Frauen braucht das Land

Frauen braucht das Land

Sintje Lorenzen – Schneiderin & Designerin

Das Sonnenlicht glitzert über den Nordseewellen und im Wind kreischen die Möwen – Sintje Lorenzen steht in ihrem kleinen Laden auf der Nordseeinsel Föhr zwischen alten Kleidern und neuen Ideen. Wo andere Frauen Ferien machen, hat sie sich ihr Leben aufgebaut. Mitten auf der Insel, verkauft sie Vintage-Mode und nachhaltige Textilien in ihrem Geschäft. Alte Stoffe werden bei ihr zu neuen Lieblingsstücken, gebrauchte Kleider zu kleinen Kunstwerken. Moderne Shopping-Malls sind weit weg und so hat Sintje etwas geschaffen, das genau zu dieser Insel passt: ehrlich, kreativ, regional.

Sintje, eine junge Frau, hat sich auf der Insel Föhr mit ihrem Upcyclling Geschäft einen Traum erfüllt.

Doch ihre Tage sind nicht so idyllisch, wie sie auf Postkarten aussehen. Sind die Touristen im Winter weg und alles wieder fest in der Hand die Insulaner:innen, wird es ruhiger. Dann sitzt Sintje an ihrer Nähmaschine, tüftelt an neuen Ideen, macht Inventur und plant ihre Zukunft -oder sie geht mit ihrem Kite aufs Wasser. Sie sagt „Man ist in der Natur und fühlt sich frei“ – ein perfekter Ausgleich, der ihr immer wieder neue Inspirationen bringt.

Ihr Leben spielt sich zwischen Laden, Familie und Meerblick ab. Bald bekommt sie ihr Kind, und die große Frage steht im Raum: Wie funktioniert Selbstständigkeit mit Baby auf einer Insel, die manchmal mehr Wind als Internet hat? Ihr Traum: weiter zu wachsen, ohne Kompromisse – für sinnvolle Mode und ein Familienleben, das bleibt.

Josephine von Hedemann-Heespen – Guthofleiterin

In Schleswig-Holstein, gut 130 Kilometer südöstlich von Föhr, wacht Josephine von Hedemann-Heespen auf einem geschichtsträchtigen Gutshof auf, der sich für die Zukunft vorbereitet.

Auf dem Gut Deutsch-Nienhof hat sie sich einer Aufgabe verschrieben, die weit über landwirtschaftliche Tradition hinausgeht. Wo früher Kornsäcke gestapelt wurden, finden heute Veranstaltungen statt; wo alte Mauern standen, entstehen Räume für Neues. Josephine hat die Strukturen ihres Familienbetriebs neu gedacht. Nicht aus Nostalgie, sondern aus Überzeugung. Sie schätzt es, gemeinsam mit ihrem Mann zu arbeiten und einen modernen Betrieb zu betreiben. Ihr Hofcafé ist inzwischen ein gern besuchtes (Ausflugs-)Ziel und die Künstler aus der Region schätzen es sehr, dort ihre Werke ausstellen zu dürfen. Es gibt nicht viele Kulturstätten in der Region.

Josephine führt Gut Deutsch-Nienhof und hat mit ihrem Hofladen und Eventlocation die Gegen bereichert.

Josephines Alltag ist ein Spagat zwischen Stall und Strategie, zwischen Traktor und Teamleitung. Sie führt Gespräche mit Handwerkern, plant Events, verhandelt mit Partnern und sieht dabei immer das große Ganze: Wie lässt sich das Landleben modern gestalten, ohne seine Seele zu verlieren? Auf dem Gut sollen Menschen zusammenkommen – Stadt- und Dorfbewohner, Jung und Alt. Sie möchte zeigen, dass das Land kein Ort des Rückzugs ist, sondern reif für neue Ideen.

Dr. Anna-Lea Comba – Tierärztin

Und dann ist da Anna-Lea Comba – Tierärztin im niedersächsischen Ammerland, die sich mit einer Partnerin eine Großtierpraxis aufgebaut hat. Das Frauen Tierärztinnen sind, ist inzwischen an der Tagesordnung, trotzdem wurden sie nicht von allen Bauern mit offenen Armen empfangen. Ihre Aufgaben beginnen im Morgengrauen, wenn die Stalllichter angehen und das erste Kalb nach Futter ruft. Mit ihrer Partnerin betreut sie rund 6.000 Rinder und fährt Tag für Tag zu Landwirten, die auf ihre Erfahrung zählen. Anna-Lea steht mit Gummistiefeln im Matsch, hält ein neugeborenes Kalb im Arm, redet mit Bauern über Gesundheit, Haltung und Zukunft.

Anna-Lea ist Tierärztin für Großtiere und hat im ammerland ihr Glück gefunden.

Der Job ist körperlich, fordernd, nie planbar und doch ihr Traum. Zwischen Notfällen, Nachtfahrten und Dokumentationen bleibt kaum Zeit zum Durchatmen, aber genau das liebt sie: die Nähe zu den Tieren, das Vertrauen der Menschen, das Gefühl, gebraucht zu werden. Nebenbei stemmt sie mit ihrem Mann gemeinsam die fünfköpfige Familie, den Haushalt und die Organisation – alles mit einer Selbstverständlichkeit, die Respekt verdient. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, ein Netzwerk von Tierärztinnen ins Leben zu rufen. Frauen, die zeigen, dass moderne Landwirtschaft und weibliche Stärke zusammenpassen.

Solche Frauen braucht das Land

Die drei Frauen haben mehr gemeinsam als ihren Wohnort auf dem Land. Sie tragen Verantwortung, treffen Entscheidungen, etablieren Neues in einem Umfeld, das oft unterschätzt wird. Wo andere sagen „Da ist ja nichts“, entdecken sie Möglichkeiten. Sie gestalten, reparieren, pflanzen, nähen, planen. Und sie beweisen, dass das „platte Land“ ein Ort ist, an dem man ankommt – und keiner, an dem man hängen bleibt.

„Frauen braucht das Land“ ist keine romantische Floskel, sondern ein realistischer Blick auf eine Bewegung. Denn während in Städten Coworking-Spaces sprießen und Start-ups vorankommen, ist der Wandel auch auf dem Land sichtbar angekommen. Sehr viel leiser und dauerhaft nachhaltig. Frauen wie Sintje, Josephine und Anna-Lea zeigen, dass Veränderung nicht immer laut sein muss. Manchmal genügen Mut, Ideen und die Entscheidung, einfach anzufangen.

