Frauen verdienen im Beruf immer noch weniger als Männer in vergleichbaren Positionen. Zusätzlich managen Frauen den Haushalt, erziehen häufig die Kinder, sind stark in der Care-Arbeit und pflegen die Angehörigen. Ihr Risiko in der Alternsarmut zu landen, unterschätzen die meisten, zudem kümmern sich nur wenige um ihre Finanzen. Rund 70 Prozent der heute berufstätigen Frauen müssen damit rechnen, sich im Alter drastisch einschränken zu müssen.
Frauen in der Armutsfalle – Statistik
Ein persönlicher Einblick
Das wird mir sehr wahrscheinlich auch so gehen. Ich werde dieses Jahr 63 – ok, der offiziellen Renteneintritt ist zwar erst 2029, aber will ich wirklich noch so lange arbeiten? Die Frage stelle ich mir immer wieder.
Ich habe sofort nach meinem Studium 1986 angefangen zu arbeiten – 30 Jahre festangestellt und in Vollzeit. Für „weibliche“ Verhältnisse habe ich immer gut verdient. Im Januar 2015 wurde ich entlassen – genau wie meine 2.999 Kollegen:innen. Ich war Anfang 50 und die freundlichsten Absagen bei der Suche nach einer neuen Stelle waren „Sie sind unflexibel!“ (heißt: sie haben zu viel Erfahrung und wir können sie nicht mehr nach unseren Wünschen formen) und „Sie sind überqualifiziert!“ (heißt: wir müssen ihnen ein gutes Gehalt zahlen und dazu sind wir nicht bereit).
Also habe ich mich selbständig gemacht und bin es bis heute. Der Wechsel von einer Festanstellung in die Selbständigkeit war ein Schritt vom sicheren und geregelten monatlichen Auskommen hin zu Monaten mit nur begrenzt planbaren und wechselhaften Umsätzen. Ich musste mich von meinem bis dato gewohnten Lebensstandard verabschieden und mich mit den neuen Gegebenheiten arrangieren. Vielleicht waren diese Einschränkungen gut für mich, denn so ist der Unterschied zur Rente nicht mehr so krass.
Trotz meines guten Verdienstes wird meine Rente aufgrund der vielen selbstständigen Jahre nicht sehr üppig ausfallen. Ich werde mich, wie viele Frauen, deutlich einschränken müssen. Für mich heißt das vor allem, meine schöne Wohnung mit Aussicht aufzugeben und mir eine kleinere und günstigere Wohnung zu suchen. Auch meine drei bis vier Urlaube im Jahr sind dann Geschichte. Eine Traumreise werde ich mir schon gar nicht mehr leisten können. Teure Hobbies und Restaurantbesuche sind dann auch nicht mehr finanzierbar.
Wenn das Geld nicht ausreicht – Die leise Bedrohung im Ruhestand
So wie es mir mit der Rente geht, geht es der Mehrheit der Frauen. Altersarmut ist kein abstraktes Phänomen, sondern eine Realität, in der sich immer mehr Frauen wiederfinden. Trotz jahrelanger Berufstätigkeit, guter Ausbildung und sorgfältiger Lebensplanung sehen sie sich am Ende ihres Arbeitslebens mit einem Rentenbescheid konfrontiert, der kaum zum Leben reicht. Traditionelle Rollenbilder, Teilzeit- bzw. Care-Arbeit und die Abwesenheit der eigenen finanziellen (Zukunfts-)Planung wirken sich über Jahrzehnte kumulierend aus.
Die ZDF-Reportage „Frauen in der Armutsfalle – Viel Arbeit, wenig Lohn“ begleitet vier Frauen auf ihrem individuellen Weg – von der Generation des Schweigens bis zur jungen Studentin, die bereits heute auf ihre finanzielle Zukunft setzt. Ihre Lebensgeschichten verdeutlichen: Altersarmut ist kein persönliches Schicksal, sondern ein gesellschaftliches Versagen.
