Jede 3. Frau in Deutschland hat mindestens 1 Mal in ihrem Leben sexualisierte und/oder häusliche Gewalt erlebt. Das sind 12 Millionen Frauen! Auch ich bin eine 3. Frau. Ich habe Missbrauch, häusliche Gewalt erfahren und einen Überfall mit Vergewaltigung in einem öffentlichen Park überlebt.
Ich bin Alice Westphal, 64 Jahre alt, seit 10 Jahren selbstständige Resilienztrainerin und Coach für Frauen. Seit 2 Jahren bin ich Speakerin (Vortragsrednerin) und Aktivistin in der Metoogermany-Bewegung und Vorstandsvorsitzende im Verein S.I.G.N.A.L. e.V.
Außen wirkte alles „normal“
Im Außen wirkte mein Leben „normal“, wie so häufig bei komplex traumatisierten Frauen. Ich machte Karriere, wurde zur ersten weiblichen Personalratsvorsitzenden einer großen Berliner Uniklinik gewählt, wechselte später in die Stabsstelle „Interne Öffentlichkeitsarbeit“. Es erfüllte mich, mich für andere Menschen, insbesondere Frauen, einzusetzen und für ihre Rechte zu kämpfen. Nach einer Fusion „musste“ ich erkennen, dass ich nicht hierarchiekompatibel bin, meine Werte passten nicht mehr und ich verließ nach 25 Jahren „mein „Klinikum“. Und machte mich mit 54 Jahren als Trainerin und Präventologin selbstständig.
Im Inneren ein tosender Sturm …
Im meinem Inneren sah es ganz anders aus. Mein Weg war bis dahin mit häufigen Suizidgedanken, Depressionen, Angstzuständen, Alkoholmissbrauch, Hörstürzen, Essstörungen, Bandscheibenvorfällen, Erschöpfungszuständen gepflastert.
Meine innere Wahrnehmung hatte sich verschoben. Das ich krank war, habe ich nicht als Krankheit wahrgenommen, trotz meiner damals chronischen, sehr schmerzhaften Nasenneben- und Kieferhöhlenentzündung, dem Pfeiffer’schen Drüsenfieber, der Lungenentzündung und immer wieder auftretenden Nierenbecken- und Blasenentzündungen!
… oder totale Starre
Es gab Zeiten, da fühlte ich mich nicht, ich war erstarrt, kannte keine Spannungskopfschmerzen, Schmerzen überhaupt waren mir fremd. Ich befand mich permanent in einem inneren Kriegszustand: „Niemand schafft es, mich erneut zu verletzen!“ Das war meine damalige Überlebensdevise.
Vor einem halben Jahr habe ich mit einer Traumatherapie begonnen. Erst jetzt beginne ich zu fühlen und zu verstehen, wie viel Kraft es gekostet hat, mich so hart zu machen, mich so von meinen Gefühlen abzuspalten. Um zu überleben.
Ich zeige mich, um anderen zu helfen
Seit ich mich vor 2 Jahren entschieden habe, mit meiner Geschichte an die Öffentlichkeit zu gehen, habe ich sehr viele Frauen mit unterschiedlichsten Gewalterfahrungen kennengelernt. Frauen, die sich nicht spürten, irgendwie ihren Alltag bewältigten. Viele brauchen regelmäßig Medikamente, trinken zu viel Alkohol, machen exzessiv Sport oder haben chronische Schmerzen. Das sind alles Folgen der seelischen Qualen, die die Frauen immer wieder versuchen, zu verdrängen. So wie ich auch. Doch das funktioniert nicht auf Dauer! Ganz im Gegenteil, es kostet so unglaublich viel Energie, gegen seine Bedürfnisse oder Wahrheiten zu leben.
„Was stimmt nicht mit mir?“
Das sind alles Dinge, die ich nicht gewusst habe, die mir auch niemand gezeigt hat. Ich dachte immer, mit mir stimmt etwas nicht! Ich bin nicht richtig! Ist doch klar, dass es immer wieder Streit geben muss, so wie ich mich immer verhalte! Dann kamen immer intensiver werdende Schuld- und auch Schamgefühle dazu. Ich habe mich so geschämt, wenn ich mal wieder zu viel getrunken habe und endlich mal meine – meistens sehr wütenden – Gefühle, meinen Schmerz kurz gezeigt habe.