Deutschland braucht solche Frauen, nicht nur auf dem Land. Und vielleicht brauchen wir alle ein Bisschen mehr dieser Entschlossenheit. Denn Zukunft entsteht nicht nur in Metropolen. Sie wächst auch zwischen Wiesen, Weiden und Werkstätten, einfach überall, wo Menschen sie gestalten.

Warum das Land Frauen braucht – und umgekehrt

In unseren Städten spricht man oft vom Mangel an Fachkräften, Ideen, Unternehmerinnen – doch das Land? Dort steckt ein enormes Potenzial. Der Film Frauen braucht das Land macht klar: Frauen wie Sintje, Josephine und Anna-Lea sind nicht nur Einzelgeschichten – sie sind Wegbereiterinnen. Frei vom Tempo der Großstadt, mit mehr Raum, aber auch mehr Herausforderungen.

Sie zeigen, dass Frau auf dem Land unternehmerisch ist, auch wenn die „Szene“ kleiner anmutet. Ländliche Orte können Rückzug-, und Aktivraum sein, sie sind interessant für kreative Firmen, moderne Landwirtschaft und neue Lebenskonzepte. Frauen bringen Perspektiven ein, die Wandel ermöglichen – nachhaltig, familienfreundlich, innovativ.

Die drei Protagonistinnen leben diesen Wandel. Sie beugen sich nicht den Umständen, sie sind Macherinnen – mutig, entschlossen, flexibel. Und ihr Alltag? Kein Glamour-Szenario, sondern harte Arbeit, Verantwortung, aber auch Erfüllung.

Wenn wir also sagen „Frauen braucht das Land“, ist damit kein Zurück in eine romantische Nostalgie gemeint. Das Land braucht die Energie, Ideen und das Engagement von Frauen, damit es lebendig bleibt, zukunftsfähig ist und sich für Veränderungen öffnet.

Ich freue mich darauf, in weiteren Folgen über Frauen zu erfahren, die das Land neu denken. Heute sind es drei starke Stimmen – und ein klares Signal: Das Land kann Zukunft sein.


Quellen:

ARD Mediathek (NDR) Frauen braucht das Land (Video verfügbar bis bis 08.03.2027)

Youtube – Ob Tierärztin, Gutshof-Chefin oder Designerin – der Norden hat starke Frauen – NDR auf’m Land

Weitere Beiträge zum Landleben

Hofläden – wie bei Tante Emma

Simona – queere Winzerin und Kellermeisterin

Kuhaltenheim Hof Butenland

Alt werden – ein Prozess auf unserem Lebensweg

Alt werden – ein Prozess auf unserem Lebensweg

Wie lange können wir fit und gesund bleiben? Was passiert mit uns, wenn wir ein Pflegefall werden? Ist unsere Wohnung dann noch von uns bewohnbar? Die Dokumentation des Bayrischen Rundfunks mit dem Titel „Senioren: Wie werde ich gut und zufrieden alt“ setzt sich mit der Frage des Altwerdens auseinander. Die BR-Redakteurin Anke Klingemann ist quer durch Deutschland gereist, um Antworten zu finden. Auch unsere Frauengesundheits-Redakteurin Iris hat sich zum Altwerden schon einige Gedanken gemacht. Sie ist in diesem Jahr 63 Jahre alt geworden und fragt: „Bin ich mit 63 schon alt? Ich bin mir nicht sicher. Äußerlich bin ich noch immer dieselbe, aber mein Denken an die Zukunft hat sich verändert, langsam und schon seit ein paar Jahren. Heute denke ich eher an Rente als an Fernreise und eher an altersgerechtes Wohnen als an Bergwanderung.“

Alt werden – ein Schritt weiter in ein endliches Leben

Alt werden beginnt nicht an einem bestimmten Tag, sondern ist langsam fortschreitender Prozess. Es ist kein Zustand, der plötzlich über einen hereinbricht, sondern eine Reihe kleiner Übergänge, in denen sich Körper, Geist und Alltag verändern. „Senior:in“ ist man nicht plötzlich, man wird es mit der Zeit.

Viele Menschen wünschen sich, gesund zu bleiben, kein Pflegefall zu werden und möglichst lange in den eigenen vier Wänden leben zu können. Über das Älterwerden selbst denken viele erst spät nach. Dieses Zögern ist einerseits beruhigend, andererseits verliert man dabei die Zeit, sich bewusst auf die Veränderungen des Alterns einzustellen.

Der Alterungsprozess trifft Frauen auf besondere Weise. Sie tragen meist über viele Jahre Verantwortung für Familie, Beruf, Haushalt und Pflege anderer – und wenn die Kinder aus dem Haus sind oder der Partner nicht mehr da ist, ändert sich das eigene Leben noch einmal grundlegend. Viele Frauen erleben den Erkennungsmoment als Zäsur: Plötzlich haben sie Zeit für sich selbst und die Fragen nach Sinn, nach Zukunft und nach der eigenen Kraft stehen im Raum. Altwerden ist für Frauen nicht nur eine biologische Entwicklung, sondern ein Prozess, in dem Rollenbilder aufbrechen und neue Möglichkeiten entstehen.

Körperliche Veränderungen verstehen und annehmen

Mit zunehmendem Alter verändert sich unser Körper: Unsere Haut bekommt Falten, die Muskelkraft und Beweglichkeit nehmen ab, unser Immunsystem arbeitet anders. Bei Einigen stellen sich Krankheiten ein, die früher kein Thema waren. Diese Veränderungen sollten wir nicht beklagen, sondern sie als Teil unseres Lebens erkennen und ihnen mit Achtsamkeit begegnen.

Regelmäßige Bewegung, gesunde Ernährung, bewusste Entspannung und turnusmäßige Vorsorgeuntersuchungen helfen nicht nur, die Beschwerden zu mildern, sondern auch das Gefühl der Selbstbestimmung dauerhaft zu erhalten. Wenn wir lernen, auf unseren Körper zu hören, können wir leichter erkennen, wann Ruhe nötig ist – und wann wir trotz kleiner Einschränkungen aktiv bleiben können.

