Digitales Erbe – Was passiert mit Deinen Online-Daten nach dem Tod?

Digitales Erbe – Was passiert mit Deinen Online-Daten nach dem Tod?

Das es schwierig werden kann, wenn es bei einem Todesfall kein Testament gibt, ist allgemein bekannt. Doch mit zunehmender Onlinenutzung rückt auch das digitale Erbe immer mehr ins Bewusstsein und sollte frühzeitig mit bedacht werden.

Wir sprechen dabei über die umfangreiche Sammlung der von uns angelegten Online-Konten und die über uns gespeicherten Daten im Internet, die bei den verschiedenen App-, Dienst- und Shopanbietern liegen. Vom Nutzungsverhalten bis zu Warenkörben, von Merk- bzw. Wunschlisten bis unbefristet weiterlaufende Abonnements, im Todesfall bleibt alles gespeichert und die regelmäßigen Gebühren laufen weiter auf, obwohl kein Account/Konto mehr genutzt wird.

Einige Abonnements lassen sich nur online kündigen. Nur sind dafür die hinterlegten Zugangsdaten erforderlich. Ebenso gibt es Konten, auf die nur der Zugriff mit „bekannten“ Geräten möglich ist, zum Beispiel beim Onlinebanking. Sind die Daten zum Entsperren nicht bekannt, ist es fast unmöglich, diese Konten zu verwalten, aufzulösen oder zu löschen.

So passiert es, dass beispielsweise auf Facebook noch Profile aktiv sind, doch die Inhaber bereits verstorben sind. Das Problem: keiner der Erben hat die Zugangsdaten für das Konto. Weiterhin werden Freundschaftsanfragen gestellt, alte Beiträge können kommentiert und geteilt werden. In einigen Social-Media-Kanälen können von Dir Personen benannt werden, die bei längerer Inaktivität Zugriff auf das Profil bekommen und entsprechend Deinem Wunsch agieren können.

Eine grobe (und nicht vollständige) Übersicht möglicher digitaler „Hinterlassenschaften“:

  • Accounts in Social-Media-Kanälen, wie Facebook, Instagram, TikTok, LinkedIn usw.
  • Online-Konten bei Banken und Finanzdienstleitern (z. B. PayPal, Klarna …)
  • Shopping – Händler bzw. Versandhandel (z. B. Ebay, Amazon, Otto, Zalando, Bekleidung, Baumärkte)
  • Abonnements und Streamingdienste (z. B. E-Paper + Zeitschriften, Netflix, Amazon Prime …)
  • Software- und Cloud-Dienste, wie z. B. Microsoft, Apple, Skype, Google …
  • E-Mail-Accounts und Website-Hosting
  • Weiterbildungsangebote (z. B. VHS, Podcasts …)
  • Hardware-Zugänge für Handys, Tablets, PCs …
  • Messenger-Daten, wie Whatsapp, Signal, Telegram, Threema …

Was ist zu tun?

Wenn Du Deine Angelegenheiten, zum Beispiel mit einer Vorsorgevollmacht, frühzeitig regelst, solltest Du auch an Deinen digitalen Nachlass denken.

Erstelle eine Liste mit allen Zugangsdaten, Kennwörtern, Nutzernamen und schreibe direkt dazu, was mit den dortigen Daten passieren soll. Hier ist ein Vordruck dazu. Vielleicht nutzt Du die Gelegenheit zum Ausmisten. Lösche die Konten, die Du schon lange nicht mehr genutzt hast und die nicht mehr gebraucht werden.

Benenne eine oder mehrere Personen, die sich im Todesfall darum kümmern sollen und besprich das mit ihnen. Stelle dazu eine Vollmacht aus. Im besten Fall hinterlegst Du die Personen samt Aufgabe namentlich in der Vorsorgevollmacht und in Deinem Testament.

Bewahre die Liste an einem geschützten Ort auf, wie z. B. im Bankschließfach, Tresor o.ä. und gib diese Information an Deine Vertrauensperson weiter. Ermögliche der Person den Zugang zur Liste, indem Du beispielsweise bei der Bank den Zugriff auf das Schließfach in Deinem Todesfall hinterlegst.