Verdrängen um zu überleben
Es berührt und erschüttert mich heute, was komplex traumatisierte Frauen alles tun, um die Grausamkeiten, die ihnen so häufig schon im Kindesalter angetan wurden, nicht zu spüren.
Viele Frauen verdrängen die Taten so sehr, dass sie sich nicht mehr an sie erinnern können, weil es ihre einzige Chance war, um zu Überleben. Frauen, die Missbrauch erfahren haben, werden auch „Überlebende“ genannt – und die Tat als „Seelenmord“ bezeichnet.
Mutige Entscheidung
Es gehört sehr viel Mut dazu, sich zu entscheiden: Ich bin kein Opfer mehr! Immer wieder erfahre ich von den Frauen, dass es einen Wendepunkt in ihrem Leben gab, an dem sie sich entschieden haben, leben zu wollen. Und zwar frei und selbstbestimmt. Erst dann kann der Heilungsprozess im Innen und im Außen beginnen.
Mein Weg
Ich habe mich mit dem Thema „Gesundheitliche Folgen häuslicher, finanzieller, sexualisierter Gewalt und Missbrauch“ intensiv auseinandergesetzt. Es gibt viele Missstände, die aufgedeckt und in die Öffentlichkeit transportiert werden müssen, damit Veränderungen in Gang kommen.
Es fehlen Frauenhäuser, die Täter werden nicht ausreichend bestraft, es gibt kaum Qualifizierungsangebote für Fachpersonen aus dem Gesundheitsbereich. Die Einrichtungen der Gesundheitsversorgung wie Arztpraxen, Kliniken oder Zentren für Familienplanung spielen eine wichtige Rolle, wenn es um das Erkennen von Gewalt und die Versorgung der Betroffenen geht.
Der Verein S.I.G.N.A.L. e.V.
Aus diesem Grund bin ich Mitbegründerin, heute auch Vorstandsmitglied, des Vereins S.I.G.N.A.L. e.V. ( S.I.G.N.A.L. e.V. – Intervention im Gesundheitsbereich gegen häusliche und sexualisierte Gewalt gegen Frauen) in Berlin.
Handlungsleitfaden: Schritte in der Intervention
Als Hilfestellung für Gesundheitsfachpersonen wurde der S.I.G.N.A.L.-Handlungsleitfaden entwickelt und wissenschaftlich evaluiert. Er entspricht internationalen Standards. Jeder Buchstabe steht für einen Schritt in der Intervention.
S – Setzen Sie ein Signal, sprechen Sie Gewalterfahrungen an
I – Interview mit konkreten einfachen Fragen
G – Gründliche Untersuchung alter und neuer Verletzungen
N – Notieren und dokumentieren aller Ergebnisse, damit sie gerichtsverwertbar sind
A – Abklären des aktuellen Schutzbedürfnisses
L – Leitfaden mit Notrufnummern und Unterstützungsangeboten
Dazu zählen, Warnhinweise häuslicher Gewalt zu (er-)kennen, Patientinnen und Patienten bei Verdacht aktiv anzusprechen, Verletzungen in einer gerichtsverwertbaren Weise zu dokumentieren, Schutzbedarfe abzuklären und an spezialisierte Hilfsdienste zu verweisen.
Als Trainerin viel bewirken
Seit letztem Jahr bin ich innerlich bereit und führe als S.I.G.N.A.L.-Trainerin die Schulungen für das Pflegepersonal mit großem Engagement durch. Ich zeige mich hier als Betroffene und biete den Teilnehmenden an, mir viele Fragen zu stellen. Dass das wichtig ist, zeigt die aktive Beteiligung und Inanspruchnahme meines Angebots. Mein Wunsch und Ziel ist es aufzuklären, die Gewaltmythen und Glaubenssätze der Teilnehmenden zu hinterfragen und zu verändern.
I have a dream!