Reife Frau in den Wechseljahren, die zu Hause unter Hitzewallungen leidet und sich mit einem an den Laptop angeschlossenen Ventilator abkühlt.

Für Frauen ist der Übergang ins höhere Alter eng mit der Menopause verknüpft. Hitzewallungen, Schlafstörungen oder Gewichtszunahme können belastend sein, doch ebenso sie sind ein Signal zur Neuentdeckung unseres Körpers. Frauen berichten häufig, dass sie lernen müssen, die enger werdenden Grenzen zu akzeptieren, ohne gleich den Mut zu verlieren.

Wer versteht, dass nicht Perfektion, sondern Wohlbefinden das Ziel ist, entdeckt auch neue Seiten an sich – Stärke, Gelassenheit und eine innere Schönheit, die nicht am Geburtsdatum hängt.

Psychische Stärke: Wie wir Zufriedenheit kultivieren

Ein guter Umgang mit dem Alter(n) hängt nicht allein vom Körper ab. Was wir psychisch erleben, wie wir denken, worauf wir unseren Fokus richten, wie wir mit Verlusten umgehen – all das bestimmt maßgeblich, wie zufrieden wir sind. Einsamkeit, der Abschied von geliebten Menschen, veränderte Rollen (z. B. wenn Kinder flügge werden) können belastend wirken.

In der Dokumentation wird deutlich, dass Beziehungen wichtig sind – zu Freunden, zu Familienmitgliedern, aber auch zu neuen Kontakten und Gemeinschaften. Wer sich in Gruppen engagiert, wer Hobbys nachgeht, wer sich selbst neue Ziele setzt, kann sich seine Lebensfreude bewahren und gelegentliche Sorgen leichter relativieren.

Frauen sind Meisterinnen darin, sich anzupassen und Lebenskrisen zu meistern. Gleichzeitig stehen sie im Alter vor besonderen Herausforderungen: Sie sind oft verwitwet, leben allein und habe eine geringere Rente. Umso wichtiger sind Freundinnen, Nachbarinnen, Frauenkreise – das sind nicht nur soziale Kontakte, sondern ein Netz, das Tragfähigkeit beweist. Wer neugierig bleibt, Neues ausprobiert und auch einmal „Nein“ sagt, stärkt seine innere Widerstandskraft.

Viele Frauen berichten, dass sie im Alter ein neues Selbstbewusstsein gewinnen: Die Angst, nicht zu genügen, tritt zurück, und an ihre Stelle tritt das Wissen, dass man in seinem Leben schon so vieles geschafft hat.

Selbstbestimmung, Autonomie und Teilhabe

Ein häufig genanntes Ziel in der Dokumentation: Solange wie möglich im eigenen Zuhause bleiben können. Das klingt erstmal einfach, kann aber im täglichen Leben mit vielen Anforderungen verbunden sein: barrierefreie Wohnung, persönliche Betreuung, erreichbare Läden und ärztliche Versorgung – insgesamt ein Umfeld, das hilft statt einschränkt. Wer früh daran denkt, dass Wohnung und Alltag altersgerecht gestaltet werden können, hat später mehr Sicherheit und ein gewisses Maß an Freiheit.

Auch die Entscheidungsmöglichkeit über medizinische Versorgung oder Pflege ist zentral. Immer öfter fragen sich ältere Menschen: Wie will ich im Alter leben? Wer trifft Entscheidungen für mich, wenn ich sie selbst nicht mehr treffen kann? Das bewusste Auseinandersetzen mit solchen Fragen macht nicht nur praktische Dinge leichter, sondern gibt das Gefühl, über das eigene Leben zu bestimmen. Hier ist es – vielleicht nicht angenehm – aber absolut hilfreich, sich so früh wie möglich mit Themen wie Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung, Testament oder seinem digitalen Erbe auseinanderzusetzen.

Oft ist die Unabhängigkeit von Frauen hart erarbeitet. Im Alter stellen sie sich dann trotzdem die Fragen: Wie lange kann ich mein eigenes Zuhause bezahlen? Wie organisiere ich meine Versorgung, wenn ich Hilfe brauche? Auch hier gilt: Wer sich früh Gedanken macht und rechtzeitig plant, baut ein gutes Netzwerk auf oder trifft klare Absprachen mit Familie und Freundeskreis.

Gerade Frauen, die viele Jahre für andere gesorgt haben, müssen lernen, an sich selbst zu denken. Teilhabe heißt, nicht nur passiv versorgt zu werden, sondern aktiv am Leben teilzunehmen – ob im Ehrenamt, in einem Verein oder einfach durch das Treffen mit anderen.

Gesellschaftliche Rahmenbedingungen für Leben im Alter

Altwerden ist keine rein private Angelegenheit. Viele Bedingungen dafür – gute Pflege, barrierefreier Wohnraum, eine Gesundheitsversorgung, die für weniger mobile Menschen funktioniert, ein soziales Umfeld ohne Ausgrenzung – sind gesellschaftliche Aufgaben. Die Dokumentation macht deutlich, dass Wünsche und Bedürfnisse der Älteren oft unterschätzt oder spät wahrgenommen werden. Frauen haben oft geringere Rentenansprüche, weil sie in Teilzeit gearbeitet oder unbezahlte Sorgearbeit geleistet haben. Altersarmut trifft sie daher besonders häufig.

Eine alte Frau zählt die Münzen in ihrer Hand. Das Bild ist düster und es sind nur wenige Münzen.

Es braucht Politik, Nachbarschaften, Institutionen, die zuhören, gestalten und unterstützende Strukturen schaffen: bezahlbarer Wohnraum und betreutes Wohnen, wohnortnahe und sichere Pflegeangebote, Angebote für Gemeinschaft, Möglichkeiten zur Teilhabe und eine bessere Rentenpolitik. Nur so kann das Alter nicht zur Phase werden, in der Menschen nur in ein System gepresst werden, sondern eine Phase, in der sie weiterhin wirken, mitgestalten und genießen können.