Bitte denke daran, die Liste immer wieder auf den aktuellen Stand zu bringen

Lass uns gern einen Kommentar hier, wenn Du bereits Erfahrung gesammelt hast, die Du mit unseren Leser:innen teilen möchtest 😊.

Weiterführende Links:

beta Institut gemeinnützige GmbH
Artikel: Digitaler Nachlass und digitale Vorsorge vom 24.11.2023
PDF-Datei: Vordruck Zusatzformular: Digitale Daten und Konten
Artikel: Vorsorgevollmacht > Sonderformen vom 28.09.2023

Verbraucherzentrale Artikel vom 10.04.2024: So regeln Sie Ihren digitalen Nachlass

Verbraucherzentrale PDF-Datei: Checkliste: Worauf ist bei Online-Anbietern zum digitalen Nachlass zu achten?  

Verbraucherzentrale PDF-Datei: Musterliste über digitale Konten

Verbraucherzentrale PDF-Datei: Muster-Vollmacht für digitale Konten

Beitrag der Schleswig-Holsteinischen Notarkammer auf ratgeber-notar.de: Den „digitalen Nachlass“ regeln vom 12.12.2022

Gendiagnostik – eine Möglichkeit Mutationen zu erkennen

Gendiagnostik – eine Möglichkeit Mutationen zu erkennen

In dem Beitrag von ARD Wissen „Willst Du wissen, wann Du stirbst? Frank Seibert und die Gendiagnostik“ macht sich Reporter Frank Seibert auf die Suche nach Menschen, die von einer vererbbaren Genmutation betroffen sein könnten. Er möchte wissen, wie sie damit umgegangen sind. In seiner persönlichen Familiengeschichte gibt es einige Krebserkrankungen und er möchte für sich klären, wie er mit der Möglichkeit der Gendiagnostik umgehen will.

Im Universitätsklinikum Bonn trifft er auf den Humangenetiker Prof. Dr. Stefan Aretz, der genetische Beratungen und Untersuchungen durchführt. Der Genetiker informiert ihn, dass in einem solchen Fall der Besuch einer humangenetischen Sprechstunde oder Beratung der erste Schritt ist. Dabei werden Informationen über drei Generationen zusammengesammelt, um zu schauen, ob bestimmte Kriterien erfüllt sind. Ist das der Fall, kann überlegt werden, ob eine genetische Testung durchgeführt wird. Sie erfolgt mittels einer kleinen Blutprobe, aus der die DNA extrahiert und die erforderliche Gensequenz ausgelesen wird.  Während der Zellteilung wird die Erbinformation kopiert. Dabei können sich Mutationen einschleichen. Doch viele der Mutationen werden direkt vom Körper repariert. Sollte die Veränderung jedoch in den Samen- oder Eizellen entstehen, besteht die Möglichkeit, dass Erkrankungen an die Kinder vererbt werden.

Betroffene und ihr Umgang mit der Gendiagnostik

Kim hat eine Mutation von ihrem Vater vererbt bekommen, die mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit dazu führt, dass sie an Alzheimer erkranken wird. Kim hat die Beratung und den Gentest machen lassen, weil sie es genau wissen wollte. Als die Ärztin ihr das Ergebnis mitteilte, hat es sie trotzdem komplett aus der Bahn geworfen. Doch die Ungewissheit im Vorfeld hat sie als viel schlimmer empfunden.

Bei Uwe, der 57 Jahre alt ist und vor seiner Alzheimererkrankung nichts von seiner Genmutation wusste, fing es mit Wortfindungsstörungen an. Als er nach einem Spaziergang ohne seinen Enkel und den Kinderwagen zurückkam, war der Arztbesuch beim Neurologen und beim Humangenetiker fällig. Der Gendiagnostik zufolge hat er ein mutiertes Chromosom, das familiär vererbtes Alzheimer anzeigt. Bei dieser neurodegenerativen Krankheit werden die Gehirnzellen zerstört und Nervenbahnen verlieren den Kontakt zueinander. Durchschnittlich acht Jahre nach den ersten Symptomen führt die Erkrankung zum Tod.