Auch ich habe einen Traum! Einen Traum, in dem es keine Frauenhäuser mehr braucht – weil es keine Gewalt mehr zwischen den Menschen gibt! Weil wir gleichberechtigt, wertschätzend und respektvoll auf Augenhöhe in Liebe miteinander umgehen, lieben, arbeiten und leben!
Das Buch: unSICHTBAR – Wir zeigen Gesicht
„Sexualisierte und häusliche Gewalt, Missbrauch und Vergewaltigungen wird oft mit anonymen Geschichten erzählt, oder scheint nur öffentliche Personen zu betreffen. Wir sind echt. Wir erzählen unsere Geschichten und wir zeigen Gesicht.“
Das Thema ist wichtig und gehört in die Öffentlichkeit. Mit dem Buch gehen wir einen Weg, um anderen Frauen Mut zu machen und Wege aufzuzeigen.
Wenn Du das unterstützen möchtest, vernetze Dich mit mir, schau Dich auf den Internetseiten um oder erwerbe das E-Book. Unser erklärtes Ziel ist es, mit dem Sprung auf die Bestsellerlistenmehr öffentliche Aufmerksamkeit zu bekommen und mehr betroffene Frauen zu erreichen.
Gesundheitsbewusste Frauen gehen voller Freude los und kaufen Naturkosmetik. Die Zeiten der puren Chemie in Kosmetikprodukten scheinen vorbei, denn die Marketingkampagnen der Hersteller versprechen das ja schließlich. Außerdem redet jeder darüber – auch ohne „vom Fach“ zu sein. Wirklich schön, wenn es da nicht mindestens einen Haken gäbe.
Das Denken aus diesem Selbstverständnis heraus bewirkt, sogar bei den aufgeklärten Frauen der heutigen Zeit, die Annahme, dass in den mit „Natur“ betitelten Produkten nur natürliche und qualitativ hochwertige Inhaltsstoffe zu einem erstklassigen Produkt zusammen gemischt wurden. Und das noch zu einem wirklich niedrigen Preis.
Woher kommt dieses selbstverständliche Denken?
Ich möchte das an einem Beispiel verdeutlichen. Es gibt Babybrei und es gibt Erdbeermarmelade. Kein Mensch geht davon aus, dass in Babybrei Babys enthalten sind und Erdbeermarmelade für Erdbeeren gemacht ist. Weil es entweder unsinnig oder entsetzlich wäre, erschließt sich die Logik.
Bei Naturkosmetik ist es nicht ganz so „krass“, jedoch absolut vergleichbar. Wir gehen bei Naturkosmetik einfach – ohne explizite Erklärung – davon aus, dass sie „aus Natur“ besteht und für die „Natur des Menschen“ gemacht wurde. Demnach muss sie gesund und ganz ohne Nebenwirkungen für Mensch, Tier und Umwelt sein.
Wirkung der Manipulation
Kann jemand „nicht-manipuliert“ werden? Die Antwort ist ein klares Nein! Der Mensch manipuliert immer und wird immer manipuliert. Nur das eigene Verständnis, der eigene Charakter und die eigene Wahl entscheidet, ob wir verwerflich oder gut mit uns und dem Gegenüber umgehen. Leider vergessen wir manchmal, bestimmte Dinge zu hinterfragen und unterwerfen uns den Manipulationsversuchen.
Die aufgeklärte Frau geht zudem häufig davon aus, dass alle Menschen genauso gut sind wie sie selbst. Hier grätsche ich mal hinein, selbst auf die Gefahr eines vielleicht bösen Erwachens hin. Das ist der hauptverantwortliche Haken, dass Hersteller mit ihrer Naturkosmetik durchkommen und weiterhin die umwelt- und oft auch gesundheitsschädlichen Chemiebomben verkaufen. Diesmal jedoch absolut green-washed.
Nicht nur Fastfoodketten verkaufen sich mit Farben, Slogans und Verpackungen gesünder! Wer das glaubt, legt diesen Gedanken hoffentlich spätestens an dieser Stelle ab. Auto-, Mineralöl- und Lebensmittelkonzerne gaukeln uns vor, dass ihre Produkte gesund für alles und jeden auf der Welt sind. Mit der Pharmazie, dem Steinkohleabbau und den Kosmetikherstellern ist das nicht anders.