Die Chance, sich neu zu erfinden

Schließlich zeigt die Dokumentation, dass Altwerden nicht nur Verlust bedeutet, sondern auch Gewinn. Erfahrung, Gelassenheit, eine andere Perspektive aufs Leben. Wer gelernt hat, was wirklich zählt, wer Prioritäten neu bewertet hat, sieht oft klarer, worauf es ankommt: Beziehungen, Zeit, Wertschätzung. Viele Ältere berichten davon, dass sie sich freier fühlen, bewusster genießen, weniger in Eile sind – und dass es möglich ist, in späteren Jahren Frieden mit sich selbst zu schließen. Alt sein heißt also nicht resignieren, sondern neu definieren, was Lebensqualität ist.

So sehr das Alter mit Verlusten verbunden sein kann – es bietet auch Chancen. Altwerden bedeutet für Frauen nicht, unsichtbar zu werden, sondern sichtbar für das, was sie sind: stark, erfahren, voller Geschichten und voller Leben. Viele Frauen entdecken in späteren Jahren Hobbys, die sie früher nie ausprobiert hätten. Sie reisen, lernen Sprachen, malen, singen, tanzen. Sie erlauben sich, Dinge zu tun, die vielleicht jahrzehntelang hintenangestellt waren. Altwerden kann ein Neubeginn sein: Die Erfahrung aus all den Jahren schenkt Sicherheit, die Freiheit von Verpflichtungen öffnet Türen. Das, was bleibt, ist oft das Wesentliche: Freundschaften, Liebe, der Genuss von Zeit, die man nicht mehr hetzend verbringen muss.

Aktiv werden – ein leichter Weg

Auch ohne große Veränderungen im Umfeld kann man selbst vieles tun, damit das Altwerden einfacher gelingt. Kleine Rituale, neue Gewohnheiten, Offenheit für Veränderung helfen. Mehr Bewegung, geistige Herausforderungen durch Lesen oder Lernen, bewusst den Kontakt zu Mitmenschen suchen, aber auch Grenzen setzen: nicht zu viel erwarten, nicht zu viel vergleichen. Es kann hilfreich sein, über Wünsche und Ängste offen zu sprechen. Freundschaften, Hobbys, Sinn stiftende Tätigkeiten sind keine Luxus-Extras, sondern wichtig für das innere Gleichgewicht.

Hast Du noch Gedanken oder Tipps für unsere Leser:innen, dann hinterlasse uns gern einen Kommentar.

Hab einen leichten Übergang ins neue (Zeit-)Alter

Deine Iris


Hier noch die Links mit weiteren Informationen

Bayrischer Rundfunk
„Senioren: Wie werde ich gut und zufrieden alt?“ (verfügbar bis 18.07.2029)

Beiträge zum Thema „Altwerden“, die wir schon veröffentlicht haben

Die Vorsorgevollmacht – Entscheidungen für den Fall der Fälle
Die Patientenverfügung, das verbindliche Recht auf Selbstbestimmung
Die Betreuungsverfügung und der Grundsatz der Erforderlichkeit
Digitales Erbe – Was passiert mit Deinen Online-Daten nach dem Tod?
Mein letzter Wille – Warum ein Testament so wichtig ist und was Du beachten solltest

Simona – queere Winzerin und Kellermeisterin

Simona – queere Winzerin und Kellermeisterin

Auch wenn ich, Redakteurin der Frauengesundheit, es in meinem Umfeld schon erlebt habe, kann ich mir nicht ansatzweise vorstellen, wie es ist, im falschen Körper gefangen zu sein. Ebenso wenig wie es sein muss, einen Teil der eigenen Identität abzustreifen, um sich zu finden: den alten Namen, die Bilder aus der Vergangenheit und das ganze bisherige Leben alles endgültig hinter sich zu lassen. Gleichzeitig muss das unglaublich befreiend sein, endlich die sein zu können, die immer schon da sein wollte.

Das ist ein Grund, warum Dir heute die ZDF- Dokumentation „Friederike klopft an – Simona, die queere Weinmacherin“ nahelege. Sie erzählt die Geschichte eines Jungen, der sich schon früh im falschen Körper gefangen fühlt. Während der Pubertät wird er von Gleichaltrigen gemobbt und abgelehnt. Heimlich probiert er die Unterwäsche seiner Mutter an, um zu spüren, wie es als Frau sein könnte.

Simon wächst in einem kleinen Dorf auf. Die queere Welt mit Lesben und Homosexuellen, trans Frauen und Männern ist hier noch fremd. Menschen, die aus dem Rahmen fallen, werden gemieden und haben im Dorf nichts zu suchen. Gemeinsam mit seinem Vater pflegt er die Weinstöcke des elterlichen Weinguts, eine Arbeit, die ihm Spaß macht und bei der er sich wohl fühlt. Nach dem plötzlichen Tod des Vaters übernimmt Simon sehr jung die Verantwortung für das Weingut und wird Winzer. Nach und nach beginnt sein steiniger Weg zur Frau. Trotz aller Widerstände ist er in der Heimat geblieben – Simon ist heute Simona, eine Weinmacherin.

Simona, die junge Winzerin, spricht mit der Reporterin
Simona, Winzerin und Kellermeisterin

Simona, die queere Winzerin und Kellermeisterin

Heute ist Simona ist nicht nur eine Winzerin, die ihr Handwerk versteht. Sie ist eine der wenigen deutschen Kellermeisterinnen, die mit jedem Schluck ihrer Weine eine Geschichte erzählt. Eine Geschichte, die von Mut, Leidenschaft und der unerschütterlichen Kraft handelt, den eigenen Weg zu gehen – auch und gerade, wenn dieser anders ist.

Ihr Aufstieg ist alles andere als geradlinig. Lange fühlt sie sich wie ein Fremdkörper in der traditionellen, von Männern dominierten Winzerbranche. Die Erwartungen, die Normen, die starren Regeln – nichts davon passt zu ihrer lebhaften Persönlichkeit und zu ihrem Wesen. Lange verbirgt sie ihre queere Identität, aus Angst, abgelehnt zu werden. Sie kämpft gegen Unsicherheiten und Vorurteile, die ihr sowohl von der dörflichen Gemeinschaft, von der Gesellschaft als auch von der Branche entgegengebracht werden.