Nur etwa 1% aller Alzheimerfälle sind erblich bedingt. Doch die vererbte Krankheit bricht deutlich früher aus, häufig schon zwischen 30 und 65 Jahren. Während das Gehirn abbaut, bleibt die körperliche Fitness bestehen. Dadurch ist die Pflege aufwändig und es ist schwierig, geeignete Pflegeplätze zu bekommen.

Uwe hat einen Sohn, der „unwissend“ bleiben möchte und keinen Test vornehmen lässt. Das Risiko bei an einer erblichen Alzheimer-Demenz zu erkranken, liegt für ihn bei 50%, weil er das Erbgut vom Vater und der Mutter in sich trägt. Bekommt er die Krankheit nicht, ist die Mutation bei ihm nicht vorhanden. Das bedeutet, seine Kinder sind ebenfalls frei davon. Bei der Alzheimer Erkrankung wird, anders als bei anderen Erbkrankheiten, keine Generation übersprungen.

Während Alzheimer aktuell nicht behandelbar ist, gibt es auch behandelbare Genmutationen. Jana trägt das BRCA-Gen in sich, welches erblichen Brustkrebs auslösen kann.  

Die Krankheit muss zwar nicht zum Ausbruch kommen, aber das Risiko steigt durch die Mutation auf 70%. Als Jana 11 Jahre alt war, bekam ihre Mutter die Brustkrebs-Diagnose und ist trotz einer Chemotherapie früh gestorben. Von ihrer Schwester hat sie 2007 den Tipp bekommen, dass sie sich testen lassen kann. Während ihre Schwester negativ getestet wurde, wusste Jana schon intuitiv, dass sie an Brustkrebs erkranken wird. Sie hat in dem Gentest die Chance gesehen, dass sie durch das Wissen dem Krebs immer ein Stück voraus sein kann. Durch die engmaschige Vorsorge wurde der Tumor früh erkannt und für Jana war direkt klar, dass sie eine brustentfernende Operation durchführen lässt. Damit sinkt das Risiko, an Brustkrebs zu sterben, auf unter 5%. Sie wollte keinen langen und schmerzhaften Prozess durchlaufen, den sie bei ihrer Mutter damals miterleben musste.

Risiko und Wahrscheinlichkeit einer erblichen Erkrankung

Bei erblichen Formen von Krebserkrankungen, kann über die Gendiagnostik nur ein erhöhtes Risiko festgestellt werden. Die Mutation zu haben, bedeutet nicht zwingend, dass sie ausbrechen wird.
Bei einer erblichen Alzheimer-Demenz und anderen Krankheiten sieht das anders aus und die Wahrscheinlichkeit liegt bei nahezu 100%. Nur der Ausbruchszeitpunkt bleibt ungewiss.

In einem solchen Fall Gewissheit zu bekommen, ist für jeden Menschen unterschiedlich wichtig. Daher muss vor der Testung und der Diagnose immer eine humangenetische Beratung durchgeführt werden. Dabei wird der Patient umfassend informiert und er muss sich auch über die Folgen des Wissens oder des Nicht-Wissens klar werden.

Kim war sich darüber bewusst, was auf sie zukommen kann. Und war doch nicht auf diesen Moment vorbereitet. Sie hat sich professionelle Hilfe gesucht, um sich ihren Ängsten und ihrem Lebensende zu stellen. Sie musste sich mit ihrem Tod auseinandersetzen und hat jetzt – mit 27 Jahren – schon die Details ihrer Beerdigung festgelegt. Für sie war es der richtige Schritt, auch wenn es schwer war, hat sie so wieder die Kontrolle über ihr Leben zurückgewonnen. Kim hat einen Sohn und sie weiß nicht, ob er die Genmutation geerbt hat. Sie findet gut, dass ihr Sohn später selbst entscheiden kann, ob er wissend oder unwissend sein möchte.

Ihr sind auch schon Menschen begegnet, die es für unverantwortlich halten, ein Kind mit einer 50%ig wahrscheinlichen Genmutation in die Welt zu setzen. Doch diese Aussagen beinhalten einen weiteren Aspekt – auch Kims Leben ist nicht lebenswert.