Es ist der Trend der Zeit, der die Marketingstrategien bestimmt. Den Trend beeinflussen wir als Verbraucher und werden von ihm beeinflusst.
Was ist Naturkosmetik?
Der Begriff Naturkosmetik ist nicht definiert und das ist das große Problem – seit über 20 Jahren. Ein Problem für die Gesundheit und ein Problem für die Umwelt.
Es wurden Natursiegel ersehnt. Und ja – die gibt es zwischenzeitlich, denn auch das ist ein Geschäftskonzept! Jedoch bekommt kein Hersteller diese Auszeichnung selbstverständlich aufgrund seiner Leistungen bei der Produktrezeptur. Er bekommt das Siegel nur, wenn er das Produkt nach den Bedingungen des Labels herstellt. Da stellt sich direkt die Frage, ob das denn wirklich sinnig ist. Zusätzlich muss der, der mit dem Siegel werben möchte, auch noch das Label bezahlen. So läuft das, eine Gelddruckmaschine, ohne Mehrwert für die Verbraucher:innen.
Gibt es überhaupt Naturkosmetik?
Uff. Diesmal ein klares Vielleicht. Oder doch eher ein Nein … Naturkosmetik wächst auf keinem Baum. Ganz genau betrachtet, ist auch Mineralöl aus der Natur und demnach Natur. Mineralölcremes müssten aus dieser Logik heraus gesund sein. Sind sie jedoch nicht.
Wenn ich zwei Substanzen verbinden möchte und dann noch den Anspruch habe, dass das Ergebnis genauso bleibt, dann befinde ich mich schon irgendwie in dem Bereich der Chemie, zumindest jedoch in der Alchemie.
Aus diesem Wissen heraus ist es absolut egal, ob es Naturkosmetik gibt oder nicht. Das Wort ist und bleibt für mich pure Manipulation. Viel wichtiger ist es, dass nichts drin ist, was die Natur von allem was auf der Welt ist, schädigt und trotzdem wirkt. Das gilt aus meiner Sicht für jedes kosmetische Produkt. Doch dafür ist noch kein Name gefunden.
Was gibt es an gesunden Produkten?
Viele Hersteller und Produkte gibt es nicht, die meinen Anspruch, als Kosmetikerin und Verbraucherin gesund zu bleiben, erfüllen. Leider.
Außerdem ist für mich noch etwas unglaublich wichtig: Nicht nur die Produkte müssen verträglich für den Menschen sein, auch das Wesen des Herstellers muss annähernd verträglich für den Menschen sein. Erst dann erfüllt der Hersteller für mich den ganzheitlichen und gesunden Gedanken.
Was ist mit Empfehlungen?
Empfehlungen kann und werde ich in diesem Artikel nicht aussprechen, denn das muss immer individuell betrachtet werden und bezieht sich auf die Person, die die Kosmetik nutzt. In unserem ganzheitlichen Unternehmen, welches ein Verbindungsglied zwischen herkömmlicher Kosmetik und Dermatologie darstellt, gibt es nur Produkte, die ich mir jederzeit unbedenklich und dauerhaft auf die Haut tun würde. Wir sind nicht abhängig von einem Hersteller, denn auch in dem Bereich der Kosmetikhersteller gibt es keine „eierlegende Wollmilchsau“. Daher schauen wir im Vorfeld, welche Produkte die o.g. Kriterien erfüllen und die gewünschte Wirkung auf der Haut „entfalten“ können.
Vertrauen zählt!
Deswegen meine einzige Empfehlung: Wende Dich immer an die Fachkraft Deines Vertrauens. Das machst Du auch bei allen anderen Dingen Deines Lebens, in denen Du nicht wirklich Bescheid weißt. Eine erste Unterstützung können Codecheck und ähnliche Portale bieten, doch auch da gibt es Einschränkungen. Darüber berichte ich in einem anderen Artikel.
Bitte bleib gesund – und clever!