Frauen in der Armutsfalle – Hilde Fromm
Sprachlosigkeit als Stolperfalle
Die 68-jährige Hilde Fromm verkörpert eine Generation, die „über Geld nicht spricht“. Als gelernte Rechtsanwaltsgehilfin bekam sie nach der Geburt ihrer beiden Töchter nur noch Jobs zu Niedriglöhnen. Auch wenn sie immer hart gearbeitet hat, fehlte ihr das Bewusstsein für die langfristige Bedeutung der Rentenabsicherung. Finanzplanung war ein ungeliebtes Thema, Riesterrente, Fondssparpläne oder private Rentenversicherungen spielten in ihrem Leben keine Rolle. Heute, wo jeder eingehende Cent sorgfältig kalkuliert werden muss, spürt sie die Folgen dieses Schweigens. Der Gang zur Tafel wird für sie zur Routine, und regelmäßige Besuche bei der LichtBlick Seniorenhilfe e. V. ermöglichen ihr erst den wöchentlichen Einkauf. Die einst moderne Frau fühlt sich von einer Gesellschaft im Stich gelassen, die Rentengerechtigkeit predigt, aber keine wirksamen Mechanismen schafft, um Frauen wie ihr einen würdigen Ruhestand zu ermöglichen.
Frauen in der Armutsfalle – Jana Schütze
Die Schattenseiten der Teilzeit
Jana Schütze ist 51 Jahre alt und war lange Jahre als OP-Assistenz in einem städtischen Klinikum tätig. Mit der Geburt ihres zweiten Kindes entschied sie sich bewusst für eine Reduzierung ihrer Arbeitszeit, um Familie und Beruf besser vereinbaren zu können. Die neue Stelle als Sterilisationsassistentin finanzierte zwar die Bedürfnisse der inzwischen sechsköpfigen Familie, führte jedoch zu einem drastischen Einkommensverlust – und damit auch zu einem spürbar geringeren Rentenkonto. Zunächst empfand Jana es als Erleichterung, nicht mehr jeden Nachmittag im Klinikkittel zu verbringen und sich den Kindern und dem Haushalt zu widmen. Erst Jahre später wurde ihr bewusst, wie stark sich diese Entscheidung auf ihre Zukunft auswirkt. Teilzeit bedeutet nicht nur weniger Gehalt im Hier und Jetzt, sondern auch eine schleichende, aber stetige Verringerung der späteren Rentenbezüge. Dabei hatte sie mit dem Management des Haushaltes und der Erziehung ihrer vier Kinder eigentlich einen zweiten (Teilzeit-)Job. Wenn Jana heute ihren Rentenbescheid liest, empfindet sie vor allem eines: Sorge. Und die Erkenntnis, dass sie über Jahre hinweg Entscheidungen getroffen hat, ohne das langfristige Risiko zu erkennen. Erst die Beratung der Deutschen Rentenversicherung machte ihr deutlich, dass ihr ja die Jahre der Kindererziehung auf die Rente angerechnet werden und ihre Rente damit um einiges höher ausfallen wird als anfangs gedacht.
Frauen in der Armutsfalle – Mandy Mewes
Wenn der Absturz zum Alltag wird
Mandy Mewes, 47 Jahre alt und ehemalige Bundeswehrsoldatin und Militärpolizistin, hat gelernt, sich durchzusetzen und klar zu sagen, was sie will. Nach der Bundeswehr arbeitete sie als Betriebsleiterin in einem Sicherheitsunternehmen. Sie besaß alles, was man sich unter einem komfortablen Leben vorstellt: einen gut dotierten Job, Dienstwagen, regelmäßige Urlaube und eine großzügige Wohnung. Doch die Geburt ihrer Tochter und die anschließende Trennung von ihrem Partner führten sie in eine Welt, die sie sich nie hätte ausmalen können. Der Unterhalt blieb aus, die gemeinsam aufgenommenen Kredite waren weiterhin zu bedienen. Als alleinerziehende Mutter macht sie sich als Personalberaterin selbständig – das ging allerdings schief.