Die Befreiung in der Flasche

Doch anstatt sich unterkriegen zu lassen, findet Simona ihre Befreiung in den Weinbergen. Sie erkennt, dass der Wein selbst keine Vorurteile hat. Er unterscheidet nicht zwischen Mann und Frau, zwischen heterosexuell und queer. Er ist einfach nur das, was er ist: ein Produkt von Erde, Klima und menschlicher Handwerkskunst. In dieser Erkenntnis findet Simona ihre wahre Stärke. Sie beginnt, ihre Weine nicht nur als Getränk zu sehen, sondern als Ausdruck ihrer Seele.

Sie experimentiert mit unkonventionellen Rebsorten und neuen Gärungsmethoden. Sie bricht mit alten Traditionen und schafft Weine, die genauso einzigartig und vielschichtig sind wie sie selbst. Ihre Weine sind frisch und kühn, mit überraschenden Aromen und einer Tiefe, die unter die Haut geht. Sie weigern sich, in eine Schublade gesteckt zu werden – genau wie Simona selbst.

Eine Stimme für die Andersartigkeit

Mit der Zeit wächst ihr Selbstvertrauen. Simona beginnt, ihre Identität offen zu leben. Ihre Mutter akzeptiert den Wandel von Sohn zu Tochter, unterstützt ihn aber nie. Nach zehn teils schweren Operationen ist Simona angekommen, wo sie immer hinwollte – die ist eine junge Frau. Nach dem körperlichen Wandel geht sie offen damit um, eine trans* Frau zu sein. Sie wird eine Fürsprecherin, geht in Schulen und erzählt ihr Geschichte, macht anderen Mut, ihren eigenen Weg zu gehen. Ihre Botschaft ist einfach: Authentizität ist der Schlüssel. „Nur wenn du wirklich du selbst bist, kannst du etwas Einzigartiges und Echtes erschaffen.“

Eine Collage mit 3 Bildern von Simona, der jungen Winzerin. Nachdenklich mit der Krone der Weinkönigin, sitzend in einem großen Weintank, sie klebt Etiketten auf eine Weinflasche.

Simonas Zukunft ist queer und schmeckt nach Wein

Heute ist Simona eine Winzerin, die nicht nur für die Qualität ihrer Weine, sondern auch für ihren Mut und ihre Entschlossenheit gefeiert wird. Sie hat bewiesen, dass man nicht in eine Form passen muss, um erfolgreich zu sein. Im Gegenteil, es ist die eigene Einzigartigkeit, die einen zum Leuchten bringt.

Simonas Geschichte ist eine Inspiration. Sie erinnert uns daran, dass wahre Stärke nicht darin liegt, sich anzupassen, sondern darin, den Mut zu haben, den eigenen Weg zu gehen – ganz gleich, wohin er führt. Sie zeigt uns, dass die Zukunft der Weinwelt nicht nur von traditionellen Werten, sondern auch von einer neuen Generation von Winzerinnen und Winzern geformt wird, die bereit sind, die Regeln neu zu schreiben. Ein Ausblick, der queer ist und nach Freiheit und Abenteuer schmeckt.

Einen Wunsch hat sie noch – sie will nicht immer etwas Besonderes sein, sondern lieber nur eine Randnotiz, einfach eine Weinmacherin. Ehrlich gesagt hat sie mich beeindruckt, ihr so steiniger Weg und ihr Mut, trotz aller Widerstände in der Heimat zu bleiben.

* Die Redaktion der Frauengesundheit betrachtet das Wort trans als Adjektiv, das im Deutschen die Eigenschaften einer Person beschreibt: eine brünette Frau, ein kleiner Mann. Wir folgen dabei der Notation des Bundesverband Trans* e.V.


Das Video ist bis zum 27.03.2027 in den ARD- und ZDF-Mediatheken verfügbar. Auf Youtube sicher auch länger.

ARD Mediathek

ZDF Mediathek

Youtube

Frauen in der Armutsfalle

Frauen in der Armutsfalle

Frauen verdienen im Beruf immer noch weniger als Männer in vergleichbaren Positionen. Zusätzlich managen Frauen den Haushalt, erziehen häufig die Kinder, sind stark in der Care-Arbeit und pflegen die Angehörigen. Ihr Risiko in der Alternsarmut zu landen, unterschätzen die meisten, zudem kümmern sich nur wenige um ihre Finanzen. Rund 70 Prozent der heute berufstätigen Frauen müssen damit rechnen, sich im Alter drastisch einschränken zu müssen.

Frauen in der Armutsfalle - Statistik
Frauen in der Armutsfalle – Statistik

Ein persönlicher Einblick

Das wird mir sehr wahrscheinlich auch so gehen. Ich werde dieses Jahr 63 – ok, der offiziellen Renteneintritt ist zwar erst 2029, aber will ich wirklich noch so lange arbeiten? Die Frage stelle ich mir immer wieder.

Ich habe sofort nach meinem Studium 1986 angefangen zu arbeiten – 30 Jahre festangestellt und in Vollzeit. Für „weibliche“ Verhältnisse habe ich immer gut verdient. Im Januar 2015 wurde ich entlassen – genau wie meine 2.999 Kollegen:innen. Ich war Anfang 50 und die freundlichsten Absagen bei der Suche nach einer neuen Stelle waren „Sie sind unflexibel!“ (heißt: sie haben zu viel Erfahrung und wir können sie nicht mehr nach unseren Wünschen formen) und „Sie sind überqualifiziert!“ (heißt: wir müssen ihnen ein gutes Gehalt zahlen und dazu sind wir nicht bereit).

Also habe ich mich selbständig gemacht und bin es bis heute. Der Wechsel von einer Festanstellung in die Selbständigkeit war ein Schritt vom sicheren und geregelten monatlichen Auskommen hin zu Monaten mit nur begrenzt planbaren und wechselhaften Umsätzen. Ich musste mich von meinem bis dato gewohnten Lebensstandard verabschieden und mich mit den neuen Gegebenheiten arrangieren. Vielleicht waren diese Einschränkungen gut für mich, denn so ist der Unterschied zur Rente nicht mehr so krass.

Trotz meines guten Verdienstes wird meine Rente aufgrund der vielen selbstständigen Jahre nicht sehr üppig ausfallen. Ich werde mich, wie viele Frauen, deutlich einschränken müssen. Für mich heißt das vor allem, meine schöne Wohnung mit Aussicht aufzugeben und mir eine kleinere und günstigere Wohnung zu suchen. Auch meine drei bis vier Urlaube im Jahr sind dann Geschichte. Eine Traumreise werde ich mir schon gar nicht mehr leisten können. Teure Hobbies und Restaurantbesuche sind dann auch nicht mehr finanzierbar.