Deine Wiebke Katzenberger
Die Autorin: Wiebke Katzenberger, Kosmetikerin und Unternehmerin
Seit über 30 Jahren ist Wiebke Katzenberger in Hautsachen unterwegs. Knapp nach Millennium gründete sie ihr eigenes Unternehmen Beauty & Balance. In diesem Unternehmen sind Kosmetik und Coaching vereint, denn durch Selbstfindung auf jeder Ebene ist der Mensch authentisch schön. „Kosmetik kommt von Kosmos und nicht von Creme schmieren“, erklärt sie jedem Kunden „und demnach ist Kosmetik das Handwerk und die Kunst mit allem was da ist umzugehen – um dann, quasi ‚so ganz aus Versehen‘, schön zu sein!“
Ein Einblick in eine Genossenschaft für Frauen, die etwas bewegen wollen.
Frau Dr. Katja von der Bey ist seit 1996 im Vorstand der Frauengenossenschaft WeiberWirtschaft eG und ist immer noch fasziniert von den Möglichkeiten, die sich durch den Zusammenschluss von Frauen ergeben. Die promovierte Kunsthistorikerin ist seit 1992 genossenschaftlich aktiv und wurde für ihre Verdienste bereits mehrfach ausgezeichnet. Sie gibt uns in einen Einblick in die Themenvielfalt der Genossenschaft, die vor über 30 Jahren gegründet wurde und aus einer kleinen Fraueninitiative entstanden ist.
Hallo Katja, herzlichen Dank für Deine Bereitschaft, uns für ein Interview zur Verfügung zu stehen. Als Vorstandsmitglied und Geschäftsführerin der WeiberWirtschaft eG kümmerst Du Dich unter anderem um die Öffentlichkeitsarbeit und das Gründerinnenzentrum. Kannst Du uns etwas zur Rechtsform sagen und uns die Entstehung und Zielsetzung der Genossenschaft etwas näherbringen?
Mitte der 1980-er Jahre nahm alles mit einer Studie seinen Anfang. Einige Frauen schlossen sich zu einer Initiative zusammen, um ein Trägermodell eines Gründerinnenzentrums zu entwickeln. Daraus entwickelte sich der Verein Weiberwirtschaft e.V., der Anfang der 1990-er Jahre in die Frauengenossenschaft „WeiberWirtschaft eG“ überging.
Die Rechtsform der Genossenschaft hat den Vorteil, dass alle Genossinnen – unabhängig vom Kapitaleinsatz – das gleiche Stimmrecht haben. Mittlerweile sind wir über 2000 Frauen aus ganz Deutschland und darüber hinaus. Viele davon sind keine Existenzgründerinnen, sie unterstützen das Modellprojekt aus frauenpolitischem Interesse. Wir wollen die Welt verändern und zeigen, was Frauen auf die Beine stellen können. Frauen helfen Frauen, denn gemeinsam sind wir stärker – das haben wir mehrfach bewiesen.
Der Blick in die Satzung legt dar, dass wir nicht auf Gewinnerzielung aus sind. Der Zweck der WeiberWirtschaft ist die Förderung ihrer Mitglieder, die Verbesserung der Ausgangsbedingungen von Frauenbetrieben und -projekten durch Bereitstellen von Gewerberäumen in einem Gründerinnenzentrum, die Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen für Frauen sowie die Stärkung von Frauen auf wirtschaftlichem, sozialem und kulturellem Gebiet.
Unser Kerngeschäft ist die Vermietung von Gewerberäumen: Unsere Schwesterorganisation Gründerinnenzentrale bietet mit unserer finanziellen Unterstützung eine Orientierungsberatung an, wir haben ein Mentoring-Programm aufgelegt und neue Fortbildungsformate für Gründerinnen entwickelt. Wir wollten etwas Großes nach eigenen Regeln erschaffen – und der Erfolg gibt uns Recht: Wir betreiben Europas größtes Gründerinnen- und Unternehmerinnenzentrum mit rund 70 Mieterinnen.
Katja, die aus dem Satzungszweck resultierenden Themen sind vielfältig. Kannst Du uns einen kleinen Überblick zu den aktuellen Themen der WeiberWirtschaft geben?
