Vulva und Vagina – Neue Einblicke in die weibliche Lust
Einen Penis kann jede:r zeichnen. Wie die anatomisch korrekte Vagina oder Vulva aussieht, wissen die wenigsten. Nur wenige Frauen bemühen einen Spiegel, um sich das „da unten“ mal genauer anzusehen.
Es fängt schon mit den Begrifflichkeiten Vulva und Vagina an. Kannst Du die Begriffe genau zuordnen? Weißt Du im Detail, wo Deine Klitoris, der Damm oder Dein Harnausgang liegen, was die inneren oder äußeren Schamlippen sind?
Die weiblichen Genitalien sind ein großes Mysterium und das „da unten“ immer noch Terra incognita. Viele Frauen stellen sich die Frage: „Bin ich normal?“. Damit müssen wir aufhören und die weiblichen Genitalien aus der Schamzone holen. Die Vulva ist für die Frau ein Körperteil, wie eine Hand oder ein Fuß, wo diese Frage ja schließlich auch nicht gestellt wird.
Die Vielfalt der Schönheit
Mit dieser Unsicherheit macht die 3Sat Wissenschaftsdoku „Vulva und Vagina – Neue Einblicke in die weibliche Lust“ jetzt Schluss.
Eine 2018 in der Schweiz durchgeführte Untersuchung hat die Vulven von über 650 Frauen zwischen 15 und 84 Jahren vermessen. Dabei kam Erschreckendes zu Tage: weniger als 30 % der Frauen wissen, was mit Vulva gemeint ist. Sie sprechen stattdessen von Vagina, Scheide oder „da unten“. Ein weiteres, ganz banales Ergebnis: die Variationen der Vulven sind erheblich. Sie sind, wie unser gesamter Körper – Hände, Ohren, Brüste oder Gesicht – asymmetrisch und individuell. Die Vielfalt ist also normal, keine Vulva gleicht der anderen.
Jede Frau ist schön, wie sie ist!
Wenn Vulven abgebildet werden, in Aufklärungsbüchern, der Aktfotografie oder in Pornos, dann meistens in einer perfekten Form – geschlossen, glatt, sehr jung, operiert oder fotografisch nachbearbeitet. Sehr selten sind sie faltig, dunkel gefärbt oder sehr groß.
Dieser zur Schau gestellte Perfektionismus hat in den Jahren 2014 bis 2018 zu einem 20%igen Anstieg der intimchirurgischen Eingriffe geführt. Operationen sind sinnvoll, wenn Frauen unter wund geriebenen Genitalien leiden, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr haben oder ihre Genitalien beschnitten wurden – mehr Informationen hierzu gibt es in der Dokumentation. Einem Schönheitsideal nachzueifern, sich „optimieren“ zu lassen, ist unnötig und – nebenbei bemerkt – sind diese Eingriffe auch nicht ohne Risiko.
Zuallererst müssen wir lernen, uns selbst zu lieben, uns und unserem Körper schön finden.Wir dürfen endlich damit aufhören, uns mit den retuschierten Schönheiten der Hochglanzhefte zu vergleichen. Wir sollten den Mut und die Offenheit haben, unsere Sexualität an uns selbst zu erfahren und über unsere sexuellen Wünsche zu sprechen. Das ist so wichtig für unser Wohlbefinden, die Beziehung zu unseren Partner:innen und unsere Befriedigung.
Die weibliche Lust
Unsere Duldsamkeit in Beziehung auf unseren Orgasmus, unsere Vorstellung, dass es wichtiger ist, den Mann zum Orgasmus zu bringen als selbst einen zu haben – ein beharrliches Überbleibsel des viktorianischen Zeitalters (1837 – 1901). Hier haben Männer Frauen ihre Sexualität abgesprochen. Sie sollten hinter dem Herd glücklich sein und mit Sex „nichts am Hut“ haben, es sei denn, es diente der Befriedigung des Mannes. Von der Lust der Frau war nicht die Rede, die Gesellschaft tabuisierte die weiblichen Genitalien und die Wissenschaft fügte sich dem Zeitgeist.
Heute haben sich viele Wissenschaftler:innen der Forschung an den weiblichen Genitalien verschrieben und die Enttabuisierung der weiblichen Lust zur Aufgabe gemacht. Zum ersten Mal seit Jahrhunderten entstehen exakte 3D Modelle der Vulva. Die Aus- und Weiterbildungen der Fachärzte werden um die neuen Erkenntnisse erweitert. Frauenärzt:innen beraten und vermitteln Frauen ein Bild ihrer Vulva und klären über ihre Mechanismen auf. Künstler:innen und Aktivist:innen backen Vulvatörtchen oder modellieren Vulven in Gips.
Alle diese Fakten und noch vieles mehr thematisiert der Beitrag der 3Sat Wissenschaftsdoku „Vulva und Vagina – Neue Einblicke in die weibliche Lust“.
Eine absolute Empfehlung unserer Redaktion.
Das Video verfügbar bis 22.04.2026.
Wir haben über diesen Themenkomplex schon in einigen Beiträgen geschrieben.
Die Links zu unseren bisherigen Beiträgen:
Vulva-Kalender 2021: vielfältig, divers und realistisch
Schönheitstrend Intimchirurgie?
Außerdem haben wir noch weiterführende Links zusammengestellt.
Orgasmus – das höchste der Gefühle (verfügbar bis 10.06.2026
Sheila de Liz – Gynäkologin
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Stefanie Grübl – Sexualpädagogin, Künstlerin
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Dr. med. Regina Widmer – Fachärztin für Frauenheilkunde, Sexualität, Intimpflege und Phytotherapie
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