Wenn das Geld nicht ausreicht – Die leise Bedrohung im Ruhestand

So wie es mir mit der Rente geht, geht es der Mehrheit der Frauen. Altersarmut ist kein abstraktes Phänomen, sondern eine Realität, in der sich immer mehr Frauen wiederfinden. Trotz jahrelanger Berufstätigkeit, guter Ausbildung und sorgfältiger Lebensplanung sehen sie sich am Ende ihres Arbeitslebens mit einem Rentenbescheid konfrontiert, der kaum zum Leben reicht. Traditionelle Rollenbilder, Teilzeit- bzw. Care-Arbeit und die Abwesenheit der eigenen finanziellen (Zukunfts-)Planung wirken sich über Jahrzehnte kumulierend aus.

Die ZDF-Reportage „Frauen in der Armutsfalle – Viel Arbeit, wenig Lohn“ begleitet vier Frauen auf ihrem individuellen Weg – von der Generation des Schweigens bis zur jungen Studentin, die bereits heute auf ihre finanzielle Zukunft setzt. Ihre Lebensgeschichten verdeutlichen: Altersarmut ist kein persönliches Schicksal, sondern ein gesellschaftliches Versagen.

Frauen in der Armutsfalle - Hilde Fromm
Frauen in der Armutsfalle – Hilde Fromm

Sprachlosigkeit als Stolperfalle

Die 68-jährige Hilde Fromm verkörpert eine Generation, die „über Geld nicht spricht“. Als gelernte Rechtsanwaltsgehilfin bekam sie nach der Geburt ihrer beiden Töchter nur noch Jobs zu Niedriglöhnen. Auch wenn sie immer hart gearbeitet hat, fehlte ihr das Bewusstsein für die langfristige Bedeutung der Rentenabsicherung. Finanzplanung war ein ungeliebtes Thema, Riesterrente, Fondssparpläne oder private Rentenversicherungen spielten in ihrem Leben keine Rolle. Heute, wo jeder eingehende Cent sorgfältig kalkuliert werden muss, spürt sie die Folgen dieses Schweigens. Der Gang zur Tafel wird für sie zur Routine, und regelmäßige Besuche bei der LichtBlick Seniorenhilfe e. V. ermöglichen ihr erst den wöchentlichen Einkauf. Die einst moderne Frau fühlt sich von einer Gesellschaft im Stich gelassen, die Rentengerechtigkeit predigt, aber keine wirksamen Mechanismen schafft, um Frauen wie ihr einen würdigen Ruhestand zu ermöglichen.

Frauen in der Armutsfalle - Jana Schütze
Frauen in der Armutsfalle – Jana Schütze

Die Schattenseiten der Teilzeit

Jana Schütze ist 51 Jahre alt und war lange Jahre als OP-Assistenz in einem städtischen Klinikum tätig. Mit der Geburt ihres zweiten Kindes entschied sie sich bewusst für eine Reduzierung ihrer Arbeitszeit, um Familie und Beruf besser vereinbaren zu können. Die neue Stelle als Sterilisationsassistentin finanzierte zwar die Bedürfnisse der inzwischen sechsköpfigen Familie, führte jedoch zu einem drastischen Einkommensverlust – und damit auch zu einem spürbar geringeren Rentenkonto. Zunächst empfand Jana es als Erleichterung, nicht mehr jeden Nachmittag im Klinikkittel zu verbringen und sich den Kindern und dem Haushalt zu widmen. Erst Jahre später wurde ihr bewusst, wie stark sich diese Entscheidung auf ihre Zukunft auswirkt. Teilzeit bedeutet nicht nur weniger Gehalt im Hier und Jetzt, sondern auch eine schleichende, aber stetige Verringerung der späteren Rentenbezüge. Dabei hatte sie mit dem Management des Haushaltes und der Erziehung ihrer vier Kinder eigentlich einen zweiten (Teilzeit-)Job. Wenn Jana heute ihren Rentenbescheid liest, empfindet sie vor allem eines: Sorge. Und die Erkenntnis, dass sie über Jahre hinweg Entscheidungen getroffen hat, ohne das langfristige Risiko zu erkennen. Erst die Beratung der Deutschen Rentenversicherung machte ihr deutlich, dass ihr ja die Jahre der Kindererziehung auf die Rente angerechnet werden und ihre Rente damit um einiges höher ausfallen wird als anfangs gedacht.

Frauen in der Armutsfalle - Mandy Mewes
Frauen in der Armutsfalle – Mandy Mewes

Wenn der Absturz zum Alltag wird

Mandy Mewes, 47 Jahre alt und ehemalige Bundeswehrsoldatin und Militärpolizistin, hat gelernt, sich durchzusetzen und klar zu sagen, was sie will. Nach der Bundeswehr arbeitete sie als Betriebsleiterin in einem Sicherheitsunternehmen. Sie besaß alles, was man sich unter einem komfortablen Leben vorstellt: einen gut dotierten Job, Dienstwagen, regelmäßige Urlaube und eine großzügige Wohnung. Doch die Geburt ihrer Tochter und die anschließende Trennung von ihrem Partner führten sie in eine Welt, die sie sich nie hätte ausmalen können. Der Unterhalt blieb aus, die gemeinsam aufgenommenen Kredite waren weiterhin zu bedienen. Als alleinerziehende Mutter macht sie sich als Personalberaterin selbständig – das ging allerdings schief.

Aus finanzieller Unabhängigkeit wechselte das Leben in eine existenzielle Bedrohung: Mandy rutscht ins Bürgergeld. Plötzlich muss sie als Mutter eines Kleinkindes von 1.200 € leben. Die Verzweiflung sitzt tief, denn Mandy ahnt: Wenn sie heute schon mit knapper Not über die Runden kommt, droht ihr im Alter völlige Verarmung. Die Reportage zeigt, wie wenig Rücklagen bei vielen alleinerziehenden Müttern möglich sind und wie schnell die dünne Fassade von Stabilität einstürzen kann. Heute gibt Mandy ihre Erfahrung aus der Bundeswehrzeit an junge Frauen weiter und bringt ihnen in einem Selbstverteidigungskurs bei, übergriffigen Männer Grenzen zu zeigen. Denn sie weiß, dass das Erlernte für die Frauen auch in anderen Lebenssituationen hilfreich sein kann. Trotz einer Weiterbildung sucht sie immer noch einen neuen Arbeitsplatz, denn sie würde sehr gerne wieder selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen.