Die deutsche Wirtschaft ist weder Familien- noch Frauenfreundlich aufgestellt. In der Vergangenheit wurden zwar einige „Schönheitsreparaturen“ vorgenommen, doch die Nachteile für Frauen liegen immer noch klar auf der Hand. Unsere Themen gehen in die Bereiche, in denen für Verbesserungen gesorgt werden muss. Das sind z. B.
Gründungsberatung von Frauen Die berufliche Option Selbständigkeit sollte für Frauen genauso selbstverständlich werden, wie sie für Männer schon lange ist. Wir setzen uns für eine Gründungskultur ein, in der Frauen genauso gefördert und unterstützt werden wie Männer.
Entwicklung einer zukunftsfähigen Form der Wirtschaft Dabei geht es um die Entwicklung von nachhaltigen Modellen, die eine größere Lebenszufriedenheit ermöglichen und um die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen mit Zukunftsperspektive.
Altersarmut Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit sind notwendig, weil immer noch viele Frauen kein eigenes Geld haben und später nicht abgesichert sind.
Vergabe von Mikrokrediten Wir sind als akkreditiertes Finanzinstitut in der Lage, Kredite zu vergeben und können Gründerinnen unterstützen.
Befürwortung einer angemessenen Bezahlung der erbrachten Leistung Bieterplattformen, auf denen der günstigste Anbieter den Zuschlag erhält, richten großen gesellschaftlichen Schaden an. Wir thematisieren und klären auf, um den Schaden dieser Art von „Lohndumping“ sichtbar zu machen.
Die Themen sind breit gefächert. Bleiben wir mal bei dem Unterschied von Frauen und Männern. Das gilt für das Einkommen, aber auch für den Grund einer Existenzgründung. Was ist dabei besonders bemerkenswert?
Ein Beispiel ist die Vertrauenslücke „Confidence-Gap“. Das sehen wir im Gründungsbereich häufig.
Während Frauen sich eher unterschätzen machen Männer genau das Gegenteil. Ein gesellschaftliches Problem wird deutlich, denn Männern wird die Selbstständigkeit eher zutraut. Ihnen wird auf die Schulter geklopft, sie werden gefragt: „Und, wann hast Du die erste Million zusammen?“ Bei Frauen sieht das ganz anders aus. Sie werden gefragt, ob sie sich das zeitlich überhaupt erlauben können, sie müssen ja schließlich auch noch für die Familie sorgen. Um es klar zu sagen: Männer haben die Familie im Rücken, während Frauen die Familie im Nacken haben. Diese altmodischen Ansichten lassen in ihrer Wirkung nur sehr langsam nach.
Frauen ticken anders, sie haben eine andere Vorstellung von der Welt und wollen sinnstiftenden Tätigkeiten nachgehen. Nicht umsonst sind viele im Care-Bereich und in der Sorge-Arbeit unterwegs. Frauen geht es weniger um den Profit, sie wollen der Gesellschaft etwas geben, etwas Gutes in die Welt tragen und anderen Menschen helfen. Männer sind eher gewinnorientiert, die nachhaltige oder soziale Komponente der Tätigkeit spielt dabei keine große Rolle.
Auffallend sind die kulturellen Unterschiede. Im Osten sind wesentlich mehr junge Frauen in technischen Berufen tätig und es gibt auch mehr Frauen in Führungspositionen. Durch die staatliche Regelung der Kinderversorgung konnten und mussten die Frauen immer arbeiten und auch selbstverständlich in allen Berufen. Das hat eine andere gesellschaftliche Wahrnehmung bewirkt.
Das bedeutet zwar lokal gesehen eine bessere Ausgangsposition für die Frauen, doch durchgängig ist das nicht. Du erwähnst hohe Hürden, die Frauen überwinden müssen, um aus gesellschaftlichen Rahmenbedingungen auszubrechen. Kannst Du das an einem Beispiel verdeutlichen?