Aus finanzieller Unabhängigkeit wechselte das Leben in eine existenzielle Bedrohung: Mandy rutscht ins Bürgergeld. Plötzlich muss sie als Mutter eines Kleinkindes von 1.200 € leben. Die Verzweiflung sitzt tief, denn Mandy ahnt: Wenn sie heute schon mit knapper Not über die Runden kommt, droht ihr im Alter völlige Verarmung. Die Reportage zeigt, wie wenig Rücklagen bei vielen alleinerziehenden Müttern möglich sind und wie schnell die dünne Fassade von Stabilität einstürzen kann. Heute gibt Mandy ihre Erfahrung aus der Bundeswehrzeit an junge Frauen weiter und bringt ihnen in einem Selbstverteidigungskurs bei, übergriffigen Männer Grenzen zu zeigen. Denn sie weiß, dass das Erlernte für die Frauen auch in anderen Lebenssituationen hilfreich sein kann. Trotz einer Weiterbildung sucht sie immer noch einen neuen Arbeitsplatz, denn sie würde sehr gerne wieder selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen.
Frauen in der Armutsfalle – Laura Stuhldreier
Vorsorge als Akt der Selbstermächtigung
Die 22-jährige Studentin Laura Stuhldreier gehört zur ersten Generation, die scheinbar selbstverständlich Zugang zu Finanzinformationen und digitalen Anlagemöglichkeiten hat. Während ihre Großmütter und Mütter oftmals aus Unsicherheit oder Unwissenheit auf eine private Altersvorsorge verzichteten, hat sie bereits im ersten Semester begonnen, kleine Beträge in einen ETF-Sparplan zu investieren. Dank des Zinseszinseffekts und der langfristigen Wachstumsprognosen sieht sie ihre Strategie als Versicherung gegen eine ungewisse Rentenrealität. Für Laura ist klar, dass finanzielle Selbstbestimmung kein Thema ist, das man aufschiebt: Wer früh beginnt, profitiert später umso mehr. Mithilfe von Blogs, Podcasts und YouTube-Kanälen hat sie sich Wissen angeeignet, das ihr Umfeld oft belächelt, das für ihre Generation aber überlebenswichtig sein könnte. An der Universität Münster studiert sie Volkswirtschaftslehre und organisiert mit einigen Studienkolleginnen nebenbei einen Kurs für Frauen. Darin gibt sie ihr Wissen und ihre Erfahrungen über ihren Umgang mit der Altersvorsorge weiter.
Wege aus der Armutsfalle
Die Lebensgeschichten von Hilde, Jana, Mandy und Laura zeigen eines unmissverständlich: Ohne strukturelle Änderungen werden noch viele Frauen in eine Zukunft ohne ausreichende finanzielle Mittel rutschen. Es braucht eine neue Offenheit, damit über Geld gesprochen wird – von der Schule bis ins Berufsleben. Jobs, die heute noch als familienfreundlich gelten, müssen so gestaltet werden, dass sie die Rentenansprüche nicht ausdünnen. Arbeitgeber sind gefordert, transparente Lohnstrukturen zu etablieren und gleiche Bezahlung für alle Geschlechter zu garantieren. Die Politik wiederum muss gezielt Anreize setzen, damit Frauen unabhängig von ihrer Lebenssituation frühzeitig in die Altersvorsorge investieren können.
Solidarische Netzwerke und niedrigschwellige Beratungsangebote können betroffene Frauen unterstützen, finanzielle Stolperfallen zu erkennen und zu umschiffen. Nur wenn jeder Akteur – von der Einzelperson bis zur Gesellschaft – Verantwortung übernimmt, lässt sich die Armutsfalle endgültig schließen und das Leben und Altern in Würde und Sicherheit gewährleisten.
Einen Tipp habe ich noch aus persönlicher Erfahrung: Es ist sehr hilfreich, frühzeitig einen Termin bei der Deutschen Rentenversicherung zu vereinbaren. Die Beratung ist kostenlos. So kann man sicher sein, dass auch alle anrechenbaren Zeiten, z. B. Studienjahre, Elternzeit, Kindererziehung, in einem Rentenbescheid berücksichtigt werden. Und vielleicht kommt dann ja die Überraschung und die Rente ist höher als ursprünglich gedacht.
Hebammen haben eine wichtige Aufgabe in der Geburtshilfe und der Betreuung werdender Mütter. Für werdende Mütter wird es immer schwieriger, eine Hebamme zu finden, die sie durch ihre Schwangerschaft begleitet. Dabei ist der Hebammenmangel längst kein neues Thema mehr. In ländlichen Regionen gibt es oft nur wenige Hebammen, die eine große Anzahl an Frauen versorgen müssen. Die freiberuflichen Hebammen haben mit schwierigen Arbeitsbedingungen zu kämpfen, darunter hohe Versicherungskosten, unzureichende Honorare und unregelmäßige Arbeitszeiten.