Gendiagnostik bei Kindern

Wenn eine erblich bedingte Krankheit erst im Erwachsenenalter ausbrechen wird, ist die Gendiagnostik bei Kindern nicht möglich. Forschende diskutieren darüber, ob Genmutationen frühzeitig erkannt werden können, wenn es möglich wäre. Die weltweit größte Studie dazu wird in Großbritannien durchgeführt. Über zwei Jahre lang soll jeder zwölfte Säugling in England mit Erlaubnis der Eltern untersucht werden. Angeschaut werden dann die Gensequenzen der nach heutigem Stand behandelbaren Krankheiten.

Amanda Pichini, klinische Leiterin der Studie, erklärt, dass sie und ihre Kollegen nach über 200 Mutationen suchen – viele davon sind sehr selten. Damit soll Leben gerettet werden, denn viele Kinder mit seltenen Erbkrankheiten sterben früh oder sind sehr schwach. Mit den anonymisierten Daten soll eine Datenbank aufgebaut werden, auf die Forscher zugreifen können, um neue Medikamente zu entwickeln.
Im Alter von 16 Jahren dürfen diese Kinder selbst entscheiden, ob sie sich weiter testen lassen oder ob die Daten gelöscht werden sollen.

Unterstützung der Forschung

Wer sein Erbgut untersuchen lässt, kann sich auf seine Zukunft vorbereiten und gleichzeitig die Forschung voranbringen, wie Kim das gemacht hat. Sie hat geschaut, welche Forschungen es zu Alzheimer gibt und nimmt an einer Studie teil. Seit sieben Jahren lässt sie sich untersuchen, um dazu beizutragen, dass in Zukunft Medikamente gegen Alzheimer entwickelt werden können. Sie tut das nicht nur für sich, sondern auch für ihren Sohn, der noch 40 Jahre Zeit hat, bis die Krankheit vielleicht ausbrechen wird.

Alzheimer Untersuchungen haben eine lange Vorlaufzeit. Das Wissen um eine kommende Erkrankung ermöglicht den Wissenschaftlern einen genauen Blick auf die Veränderungen, die schon vor dem Ausbruch erfolgen.
Durch die frühzeitige und langfristige Begleitung von Patienten vor der Erkrankung, haben die Forscher festgestellt, dass bereits 10 bis 20 Jahre vorher Veränderungen im Gehirn auftreten. Daher war es Kim wichtig, ihren Teil zu weiteren wissenschaftlichen Erkenntnissen beizutragen.

Die ganze Dokumentation

ARD Mediathek, ARD Wissen, Dokumentation „Willst Du wissen, wann Du stirbst? Frank Seibert und die Gendiagnostik“ vom 26.09.2024 (45 Minuten)

Weitere Links:

Website Nicoletta Prevete Sei (D)ein Freund

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Raven Saunders: Olympia-Finalistin kämpft gegen Tabu-Themen

Raven Saunders: Olympia-Finalistin kämpft gegen Tabu-Themen

Bei Olympia in Paris ist mir die Kugelstoßerin Raven Saunders aufgefallen. Sie trug im Kugelstoßen-Finale eine schwarze Gesichtsmaske und der Kommentator meinte, dass diese ihr helfen würde, sich zu fokussieren. Sie hätte psychische Probleme und ginge damit ganz offen um. Für die anderen Sportler:innen war das nicht ungewöhnlich, da Raven schon häufiger mit einer Gesichtsmaske angetreten ist. Es gibt eine Dokumentation mit dem Namen „Out oft he Dark“ über sie.

Ich habe mich auf die Suche gemacht und die Doku bei Youtube gefunden, sie wurde von den amerikanischen PBS Digital Studios gedreht. Dabei musste ich feststellen, dass es keine deutsche Synchronisation gibt und die Untertitel nur in englischer oder spanischer Sprache verfügbar sind.

Raven Saunders passt in keine Schublade und genau deshalb finde ich ihre Geschichte erwähnenswert. Sie ist schwarz, lesbisch, bezeichnet sich als non-binär und hat jahrelang hart gearbeitet, um in die Weltspitze vorzudringen. Heute nutzt sie ihre Popularität, um Tabu-Themen anzusprechen und Missstände aufzuzeigen, sie ist für viele Menschen ein echtes Vorbild. Raven will vorhandene Mauern einreißen und spricht offen über ihre Suizidgedanken, den Stress, Traumata und ihre mentalen Probleme.