Nehmen wir z. B. Corona, oder die Sorge- und Pflegearbeit. Es geht mir dabei um das Bewusstsein, dass die altbekannten Klischees ganz tief in der Gesellschaft verankert sind. Corona hat uns das im Frühjahr extrem deutlich gemacht.
Thema Homeschooling: Der Lockdown kam und die Kinder mussten zu Haus unterrichtet werden. Wie viele Männer haben diese Aufgabe freiwillig übernommen? Die meisten Frauen hatten keine Wahl, das gesellschaftliche Denken ist sehr konservativ im Hinblick auf Veränderungen.
Thema Pflege der Eltern: Häufig wird vorausgesetzt, dass Frauen die elterliche Pflege übernehmen. Manche kommen gar nicht auf den Gedanken, dass man darüber durchaus diskutieren kann. Sie übernehmen sowohl die Verantwortung als auch die körperliche Arbeit. Doch die Gesellschaft nimmt das nicht wahr und wertgeschätzt wird das auch nicht.
Thema Gendern: Wir haben uns dafür eingesetzt, dass die sprachliche Umsetzung konsequent erfolgen muss. Damit sind Erfolge sichtbar geworden. Frauen fühlen sich eher angesprochen und reagieren auf entsprechende Formulierungen. Zum Beispiel wurde ein Online-Fragebogen mit einem Kooperationspartner gendergerecht angepasst. Die Konsequenz war eine wesentlich höhere Rücklaufquote von Frauen im Vergleich zu den Vorjahren.
Thema Familiengründung: Das klingt nach einem privaten Thema, doch tatsächlich ist es politisch. Die Frage: „Wer kümmert sich um die Kinder“ ist berechtigt, doch die Antwort ist in Gesetzen verankert. Elternzeit 12/2: Das bedeutet, dass der Vater, wenn er die Elternzeit nicht verschenken möchte, mindestens 2 Monate nehmen muss. Seitens der Politik könnten hier doch auch 50:50 vorgesehen werden.
Das waren schon wirklich viele Informationen zu der kleinen Themenauswahl. Herzlichen Dank Katja, für den spannenden Einblick. Wir wünschen Dir und allen Mitgliedern weiterhin viel Erfolg für die Zukunft, die uns alle betrifft.
Wenn Du Interesse daran hast, Genossenschafterin zu werden und bei der WeiberWirtschaft eG mitzumachen, stehen hier die Details.
Die zweite Corona-Welle hat uns fest im Griff. Ob das entspannte Tage im Homeoffice werden oder eher Halloweenhorror in täglichen Dosen, hängt nur zu einem Teil vom Umfeld ab. Den anderen Teil können wir selbst beeinflussen. Für viele Beschäftigte fühlt sich Homeoffice jetzt – im Vergleich zum Frühjahr – teilweise entspannter an, weil die Schulen und Kitas geöffnet haben. Doch unabhängig davon kannst Du mit einigen Kniffen für Deine psychische Gesundheit sorgen.
Die Arbeitsumgebung verlagert sich in das private Umfeld, das macht die klare Trennung der beiden Bereiche schwierig. Die individuellen Situationen – alleinstehend oder mit Familie – haben unterschiedliche Herausforderungen. Der eigene Anspruch, im Homeoffice die gleiche oder eine bessere Leistung für das Unternehmen zu erbringen, kann sich schnell als Stressfaktor entpuppen. Um das zu vermeiden, haben wir fünf Hinweise für Dich zusammengestellt.
Nutze die Chance – und erkenne das Positive daran!
Bereits das Wort Homeoffice löst in manchen Köpfen Stress aus. Löse Dich davon und führe Dir das Positive vor Augen. Du bist zu Hause. Du brauchst Dich nicht durch irgendeinen Stau zu quälen, durch das herbstliche Wetter zur Arbeit zu laufen oder in vollen Bussen oder Zügen zu sitzen. Deine Kontakte verringern sich? Nur die physischen. Nutze die vorhandenen Kanäle, um mit Kunden, Lieferanten, Kollegen und Freunden Kontakt zu halten. Es sind keine Kollegen da, mit denen man zu Mittag isst, doch der Hunger kommt bestimmt? Jetzt hast Du die Möglichkeit, Dir etwas Frisches zu kochen und so für einen Mehrwert zu sorgen.