Gerade die Geburtshilfe ist für viele Hebammen nicht mehr tragbar, weil die Kosten für die Berufshaftpflichtversicherung immens hoch sind. Das führt dazu, dass immer weniger Hebammen Geburtshilfe anbieten und den Fokus auf die Vor- und Nachsorge legen. In vielen ländlichen Regionen gibt es mittlerweile kaum noch Hebammen, sodass Hebammen und Schwangere weite Strecken fahren müssen, um eine entsprechende Betreuung rund um die Geburt zu geben und zu erhalten. Auch die Arbeit in abgelegenen Regionen ist häufig mit großen Herausforderungen verbunden. Während die Hebammen in den Städten meist in Kliniken oder Geburtshäusern arbeiten, müssen sie auf dem Land oft lange Wegstrecken zurücklegen, um Frauen in der Schwangerschaft, unter der Geburt oder im Wochenbett zu betreuen. Das bedeutet nicht nur eine hohe zeitliche Belastung, sondern auch eine große logistische Herausforderung.
Daniela Becherer – Hebamme mit Herz und Haltung im Schwarzwald
In der SWR-Dokumentation „Friederike klopft an: Daniela – die Hebamme auf dem Land“ gibt Daniela Einblicke in ihren Alltag. Sie spricht über die Herausforderungen, die mit ihrer Arbeit verbunden sind, und darüber, wie sie versucht, sich selbst dabei nicht zu verlieren. Die Dokumentation zeigt, mit wie viel Herzblut sie sich für die bestmögliche Versorgung schwangerer Frauen auf dem Land einsetzt.
Wer Daniela Becherer kennenlernt, merkt schnell: Diese Frau ist ganz in ihrem Element. Seit über 20 Jahren begleitet sie Frauen rund um Geburt, Schwangerschaft und Stillzeit – mit viel Engagement, medizinischem Wissen und menschlicher Wärme. Doch Daniela ist nicht nur Hebamme, sondern auch Mutter von zwei Töchtern. Sie weiß also genau, was diese Zeit für die Frauen bedeutet.
Familie als Rückhalt – und Herausforderung
Danielas Lebensmittelpunkt ist ihre Familie. Mit ihrem Mann und den zwei Kindern lebt sie in einem kleinen Ort im Schwarzwald. Ganz in der Nähe, in St. Georgen, hat sie gemeinsam mit einer Gynäkologin und einer Hebammen-Kollegin Praxisräume gemietet. Ihre Kinder sind inzwischen im Schulalter, was den Familienalltag abwechslungsreich – und manchmal auch chaotisch – gestaltet. Die morgendlichen Abläufe gleichen einem kleinen Orchester: Brotdosen packen, Turnbeutel kontrollieren, Kinder motivieren, anziehen, verabschieden. Und dann: ab ins Auto, oft direkt zum ersten Hausbesuch. Doch das System Becherer funktioniert. Klare Absprachen, feste Rituale und die Bereitschaft aller, mitanzupacken, helfen dabei, dass sich niemand verliert. Daniela und ihr Mann teilen sich die Care-Arbeit so auf, dass Freiräume entstehen – auch wenn spontane Notfälle manchmal alles über den Haufen werfen. „Flexibilität ist bei uns kein Schlagwort – sondern gelebte Realität“, sagt Daniela mit einem Schmunzeln.
Berufung mit System
In ihrer Hebammenpraxis bietet Daniela viele Leistungen an: Von der Schwangerenvorsorge über Geburtsvorbereitung bis zur Wochenbettbetreuung, Rückbildung und Stillberatung. Die Kurse finden entweder vor Ort oder – je nach Bedarf – auch online statt. Neben ihrem fachlichen Wissen hat sie eine zusätzliche Qualifikation als Krankenschwester, was ihr ermöglicht, über die Geburtsvorbereitung und -nachsorge hinaus, Müttern weitere Angebote zu machen
Auch die Naturheilkundliche Begleitung ist ihr wichtig. Akupunktur gehört für Daniela zur Vorbereitung der Mütter auf die Geburt dazu – nicht nur zur Linderung von Beschwerden, sondern auch zur mentalen Stärkung. Ihre Philosophie: Frauen in ihrer Selbstwirksamkeit zu unterstützen, deren Vertrauen in den eigenen Körper aufzubauen und Geburt nicht nur als medizinischen Vorgang, sondern als Lebensereignis zu begreifen.