Frauen in der Armutsfalle - Laura Stuhldreier
Frauen in der Armutsfalle – Laura Stuhldreier

Vorsorge als Akt der Selbstermächtigung

Die 22-jährige Studentin Laura Stuhldreier gehört zur ersten Generation, die scheinbar selbstverständlich Zugang zu Finanzinformationen und digitalen Anlagemöglichkeiten hat. Während ihre Großmütter und Mütter oftmals aus Unsicherheit oder Unwissenheit auf eine private Altersvorsorge verzichteten, hat sie bereits im ersten Semester begonnen, kleine Beträge in einen ETF-Sparplan zu investieren. Dank des Zinseszinseffekts und der langfristigen Wachstumsprognosen sieht sie ihre Strategie als Versicherung gegen eine ungewisse Rentenrealität. Für Laura ist klar, dass finanzielle Selbstbestimmung kein Thema ist, das man aufschiebt: Wer früh beginnt, profitiert später umso mehr. Mithilfe von Blogs, Podcasts und YouTube-Kanälen hat sie sich Wissen angeeignet, das ihr Umfeld oft belächelt, das für ihre Generation aber überlebenswichtig sein könnte. An der Universität Münster studiert sie Volkswirtschaftslehre und organisiert mit einigen Studienkolleginnen nebenbei einen Kurs für Frauen. Darin gibt sie ihr Wissen und ihre Erfahrungen über ihren Umgang mit der Altersvorsorge weiter.

Wege aus der Armutsfalle

Die Lebensgeschichten von Hilde, Jana, Mandy und Laura zeigen eines unmissverständlich: Ohne strukturelle Änderungen werden noch viele Frauen in eine Zukunft ohne ausreichende finanzielle Mittel rutschen. Es braucht eine neue Offenheit, damit über Geld gesprochen wird – von der Schule bis ins Berufsleben. Jobs, die heute noch als familienfreundlich gelten, müssen so gestaltet werden, dass sie die Rentenansprüche nicht ausdünnen. Arbeitgeber sind gefordert, transparente Lohnstrukturen zu etablieren und gleiche Bezahlung für alle Geschlechter zu garantieren. Die Politik wiederum muss gezielt Anreize setzen, damit Frauen unabhängig von ihrer Lebenssituation frühzeitig in die Altersvorsorge investieren können.

Solidarische Netzwerke und niedrigschwellige Beratungsangebote können betroffene Frauen unterstützen, finanzielle Stolperfallen zu erkennen und zu umschiffen. Nur wenn jeder Akteur – von der Einzelperson bis zur Gesellschaft – Verantwortung übernimmt, lässt sich die Armutsfalle endgültig schließen und das Leben und Altern in Würde und Sicherheit gewährleisten.

Einen Tipp habe ich noch aus persönlicher Erfahrung:
Es ist sehr hilfreich, frühzeitig einen Termin bei der Deutschen Rentenversicherung zu vereinbaren. Die Beratung ist kostenlos. So kann man sicher sein, dass auch alle anrechenbaren Zeiten, z. B. Studienjahre, Elternzeit, Kindererziehung, in einem Rentenbescheid berücksichtigt werden. Und vielleicht kommt dann ja die Überraschung und die Rente ist höher als ursprünglich gedacht.


Die ZDF-Reportage „Frauen in der Armutsfalle“ ist noch bis Januar 2030 verfügbar.

Wir haben uns bereits in einem älteren Beitrag mit der Gleichberechtigung der Frauen beschäftigt. 

Weitere Informationen finden Sie bei der Lichtblick Seniorenhilfe e. V.
und der Deutschen Rentenversicherung.

Hebamme – Ein unverzichtbarer Beruf mit großen Herausforderungen

Hebamme – Ein unverzichtbarer Beruf mit großen Herausforderungen

Hebammen haben eine wichtige Aufgabe in der Geburtshilfe und der Betreuung werdender Mütter. Für werdende Mütter wird es immer schwieriger, eine Hebamme zu finden, die sie durch ihre Schwangerschaft begleitet. Dabei ist der Hebammenmangel längst kein neues Thema mehr. In ländlichen Regionen gibt es oft nur wenige Hebammen, die eine große Anzahl an Frauen versorgen müssen. Die freiberuflichen Hebammen haben mit schwierigen Arbeitsbedingungen zu kämpfen, darunter hohe Versicherungskosten, unzureichende Honorare und unregelmäßige Arbeitszeiten.

Gerade die Geburtshilfe ist für viele Hebammen nicht mehr tragbar, weil die Kosten für die Berufshaftpflichtversicherung immens hoch sind. Das führt dazu, dass immer weniger Hebammen Geburtshilfe anbieten und den Fokus auf die Vor- und Nachsorge legen. In vielen ländlichen Regionen gibt es mittlerweile kaum noch Hebammen, sodass Hebammen und Schwangere weite Strecken fahren müssen, um eine entsprechende Betreuung rund um die Geburt zu geben und zu erhalten. Auch die Arbeit in abgelegenen Regionen ist häufig mit großen Herausforderungen verbunden. Während die Hebammen in den Städten meist in Kliniken oder Geburtshäusern arbeiten, müssen sie auf dem Land oft lange Wegstrecken zurücklegen, um Frauen in der Schwangerschaft, unter der Geburt oder im Wochenbett zu betreuen. Das bedeutet nicht nur eine hohe zeitliche Belastung, sondern auch eine große logistische Herausforderung.