Definiere Zeitintervalle
Pausenzeiten, wie sie im „normalen“ Berufsalltag feststehen, gibt es nicht. Arbeitest Du von Zuhause, verändern sich die Rahmenbedingungen. Plane mehrere Ruhepausen in den Tag ein, wenn Du Dich wegen der Situation gestresst fühlst. Die fehlende Trennung von Arbeits- und Privatraum – Stichwort Arbeit am Küchentisch – belastet viele Menschen und das Abschalten fällt schwerer. Nutze die veränderten Bedingungen und mache das Beste daraus. Vielleicht gehst Du in Deiner Pause mit dem Hund spazieren oder legst Dich kurz hin, um auf andere Gedanken zu kommen. Sorge dafür, dass Du Dich wohlfühlst und lege Deine Pausenintervalle so, dass Du sie auch als solche nutzen kannst.
Kommunikation in geregelten Bahnen
Während man vor Ort im Unternehmen direkt kommunizieren kann, sind Absprachen und Rückfragen vom Homeoffice eher schwierig zu händeln. Man will nicht der ständig nervende Anrufer sein oder für jede Kleinigkeit eine neue E-Mail schreiben. Versuche die offenen Punkte in einer „Sammel-E-Mail“ aufzulisten, sofern es die gleiche Kontaktperson betrifft. Themen, die telefonisch geklärt werden müssen, kannst Du ebenfalls sammeln und in einem Gespräch abarbeiten. Vielleicht bietet Dein Unternehmen auch andere Kanäle an, um einen schnellen, einfachen Austausch zu ermöglichen oder es gibt eine tägliche, festgelegte Teambesprechung, in der Du viele Dinge abstimmen kannst.
Struktur: Ein Rahmen mit Flexibilität
Es ist hilfreich, wenn Du Deinen Tag planst und für Struktur sorgst – wie sonst auch. Doch an manchen Tagen kommt alles anders. Eins der Kinder muss plötzlich aus der Kita abgeholt werden, ständig schellt jemand an der Tür oder das Festnetz-Telefon hört nicht mehr auf zu klingeln. Dein Plan geht den Bach runter und Deine Laune gleich mit.
Atme durch und erkenne, dass es nicht in Deiner Macht liegt, diese Vorgänge zu ändern. Denk daran, dass es auch am Arbeitsplatz immer wieder ungeplante Unterbrechungen gibt. Doch Du kannst Deinen Plan anpassen. Verlege die Pausenzeit nach vorne, erledige die Dinge, die gemacht werden müssen und hänge Deine Arbeitszeit hinten dran. Falls nötig informiere Deine Kollegen oder Vorgesetzte, dass Du gerade nicht erreichbar bist. Es liegt auf der Hand, dass die Welt zu Hause anders tickt. Reduziere den Stress, gestalte Deine Struktur flexibel – am nächsten Tag läuft es bestimmt wieder rund.
Sorgen, Kummer, Nöte
Das Arbeiten von zu Hause stellt die ganze Familie vor eine Herausforderung. Zögere nicht, Deine Vorgesetzten über Deinen Kummer oder Sorgen zu informieren. Wenn Du z. B. in der festgelegten Arbeitszeit wegen der Kinder nicht konzentriert am Ball bleiben kannst, sprich darüber. Es ist weder für Dich noch für das Unternehmen sinnvoll, diese Stressfaktoren unter den Tisch fallen zu lassen. Der innere Druck wächst beständig, eine Veränderung ist nicht unbedingt in Sicht. Suche das Gespräch – es finden sich bestimmt Lösungen, die vorher unvorstellbar waren. Vorgesetzte sind darauf bedacht, dass ihre Mitarbeiter gesund bleiben und den Kopf für die Arbeit frei haben. Mach es Dir also nicht unnötig schwer und kommuniziere, damit Du stressfrei durch die Zeit im Homeoffice kommst.
Hast Du weitere Tipps, die unseren Leser:innen helfen können? Schreib uns Deine Erfahrungen und Tipps gerne in die Kommentare.