Logistik trifft Herzarbeit
Der Alltag als Landhebamme bedeutet: viele Kilometer auf der Straße. Ihre Patientinnen wohnen weit verstreut in der ländlichen Region um Triberg, Schönwald und St. Georgen. Manchmal sind es täglich über 100 Kilometer, die sie zwischen Kursen, Hausbesuchen und Notfällen zurücklegt. In der Doku „Friederike klopft an“ schildert Daniela, wie ihre Arbeit sie manchmal bis an die Grenze der Erschöpfung bringt – weil sie nicht nur ihren Beruf liebt, sondern auch spürt, wie dringend sie gebraucht wird. Die Gesundheitsversorgung auf dem Land ist lückenhaft, Hebammen sind rar. Daniela steht oft unter Druck – emotional wie organisatorisch. Doch sie lässt sich nicht unterkriegen. Um nicht auszubrennen, hat sich die Familie kleine, aber wirkungsvolle Routinen geschaffen: Gemeinsame Abendessen, Waldspaziergänge am Wochenende, Zeitfenster ohne Handy oder Dienstbereitschaft. Daniela nennt das „Anker im Alltag“. Und wenn ihr alles zu viel wird, geht sie zu ihren Bienen. Hier findet sie die Ruhe, die sie braucht, um ihre Akkus wieder aufzuladen.
Politisches Engagement als Teil der Lösung
Über ihre Arbeit hinaus engagiert sich Daniela für bessere Rahmenbedingungen in der Geburtshilfe. Sie war mehrere Jahre im Vorstand des Landesverbandes der Hebammen Baden-Württemberg tätig. Ihr Ziel: die Arbeitsbedingungen für Hebammen zu verbessern und die Versorgungslage auf dem Land weiter auszubauen.
Stimmen der betreuten Familien: Nähe, die bleibt
Wer mit Daniela gearbeitet hat, bleibt oft lange mit ihr verbunden. Die Rückmeldungen der Eltern sind voller Dankbarkeit – für ihre ruhige, stärkende Art, für die offenen Gespräche, die praktischen Tipps und den Humor, wenn’s mal schwierig wurde. Und nicht selten hört Daniela beim Hausbesuch ein fröhliches Kinderlachen: „Mama, die Hebamme ist wieder da!“
Zwischen Kraftakt und Herzenssache
Daniela Becherer ist eine Frau, die mit ihrer Arbeit einen echten Unterschied macht. Als Mutter, Partnerin, Hebamme und Netzwerkerin lebt sie ein Modell, das zeigt: Mit Organisation, Teamgeist – und ganz viel Herz – lässt sich auch ein scheinbar unmöglicher Alltag meistern. Ihre Geschichte ist eine, die Mut macht. Sie zeigt, wie wertvoll Hebammenarbeit ist – für jede einzelne Familie und für unsere Gesellschaft.
Leen, Nermina, Carola, Ingrid, Wesam, Alisa – diese sechs Frauen im Alter zwischen 14 und 87 Jahren teilen ein Schicksal. Sie haben ihre Kindheit in Zeiten erlebt, die in ihrem Land Krieg bedeutete. Krieg in Deutschland, Krieg in Bosnien und Krieg in Syrien. Die Dokumentation der ARD erzählt die Geschichten dieser Frauen. Sie alle erlebten den Verlust, kämpften für einen Neuanfang und hielten trotz der Umstände an ihren Träumen fest. Ihre Schicksale zeigen, wie Krieg das Leben von Generationen prägt – aber auch, dass die Hoffnung nie ganz verschwindet.
Verlust – Das Ende der Kindheit
Krieg bedeutet Angst, Zerstörung und den Verlust alles Vertrauten.