Aus schwierigen Verhältnissen kommend hat sie immer weiter trainiert, um stärker als andere zu sein und sich selbst schützen zu können. Sie hat erst lernen müssen, den „Hulk“ in sich zu kontrollieren und kann diese besondere Stärke zielgerichtet im Wettkampf einsetzen.

Doch der Weg war steinig. Nach dem 5. Platz bei den Olympischen Spielen 2016 folgte eine tiefe Depression. Gute Miene zum bösen Spiel machen, so tun, als ob alles gut ist und mit niemanden reden können – das alles machte ihr schwer zu schaffen. In der größten Not war ihre ehemalige Therapeutin zur Stelle und bot Hilfe an, so dass sie weiterleben konnte und sich neue Ziele setzte.

Ihre sportliche Karriere bietet eine Plattform für ihren Kampf mit klaren Worten, den sie lautstark führt. Sie steht für Menschen, die keiner Mehrheit angehören und keiner Norm entsprechen. So unterstützt sie viele, damit sie sich nicht mehr verstecken müssen. Sie steht für einen Dialog über psychische Gesundheit unter Sportlern, für Diversität sowie für die Rechte von Schwarzen, Frauen und queeren Menschen.

Raven Saunders ist eine schillernde und bemerkenswerte Persönlichkeit, die ihren Weg gefunden hat. Sie nutzt die Öffentlichkeit, um Tabu-Themen in den Fokus zu rücken. Damit ist sie ein wichtiges Vorbild, das vielen Menschen Orientierung bietet. Das gefällt mir!

(Quelle: NTV)

Verlinkungen zu den Beiträgen:

Youtube Video von PBS Short Docs: An Olympic Athlete Takes on Depression (Feat. Raven Saunders)

NTV Bericht vom 09.08.2024: „Hulk“ Saunders kämpft gegen mehr als den Rest der Welt

Bericht auf Eurosport.de vom 10.08.2024: Olympia 2024 – Leichtathletik: Raven Saunders verdeckt ihr Gesicht im Kugelstoßen mit einer Maske – das ist der Grund

Bericht auf Ran.de vom 08.08.2024: Olympia 2024: Das steckt hinter dem Superhelden-Outfit von Raven Saunders

Focus online vom 10.08.2024: Kugelstoßerin Raven Saunders trägt Maske – dahinter steckt ein ernster Grund

Weiterführender Link:

NTV Beitrag vom 03.06.2022: Das bedeuten die gängigsten LSBTQI-Begriffe

(Deutsche) Schlager – innovativ, wandelbar und nicht totzukriegen

(Deutsche) Schlager – innovativ, wandelbar und nicht totzukriegen

Der deutsche Schlager – er ist nicht totzukriegen – so die Kernaussage der beiden wunderbaren Dokumentationen von Terra X History, die ich vor ein paar Tagen gesehen habe. Ich möchte Dir die beiden Sendungen Deutschland, deine Schlager: 1945 bis 1979 und Deutschland, deine Schlager: 1980 bis heute als eingefleischte „Schlager braucht kein Mensch“-Denkerin unbedingt ans Herz legen.

Für mich waren diese 2 x 45 Minuten ein kurzweiliger und bereichernder Einblick in eine Welt, die mich nie interessiert hat. Mir war nicht klar, wie umfassend die Entwicklung und Innovationsfähigkeit des deutschen Schlagers war und heute noch ist und welche Einflüsse die Stimmung in der Gesellschaft darauf genommen hat. Wie wandelbar er ist und wie er sich an den Zeitgeist anpasst, das wurde mir durch die Aussagen der hochkarätigen Kommentatoren und Branchen-Insider erst bewusst.

Die Entwicklung

Ursprünglich handelten Schlagertexte von einer schönen heilen Welt, die von Hoffnung und Sehnsucht geprägt war. Probleme wurden viele Jahre nicht besungen, doch die gesellschaftlichen Veränderungen blieben nicht ohne Wirkung. Es musste sich etwas verändern: mit deutlich mehr Tiefgang und Interpretationsspielraum für die Hörer:innen nahm der Schlager wieder Fahrt auf.

