Wert- und Moralvorstellungen im Dokument aufzuführen. Mit wenigen Sätzen lässt sich beschreiben, was einem in welchem Fall wichtig ist oder welchen Ängsten mich in bestimmten Situationen begleiten. Diese Beschreibung ermöglicht den Angehörigen im Falle einer unklaren Formulierung, meine Wünsche besser zu verstehen. Sie können dann eine Entscheidung treffen, die meiner Meinung sehr nahekommt.

Registrierung der fertigen Patientenverfügung

Die fertige Patientenverfügung kann im Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer registriert werden. Die einmalige Registrierung ist kostenpflichtig und die Gebühren liegen zwischen € 20,00 und € 26,00 – zuzüglich einer Gebühr für jede genannte Vertrauensperson.

Auf das Vorsorgeregister haben medizinisches und pflegerisches Personal Zugriff, so dass nur noch ein Hinweis im Portemonnaie erforderlich ist, damit bei einem Unfall die Information zu den behandelnden Personen gelangen kann. Ein kleines Kärtchen dazu reicht schon aus. Die Verbraucherzentrale hat dazu eine Vorlage zum selbst ausdrucken erstellt.

Wissenswertes kurz & knapp:

  • Eine Patientenverfügung muss schriftlich erstellt werden und mit Unterschrift und Datum versehen sein.
  • Eine bestehende Patientenverfügung kann jederzeit abgeändert werden.
  • Gesetzlich dürfen Dich Deine Kinder nicht vertreten, sondern nur Dein Ehepartner.
  • Ärzte und Ärztinnen können Einsicht ins Vorsorgeregister nehmen und so die Informationen erhalten.
  • Trage den Hinweis zur hinterlegten Patientenverfügung im Portemonnaie bei Dir, damit schnell reagiert werden kann.
  • Sind Vertreter:innen benannt oder rechtliche Betreuer bevollmächtigt, müssen diese meine Patientenverfügung prüfen und meinen definierten Behandlungswillen an Ärzte und Pflegepersonal weitergeben und dafür Sorge tragen, dass dieser Verfügung nachgekommen wird.
  • Grundsätzlich gilt eine Patientenverfügung nicht nur für dauernde Erkrankungen. Sie sind ebenfalls für vorübergehende Erkrankungen bindend.
Hier haben wir weitere interessante Links für Dich zusammengestellt:

Bundesministerium der Justiz: Alle Informationen zur Patientenverfügung

Bundesministerium der Justiz: Patientenverfügung: Informationen, Broschüre, PDF-Formular und Textbausteine, aktuelle Rechtsprechung 

Verbraucherzentrale: Patientenverfügung online erstellen: Selbstbestimmt – Patientenverfügung online erstellen und vorsorgen

Verbraucherzentrale: Patientenverfügung: So äußern Sie eindeutige und wirksame Wünsche

Ratgeber der Verbraucherzentralen: Patientenverfügung – Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung

Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer: Eine Patientenverfügung kann im Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer registriert werden.

Verbraucherschutzzentrale: Notfallkärtchen für das Portemonnaie

Staatsministerium der Justiz Bayern – Download der Broschüre: „Vorsorge für Unfall, Krankheit und Alter“, Art.-Nr. 04004713 (dazu bitte den Shop aufrufen)

Zentrum für angewandte Ethik: Ethikzentrum – Patientenverfügung