Leen war drei Jahre alt, als der Krieg in Syrien begann. Sie musste schon als Kleinkind den Tod ihres Vaters erleben, der vom sogenannten „Islamischen Staat“ ermordet wurde. „Ich war noch so klein, als mein Vater gestorben ist. Sein Tod hat eine Lücke hinterlassen, die nicht mehr gefüllt werden kann.“ 2018 floh sie mit ihrer Schwester und ihrer Mutter über Marokko, Spanien und Frankreich nach Deutschland. Bis heute wissen sie nicht, ob sie bleiben dürfen. In Syrien lebte die Familie in einem großen Haus, heute lebt Leen mit ihrer Mutter und Schwester in einem Zimmer im Flüchtlingslager.
Nermina ist in Zivinice, zweieinhalb Stunden von Sarajevo (Bosnien) entfernt, aufgewachsen. Als 1992 der Krieg in Bosnien ausbrach, war sie 10 Jahre alt. Musste sie mit ihren Eltern bei Angriffen in den Bunker laufen, hatte Nermina immer einen Rucksack dabei, mit dem sie ein bisschen Kleidung, eine Kerze und ein Mensch-Ärgere-Dich-Nicht Spiel bei sich tragen konnte. Nach dem Krieg gab es in ihrer Heimat für sie keine Perspektive mehr; heute lebt Nermina in Deutschland. „Die Flucht war das Schlimmste. Alles Vertraute zurückzulassen und ins Ungewisse gehen, hat mich tief geprägt.“
Ingrid ist 1941 als zweites von fünf Kindern mitten im zweiten Weltkrieg geboren. Ihre Mutter war glühende Anhängerin des Nazi-Regimes. Als Mädchen hat sie ihren Vater wegen des Krieges jahrelang nicht gesehen und wurde früh mit Angst und Entbehrung konfrontiert. Sie erinnert sich heute noch an die Nächte im Luftschutzkeller, an das Heulen der Sirenen. Diese Bilder lassen sie nicht los. Sie ist zutiefst erschüttert, wenn sie daran denkt, dass das Leid, wie sie es erlebt hat, aktuell in der Ukraine über tausende von Familien hereinbricht.
Alisa wurde in Sarajevo (Bosnien) geboren. Kurz vor ihrem dritten Geburtstag musste sie zusammen mit ihren Eltern aus ihrer Heimat fliehen. „Wir mussten alles zurücklassen. Die Ungewissheit war das Schlimmste.“ Trotz aller Anstrengungen sind ihre Eltern in Deutschland immer Fremde geblieben. Heimat ist für Alisa ein ambivalentes Wort.
Carola war 4 Jahre alt, als 1939 der Zweite Weltkrieg begann. Ihre Mutter war fast blind und ihr Vater beim Militär. So musste das kleine Mädchen bei Bombenangriffen die Mutter und ihre kleineren Geschwister zum Bunker führen. Am 5. Oktober 1944 schlug eine Bombe in ihr Elternhaus in Saarbrücken ein und legte es in Schutt und Asche. „Ich erinnere mich an den Tag, als unser Haus zerstört wurde. Es war der Moment, in dem meine Kindheit endete.“ Sie hatten nur noch, was sie am Leib trugen, und in den kleinen Taschen hatten, aber am wichtigsten war für Carola der Zusammenhalt. „Wir hatten uns noch“ sagt sie.
Bis zur achten Klasse ging Wesam in Syrien zur Schule. Zukunftspläne konnte sie nicht machen, denn sie wusste nie, ob sie den nächsten Tag noch erleben würde. „Als ich mit meiner kleinen Schwester unser Zuhause verließ“, sagt sie, „wusste ich nicht, ob ich meine Familie jemals wiedersehen würde.“ Sie floh erst in die Türkei und kam dann nach Deutschland.
In den Erzählungen der Frauen ist immer wieder zu erkennen, dass es die Machthaber sind, die diese Kriege wollen. Wenn man die Bevölkerung fragen würde, wollte das niemand. Die Kinder leiden am meisten, an zweiter Stelle die Mütter und die Männer, die ihre Familien verlassen und in den Krieg ziehen müssen, um ihr Land zu verteidigen.
Neuanfang – Zwischen Fremde und Hoffnung
Nach der Flucht begann für die Frauen ein langer, mühsamer Weg.