Es war ein langer Weg vom Austausch der Künstler in den Nachkriegsjahren, über die Teilung Deutschlands und die unterschiedlichen Entwicklungen in Ost und West, bis zur Einbindung von Rock-, Punk und Techno-Elementen sowie der Neuen Deutschen Welle (NDW). Dennoch erzählt der Schlager im Kern immer noch Geschichten aus dem Leben, in denen sich die Zuhörer wiederfinden. Damit entsteht eine Verbindung zum gesellschaftlichen Zeitgeist.

Von Freddy Quinn und Catharina Valente, über Juliane Werding und Peter Maffay, bis Helene Fischer und Roland Kaiser, der moderne Schlager kann viele Strömungen aufnehmen und lässt ein neues Gewand entstehen, in das er sich kleidet. So steht er immer wieder auf und verschafft seinen „alten Helden“ neuen Kultstatus.

Mein Fazit

Ob Fan oder nicht – absolut sehenswert!

Am Rande notiert: Erstaunlicherweise kannte ich doch relativ viele Lieder – nicht nur aus dem Autoradio in Kindheitstagen und der Hitparade mit Dieter Thomas Heck. Auch bei Schützenfesten oder Hochzeitsfeiern kann man sich den aktuellen Schlagern und den kultigen Hits kaum entziehen 😉.

Zu den Sendungen:

ARD Mediathek, Terra X History: Deutschland, deine Schlager: 1945 bis 1979 (45 Minuten – verfügbar bis 21.01.2029)

ARD Mediathek, Terra X History: Deutschland, deine Schlager: 1980 bis heute (45 Minuten – verfügbar bis 21.01.2029)

Die Betreuungsverfügung und der Grundsatz der Erforderlichkeit

Die Betreuungsverfügung und der Grundsatz der Erforderlichkeit

Ein Beitrag aus unserer Reihe: Entscheidungen im Fokus

Die Betreuungsverfügung gehört zum den Vorsorgeregelungen, die Du bereits erstellen kannst, wenn es Dir noch gut geht. Damit legst Du schriftlich fest, wer Dich in rechtsgeschäftlichen Angelegenheiten vertreten kann/soll, wenn Du selbst nicht (mehr) in der Lage dazu bist.

Von der Entmündigung zum rechtlichen Betreuer – die Historie

Früher wurden Menschen, die sich nicht mehr selbst äußern konnten, entmündigt oder unter eine Vormundschaft gestellt. Doch 1992 ist die rechtliche Betreuung als Rechtsfürsorge in das Betreuungsgesetz aufgenommen worden. Daraus ergaben sich deutliche Verbesserungen für die Betroffenen. Anfang 2023 wurde eine noch konsequentere Ausrichtung hinsichtlich des Selbstbestimmungsrechts der betreuten Personen im Gesetz verankert.

Die Voraussetzungen für den Einsatz eines Betreuers sind im § 1814 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) zu finden:

(1) Kann ein Volljähriger seine Angelegenheiten ganz oder teilweise rechtlich nicht besorgen und beruht dies auf einer Krankheit oder Behinderung, so bestellt das Betreuungsgericht für ihn einen rechtlichen Betreuer (Betreuer).
(2) Gegen den freien Willen des Volljährigen darf ein Betreuer nicht bestellt werden.
(3) Ein Betreuer darf nur bestellt werden, wenn dies erforderlich ist. Die Bestellung eines Betreuers ist insbesondere nicht erforderlich, soweit die Angelegenheiten des Volljährigen
1. durch einen Bevollmächtigten, der nicht zu den in § 1816 Absatz 6 bezeichneten Personen gehört, gleichermaßen besorgt werden können oder
2. durch andere Hilfen, bei denen kein gesetzlicher Vertreter bestellt wird, erledigt werden können, insbesondere durch solche Unterstützung, die auf sozialen Rechten oder anderen Vorschriften beruht.
(4) Die Bestellung eines Betreuers erfolgt auf Antrag des Volljährigen oder von Amts wegen. Soweit der Volljährige seine Angelegenheiten lediglich aufgrund einer körperlichen Krankheit oder Behinderung nicht besorgen kann, darf ein Betreuer nur auf Antrag des Volljährigen bestellt werden, es sei denn, dass dieser seinen Willen nicht kundtun kann.
(5) Ein Betreuer kann auch für einen Minderjährigen, der das 17. Lebensjahr vollendet hat, bestellt werden, wenn anzunehmen ist, dass die Bestellung eines Betreuers bei Eintritt der Volljährigkeit erforderlich sein wird. Die Bestellung des Betreuers wird erst mit dem Eintritt der Volljährigkeit wirksam. (Quelle: 
Gesetze im Internet, Stand 19.07.2024)