Hebamme untersucht Bauch einer schwangeren Frau mit CTG-Scan in der Praxis

Daniela Becherer – Hebamme mit Herz und Haltung im Schwarzwald

​In der SWR-Dokumentation „Friederike klopft an: Daniela – die Hebamme auf dem Land“ gibt Daniela Einblicke in ihren Alltag. Sie spricht über die Herausforderungen, die mit ihrer Arbeit verbunden sind, und darüber, wie sie versucht, sich selbst dabei nicht zu verlieren. Die Dokumentation zeigt, mit wie viel Herzblut sie sich für die bestmögliche Versorgung schwangerer Frauen auf dem Land einsetzt.​

Wer Daniela Becherer kennenlernt, merkt schnell: Diese Frau ist ganz in ihrem Element. Seit über 20 Jahren begleitet sie Frauen rund um Geburt, Schwangerschaft und Stillzeit – mit viel Engagement, medizinischem Wissen und menschlicher Wärme. Doch Daniela ist nicht nur Hebamme, sondern auch Mutter von zwei Töchtern. Sie weiß also genau, was diese Zeit für die Frauen bedeutet.

Familie als Rückhalt – und Herausforderung

Danielas Lebensmittelpunkt ist ihre Familie. Mit ihrem Mann und den zwei Kindern lebt sie in einem kleinen Ort im Schwarzwald. Ganz in der Nähe, in St. Georgen, hat sie gemeinsam mit einer Gynäkologin und einer Hebammen-Kollegin Praxisräume gemietet. Ihre Kinder sind inzwischen im Schulalter, was den Familienalltag abwechslungsreich – und manchmal auch chaotisch – gestaltet. Die morgendlichen Abläufe gleichen einem kleinen Orchester: Brotdosen packen, Turnbeutel kontrollieren, Kinder motivieren, anziehen, verabschieden. Und dann: ab ins Auto, oft direkt zum ersten Hausbesuch. Doch das System Becherer funktioniert. Klare Absprachen, feste Rituale und die Bereitschaft aller, mitanzupacken, helfen dabei, dass sich niemand verliert. Daniela und ihr Mann teilen sich die Care-Arbeit so auf, dass Freiräume entstehen – auch wenn spontane Notfälle manchmal alles über den Haufen werfen. „Flexibilität ist bei uns kein Schlagwort – sondern gelebte Realität“, sagt Daniela mit einem Schmunzeln.

Hebamme sitzt im Auto auf dem Weg zu einer Patientin

Berufung mit System

In ihrer Hebammenpraxis bietet Daniela viele Leistungen an: Von der Schwangerenvorsorge über Geburtsvorbereitung bis zur Wochenbettbetreuung, Rückbildung und Stillberatung. Die Kurse finden entweder vor Ort oder – je nach Bedarf – auch online statt. Neben ihrem fachlichen Wissen hat sie eine zusätzliche Qualifikation als Krankenschwester, was ihr ermöglicht, über die Geburtsvorbereitung und -nachsorge hinaus, Müttern weitere Angebote zu machen

Auch die Naturheilkundliche Begleitung ist ihr wichtig. Akupunktur gehört für Daniela zur Vorbereitung der Mütter auf die Geburt dazu – nicht nur zur Linderung von Beschwerden, sondern auch zur mentalen Stärkung. Ihre Philosophie: Frauen in ihrer Selbstwirksamkeit zu unterstützen, deren Vertrauen in den eigenen Körper aufzubauen und Geburt nicht nur als medizinischen Vorgang, sondern als Lebensereignis zu begreifen.

Logistik trifft Herzarbeit

Der Alltag als Landhebamme bedeutet: viele Kilometer auf der Straße. Ihre Patientinnen wohnen weit verstreut in der ländlichen Region um Triberg, Schönwald und St. Georgen. Manchmal sind es täglich über 100 Kilometer, die sie zwischen Kursen, Hausbesuchen und Notfällen zurücklegt. In der Doku „Friederike klopft an“ schildert Daniela, wie ihre Arbeit sie manchmal bis an die Grenze der Erschöpfung bringt – weil sie nicht nur ihren Beruf liebt, sondern auch spürt, wie dringend sie gebraucht wird. Die Gesundheitsversorgung auf dem Land ist lückenhaft, Hebammen sind rar. Daniela steht oft unter Druck – emotional wie organisatorisch. Doch sie lässt sich nicht unterkriegen. Um nicht auszubrennen, hat sich die Familie kleine, aber wirkungsvolle Routinen geschaffen: Gemeinsame Abendessen, Waldspaziergänge am Wochenende, Zeitfenster ohne Handy oder Dienstbereitschaft. Daniela nennt das „Anker im Alltag“. Und wenn ihr alles zu viel wird, geht sie zu ihren Bienen. Hier findet sie die Ruhe, die sie braucht, um ihre Akkus wieder aufzuladen.

Imkerin versorgt ihre Bienen am Stock, einige Biene schwirren aus

Politisches Engagement als Teil der Lösung

Über ihre Arbeit hinaus engagiert sich Daniela für bessere Rahmenbedingungen in der Geburtshilfe. Sie war mehrere Jahre im Vorstand des Landesverbandes der Hebammen Baden-Württemberg tätig. Ihr Ziel: die Arbeitsbedingungen für Hebammen zu verbessern und die Versorgungslage auf dem Land weiter auszubauen.

Stimmen der betreuten Familien: Nähe, die bleibt

Wer mit Daniela gearbeitet hat, bleibt oft lange mit ihr verbunden. Die Rückmeldungen der Eltern sind voller Dankbarkeit – für ihre ruhige, stärkende Art, für die offenen Gespräche, die praktischen Tipps und den Humor, wenn’s mal schwierig wurde. Und nicht selten hört Daniela beim Hausbesuch ein fröhliches Kinderlachen: „Mama, die Hebamme ist wieder da!“

Zwischen Kraftakt und Herzenssache

Daniela Becherer ist eine Frau, die mit ihrer Arbeit einen echten Unterschied macht. Als Mutter, Partnerin, Hebamme und Netzwerkerin lebt sie ein Modell, das zeigt: Mit Organisation, Teamgeist – und ganz viel Herz – lässt sich auch ein scheinbar unmöglicher Alltag meistern. Ihre Geschichte ist eine, die Mut macht. Sie zeigt, wie wertvoll Hebammenarbeit ist – für jede einzelne Familie und für unsere Gesellschaft.


Für mehr Infos und persönliche Einblicke besucht gern Danielas Website: www.hebamme-becherer.de
Dokumentation Daniela – die Hebamme auf dem Land (SWR) (verfügbar bis 27.3.2027)
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