„Wir hatten nichts mehr, aber wir hatten uns. Das gab uns die Kraft, neu anzufangen“ erzählt Carola. Trotz aller Schicksalsschläge, die sie in ihrem langen Leben ertragen musste, hat sie das Singen nicht verlernt. „Musik bedeutet für mich einfach das Leben.“ 2012 lernt Carola ihren Lebensgefährten kennen. Die beiden wollen gemeinsam alt werden, zuhause und nicht in einem Altenheim.
Auch Ingrid wuchs in den Trümmern des zerstörten Deutschlands auf. Sie lernte früh, sich durchzukämpfen, denn als Kind und Jugendliche hat sie gelispelt und wurde dafür von ihrer Mutter geschlagen. Gemäß der Nazi-Ideologie hatte sie keine gesunde Tochter zur Welt gebracht, das war eine Schande. Ingrid erzählt, wenn sie immer daran gedacht hätte, wie schlimm alles gewesen ist, wäre sie nicht die Frau geworden, die sie heute ist. „Es war eine harte Zeit, aber wir haben gelernt, mit wenig auszukommen und trotzdem glücklich zu sein.“
Für Wesam bedeutete das neue Leben in Deutschland nicht nur Sicherheit, sondern auch Herausforderungen. Für sie heißt positiv denken nicht darauf zu schauen, was sie verloren hat (ihre ganze Familie), sondern das zu schätzen, was sie noch hat. Wesam schafft, trotz aller Selbstzweifel, ihr Abitur. Immer wieder kümmert sie sich gemeinsam mit ihrer Schwester um ihren autistischen Bruder. „Ich wollte nicht nur überleben, ich wollte leben. Also habe ich angefangen, mir hier ein neues Leben aufzubauen.“
Alisa integrierte sich in Deutschland und schuf sich eine Zukunft. Für sie war es nicht einfach, aber sie hat gelernt, „dass Heimat nicht nur ein Ort ist, sondern dort, wo man sich wohlfühlt.“ Als Kind träumte sie davon, Schriftstellerin zu werden. In Deutschland hat sie dann Abitur gemacht und studiert. „Es gibt fast nichts in meinem Leben, das mich so glücklich gemacht hat, wie die Möglichkeit, studieren zu gehen.“
In Deutschland angekommen, musste auch Leen eine neue Sprache lernen und sich in einer ihr bisher fremden Kultur zurechtfinden. „Es war schwer, aber ich wollte nicht aufgeben. Ich wollte meinem Vater zeigen, dass ich stark bin.“ Inzwischen geht sie in die achte Klasse und hat viele Freunde. Unterstützt wird sie von der Betreuerin der freiwilligen Ganztagsschule. Mit ihrer Schwester und ihrer Mutter lebt sie seit Jahren im Flüchtlingsheim und wünscht sich ein neues Zuhause.
Nermina kämpfte anfangs noch mit ihren Ängsten. Sie sah die zerstörten Gebäude und die Armut in ihrer Heimat. Auch heute hat sie Probleme mit lauten Geräuschen und Flugzeugen – das erinnert sie an den Bombenalarm im Krieg. 2003 lernte sie ihren deutschen Mann kennen, der in Bosnien Urlaub machte. 2005 folgte sie ihm nach Deutschland. „Ich wusste, dass ich für meine Familie stark sein musste. Also habe ich angefangen, Deutsch zu lernen und mich zu integrieren.“ Sie hat sich ihr Leben aufgebaut und führt mit ihrem Mann ein Restaurant, trotzdem ist Deutschland nicht ihre Heimat geworden.
Nicht aufgeben, immer weitermachen, sich ein neues Leben aufbauen, das kostet unglaublich viel Kraft. Es ist aber auch der einzige Weg, wenn man nicht am Schmerz des Verlustes zerbrechen will. Für ausländische Geflüchtete ist es in Deutschland allerdings oft ein Weg voller Hindernisse.
Träume – Der Blick nach vorn
Trotz der schweren Vergangenheit haben die Frauen ihre Träume nie aufgegeben.
So sehr der Krieg ihr Leben auch geprägt hat: alle sechs Frauen sind dankbar für das, was sie haben, nutzen Chancen, die sich bieten, schmieden Zukunftspläne. Ob Traumjob, Traumreise oder Traumkonzert – das Leben hält auch wieder Schönes parat.