Details zum Betreuungsrecht

Das Betreuungsgericht entscheidet per Einzelfallprüfung darüber, wer die Betreuung übernehmen wird und in welchem Umfang. Das resultiert aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit, der eine wichtige Errungenschaft in der aktuellen Regelung ist und lässt sich aus Satz 3 (s. o.) ableiten. Dabei steht die Selbstbestimmung im Vordergrund: Rechtseingriffe werden auf ein Mindestmaß beschränkt und sind immer am individuellen Bedarf ausgerichtet. Sofern es sich um allgemeine und keine rechtsgeschäftlichen Angelegenheiten handelt, wird im Sinne der Selbstbestimmung auf die Bestellung eines Betreuers verzichtet. Hilfe kann pragmatisch organisiert werden und richtet sich nach den vorliegenden Verhältnissen. Viele Unterstützungsleistungen lassen sich durch Familienmitglieder oder anderweitige Dienste, wie z. B. eine Haushaltshilfe, eine Schuldnerberatung oder soziale Dienste und Behörden abdecken.

Vom Gericht wird grundsätzlich geprüft, ob eine Betreuerbestellung erforderlich ist. Wenn ja, werden die voraussichtliche Dauer sowie die Voraussetzungen für die Betreuung und die genauen Aufgabenbereiche im Einzelnen angeordnet. Es geht dabei ausschließlich um rechtliche Belange in den Bereichen Wohnungsangelegenheiten, Vermögenssorge (alle finanziellen Belange) und Gesundheitssorge.

Schriftliche Definition als Empfehlung für das Gericht

Wenn Du Dich nicht auf eine gerichtliche Bestellung eines Dir unbekannten Betreuers verlassen willst, kannst Du und eine Betreuungsverfügung aufsetzen. Sie sollte schriftlich abgefasst und optimalerweise mit der benannten Person abgestimmt sein. Damit ist Dein Wunsch definiert und für die Gerichte vorrangig zu beachten. Dennoch prüft das Gericht die Eignung der von Dir genannten Person. Sollten Voraussetzungen nicht erfüllt sein und Gründe dagegensprechen, kann das Gericht davon abweichen und einen anderen Betreuer benennen. Im Regelfall wird in Deinem persönlichen Umfeld nach alternativen Möglichkeiten gesucht. Bleibt dies erfolglos, wird vom Gericht ein Berufsbetreuer eingesetzt.

In der Zeit bis zum Gerichtsentscheid gibt es keine rechtliche Vertretung, außer Du hast bereits eine Vorsorgevollmacht hinterlegt. In diesem Fall greift die Betreuungsfunktion sofort und vollumfänglich, ohne dass ein Gerichtsbeschluss abgewartet werden muss. (siehe auch Abschnitt „Unterschied Betreuungsverfügung und Vorsorgevollmacht“)

Es besteht die Möglichkeit, mehrere Betreuer für unterschiedliche Lebensbereiche oder Situationen einzusetzen. Dies kannst Du ebenfalls hinterlegen.

Was lässt sich in der Betreuungsverfügung regeln?

Du kannst aufschreiben, wen Du Dir als Betreuer wünschst oder auch, von wem Du auf gar keinen Fall betreut werden möchtest. Du kannst eigene Wünsche zur Betreuung hinterlegen. An diese muss sich der Betreuer halten, sofern sie Deinem Wohl nicht widersprechen oder für den Betreuer unzumutbar sind. Du kannst darlegen, wo Du wohnen möchtest und wer Deine Finanzen verwalten soll. Du entscheidest, welche (rechtlichen) Aufgaben der Betreuer übernehmen soll und wie Du Dir die Entscheidungen in medizinischen Fragen vorstellst.

