Empowerment für ein selbstbestimmtes Leben

Empowerment für ein selbstbestimmtes Leben

Das Wort Empowerment taucht häufig auf und ist in vielen unterschiedlichen Bereichen ein feststehender Begriff: Im beruflichen Kontext geht es um die Befähigung der Mitarbeiter:innen oder Teams, als Konzept stellt er sich im Gesundheitsbereich dar, im politischen Umfeld steht er u. a. für bürgerschaftliches Engagement, als ressourcenorientierter Arbeitsansatz findet er in der Sozialen Arbeit seine Anwendung und auch im medizinischen Kontext hat der Begriff einen festen Platz. Doch was genau verbirgt sich dahinter?

Die Bedeutung von „Empowerment“

Mitte der 1980er Jahre wurde der Begriff „Empowerment“ als Konzept vom US-amerikanischen Sozialwissenschaftler Julian Rappaport in Bezug auf gesellschaftliche Ungleichheiten eingebracht. Doch seit dieser Zeit hat die Bedeutung eine massive Erweiterung erfahren.

Im Grundsatz bedeutet Empowerment die Stärkung von Eigenmacht und Autonomie sowie Selbstbefähigung und Selbstermächtigung, die jeder Mensch für sich in Anspruch nehmen kann. Die Kindheit und Erziehung, Lebenserfahrungen und traumatische Erlebnisse haben in mancher Vergangenheit tiefe Spuren hinterlassen, sodass es nachvollziehbar ist, dass diese Eigenschaften abgelegt wurden oder verloren gingen.

Empowerment aus zwei Perspektiven

Zwei unterschiedliche Sichtweisen tauchen nun auf: Zum einen die Perspektive einer betroffenen Person, die einen Mangel dieser Eigenschaften bei sich erkennt. Dies äußert sich u. a. in der Unfähigkeit „Nein“ zu sagen, großer Passivität bezüglich Entscheidungen, dem Hang zum Perfektionismus, einer Werteanpassung an das individuelle Umfeld, einer direkten Abhängigkeit des Selbstwertes von der Meinung des Partners und vielleicht sogar in einer inneren (unbewussten) Überzeugung, dass Männer kompetenter sind.

Zum anderen ist es die Perspektive von außen, die bestimmte Mechanismen und Muster deutlicher erkennen lässt. Die Sicht aus der Unterstützerposition, das kann ein:e Freund:in, ein:e Coach:in, ein:e Arzt/Ärztin oder ein:e Psycholog:in sein, hilft der betroffenen Person, aus diesen lang etablierten Strukturen auszusteigen. Unterstützer:innen zeigen neue Wege auf, die aus dem bisherigen Leben voller Benachteiligungen, der mangelnden Wertschätzung oder der Selbstausbeutung herausführen. Sie begleiten Betroffene durch den Prozess zur Wiederherstellung der eigenen Ermächtigung, des autonomen Handelns, einer Inanspruchnahme der Kräfte für eigene Bedürfnisse und der Freiheit des Geistes.
Nicht unter den Tisch fallen sollen die kritischen Stimmen zur Unterstützerperspektive, die auf die Gefahr einer erneuten Abhängigkeit hinweisen.

Der Ausstieg aus dem Defizit.

Um als Betroffene:r aussteigen zu können ist klarzustellen, dass es sich hier um eine Defizitbetrachtung handelt. Es wird dargelegt, welche Eigenschaften gerade nicht aktiv gelebt werden – aus welchen Gründen auch immer. Diese Betrachtungsweise ist mangelorientiert und kann negative Gefühle hervorrufen. Eine stärkenorientierte Betrachtung erfolgt, wenn deutlich wird, dass Veränderungen ab sofort möglich sind – ohne eine negative Bewertung der bisherigen Lage vorzunehmen.

Das ist leichter gesagt als getan, letztendlich bewertet der Kopf gern alles, was ihm begegnet. Auch das Ablegen der Selbstermächtigung ist häufig erst daraus entstanden. Aus dem „sich Vergleichen“ und miteinander messen entstand ein „besser als“ oder „schlechter als“, was die mentale Abwärtsspirale immer wieder schön befeuert hat und in der Kombination mit Angst oder Unsicherheit ein (fast) unschlagbares Duo darstellte. Daraus resultiert eine Art der Selbstverleugnung: Eigene Bedürfnisse werden zurückgestellt und die Entstehung einer zukunftsfähigen Denk- und Handlungsstruktur ist gestoppt.

Der Weg, das Ziel und ein verändertes Leben.

Es gilt zu erkennen, dass der eigene Selbstwert weder vom Partner noch von Vorgesetzten abhängig ist – und auch Bescheidenheit ist nicht immer der optimale Weg. Gemocht werden fühlt sich vielleicht schön an, aber der Preis ist zu hoch.

Hier sind ein paar Denkanstöße, um im ersten Schritt mental in Bewegung zu kommen:

  • Was spricht dagegen, Dinge zu verändern und neue Impulse zu setzen?
  • Warum auf Veränderung im Außen warten, anstatt sie selbst herbeizuführen?
  • Wie fühlt es sich an, die eigenen wundervollen Fähigkeiten zu nutzen und die Welt damit ein Stück besser zu machen?
  • Welche Kraft resultiert bereits aus der Vorstellung, dieser Welt empathisch, nett und trotzdem konsequent entgegenzutreten?

Wird der Fokus auf die Stärken und auf das Ergebnis gelenkt, dann erleichtern Vorfreude und Veränderung den Weg in Richtung Empowerment. Jeder Erfolg darf gefeiert werden: hinfühlen, genießen und sich auf die eigene Schulter klopfen! Der Weg ist nicht immer einfach, es wird Umwege geben und Stolpersteine, doch mit der Wahrnehmung (auch kleiner) Erfolge, wird das Selbstbewusstsein unterstützt und gestärkt.

Raus aus der Ohnmacht und aus der Handlungsunfähigkeit, hinein in das selbstwirksame Machen. „Ich will“ lautet die Aussage, nicht „ich muss“! Das stärkt die seelische Widerstandskraft und sorgt für die eigene Standhaftigkeit und einem wahren Selbstverständnis aus dem tiefen inneren Wissen heraus.
Selbstbestimmt handeln, seine Fähigkeiten zu nutzen und die eigene Macht anzuerkennen – das ist Empowerment!