Doch Achtung: „Die Wünsche zur Betreuung“ – das hört sich schön an und vielleicht entsteht bei Dir der Gedanke von einer alltäglichen Begleitung und einer netten Hilfe beim Einkaufen oder im Haushalt. Doch das ist ein Irrtum. Der Betreuer darf sich nur in den vom Gericht angeordneten Aufgabenbereichen bewegen und dabei geht es nicht um die alltäglichen Dinge, bei denen Unterstützung benötigt wird. Diese Aufgaben müssen je nach Bedarf durch andere Personen oder Dienste erledigt werden.

Frage Dich bei der Auswahl einer Betreuungsperson, ob die Person in Deinem Sinne entscheiden wird und ob sie die „Bürde“ übernehmen möchte, sich um Deine Angelegenheiten zu kümmern. Eine kostenlose Vorlage für die Betreuungsverfügung findest Du beim Bundesministerium für Justiz. Das unterschriebene Formular kannst Du (wie auch die Patientenverfügung und die Vorsorgevollmacht) beim Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer registrieren lassen.

Unterschied Betreuungsverfügung und Vorsorgevollmacht

Die Betreuungsverfügung definiert die Gestaltung der vom Gericht angeordneten Betreuung. Du kannst konkrete Anweisungen an den Betreuer darin aufnehmen, die dann beachtet werden sollen. Du kannst die Verfügung jederzeit anpassen oder ändern.

Die Vorsorgevollmacht beinhaltet keine gerichtliche Prüfung und die benannte Vertrauensperson kann mit sofortiger Wirkung alle Rechte, die Du ihr eingeräumt hast, ausüben. Sie kann sofort rechtsverbindlich für Dich tätig werden und in Deinem Sinne entscheiden.

Bei der Betreuungsverfügung solltest Du wissen, dass keiner für Dich handeln kann, wenn Du z. B. im Koma liegst, eine Betreuungsverfügung hinterlegt hast und das Gericht noch keine Entscheidung getroffen hat. Beachte also, dass der Prozess bis zur Benennung des Betreuers seine Zeit dauert. Das hängt mit dem Grundsatz der Erforderlichkeit zusammen. Das Gericht prüft genau, in welchen Bereichen die Betreuung notwendig ist, um Dir ein weitgehend selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen und die Eingriffe durch andere Personen gering zu halten. Zudem hat sie Gültigkeit, falls die Vorsorgevollmacht unwirksam sein sollte.

Als weitere Vorteile der Betreuungsverfügung lassen sich noch die (nachgelagerten) Kontrollmechanismen aufführen, denen sich die die ehrenamtlichen und beruflichen Betreuer stellen müssen. Damit soll ein möglicher Missbrauch eingeschränkt werden, wie z. B. die jährliche Auskunft über die Amtsführung und die persönlichen Verhältnisse des zu Betreuenden sowie des Rechenschaftsberichts über die Verwaltung des Vermögens. Bei der Vorsorgevollmacht entfällt die Kontrolle des Betreuers durch das Gericht, da es sich um einen privat-rechtlichen Vertrag handelt.

Fazit

Die Betreuungsverfügung ist ein Teilbereich Deiner Vorsorgedokumente, der wichtig werden kann und Deine Wünsche explizit darlegt. Eine Betreuung ist nur möglich, wenn sie Deinem freien Willen entspricht. Die Betreuungsverfügung ist, neben der Vorsorgevollmacht und der Patientenverfügung, eine gute Ergänzung, um in allen Lebensbereichen die für Dich bestmögliche Entscheidung zu treffen, bevor der „Fall des Falles“ wirklich eintritt.

Hier haben wir weitere interessante Links für Dich zusammengestellt:

Bundesministerium der Justiz: Informationen zum Betreuungsrecht

Bundesministerium der Justiz: Vorlage Betreuungsverfügung (Formular als PDF-Datei)

Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer: Eine Betreuungsverfügung kann im Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer registriert werden.

NDR Ratgeber vom 07.11.2023: Rechtliche Betreuung: Was Betroffene wissen müssen

NDR Ratgeber vom 06.01.2023: Berufsbetreuer: Welche Rechte und Pflichten haben sie?

Unsere Beiträge aus der Reihe „Entscheidungen im Fokus“ interessieren Dich vielleicht auch:

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