Leen hofft auf eine Zukunft in Frieden. „Ich möchte, dass meine Kinder in einer Welt ohne Krieg aufwachsen.“ Nermina sehnt sich nach ihrer alten Heimat. „Eines Tages möchte ich zurückkehren und beim Wiederaufbau meines Landes helfen.“ Carola wünscht sich, dass zukünftige Generationen nie wieder Krieg erleben müssen. „Ich hoffe, dass unsere Kinder niemals erleben müssen, was wir durchgemacht haben.“ Ingrid teilt diesen Wunsch. „Ich träume von einer Welt, in der niemand mehr fliehen muss.“ Wesam möchte, dass sich ihre Familie in Deutschland eine Zukunft aufbaut, ohne ihre Wurzeln zu vergessen. „Ich hoffe, dass meine Kinder sich nicht zwischen zwei Kulturen zerrissen fühlen müssen.“ Sie sieht ihre eigene Zukunft im gesundheitlichen oder sozialen Bereich, so ganz genau weiß sie das noch nicht. Alisa hat sich ein neues Leben aufgebaut und blickt nach vorne. „Mein größter Traum ist es, endlich Frieden mit der Vergangenheit schließen zu können.“
Die Geschichten dieser sechs Frauen sind Zeugnisse von Verlust, Stärke und Hoffnung. Sie zeigen, dass Krieg nicht nur auf Schlachtfeldern Opfer fordert, sondern auch in den Herzen jener, die ihn überleben, großen Schaden anrichtet. Und sie machen deutlich: Selbst nach den schlimmsten Zeiten kann ein neuer Anfang gelingen – wenn man an sich glaubt und an seinen Träumen festhält.
Wir als die Nachkriegsgenerationen, können uns Krieg und Zerstörung nur schwer vorstellen. Auch wenn uns der Krieg seit über 3 Jahren wieder nähergekommen ist, erleben wir ihn „nur“ in den Medien, nicht hautnah und erst recht nicht am eigenen Leib. Vielleicht sollten wir lernen, unser ruhiges Leben zu schätzen und aufhören, uns über Kleinigkeiten aufzuregen.
Mich haben die drei Filme sehr berührt, ist mir doch bewusst geworden, was für ein schönes, sicheres und sorgenfreies Leben ich führen kann. Dir will ich diese Dokumentationen ans Herz legen – schau sie Dir an und Du bekommst vielleicht auch einen anderen Blick auf Dein Leben.
In den sozialen Medien und Lifestyle-Blogs taucht zunehmend ein Trend auf, der aus den USA herüberschwappt und überrascht: Junge Frauen bekennen sich offen zur traditionellen Hausfrauenrolle und bezeichnen sich als „Tradwives“ – ein Begriff, der sich von „traditional wives“ (traditionelle Ehefrauen) ableitet. Sie werben für ein Leben, das sich hauptsächlich um Haushalt, Ehe und Kinderbetreuung dreht, während der (gutverdienende) Mann als Ernährer auftritt. Einige verstehen diese Bewegung als bewusste Entscheidung für ein erfülltes Familienleben, Kritiker sehen darin eine Rückkehr zu längst überholten Geschlechterrollen.
Doch warum folgt eine wachsende Zahl von Frauen diesem Trend? Welche gesellschaftlichen Hintergründe begünstigen seine Entstehung?
Die Entstehung des Tradwife-Trends
Der Tradwife-Trend ist eine Gegenbewegung zur Emanzipation und der damit verbundenen Erwartung, dass Frauen Beruf und Familie unter einen Hut bringen müssen. Viele, vor allem junge, Frauen sind von den Herausforderungen, Karriere zu machen, finanziell unabhängig zu sein und gleichzeitig familiäre und emotionale Verpflichtungen zu erfüllen, überfordert. In den sozialen Kanälen präsentieren Tradwives ein vermeintlich idyllisches Leben, das sich um Harmonie, Fürsorge und klassische Geschlechterrollen dreht. Die Frauen zeigen sich oft in nostalgisch inspirierten Kleidern, beim Backen oder bei der Kindererziehung – stets mit einem Lächeln auf den Lippen und einem perfekt geputzten Zuhause im Hintergrund.
Estee Williams ist eine Tradwife. Sie hat sich dem „traditionellen Leben“ verschrieben. Sie bereitet sich auf die Rückkehr ihres Mannes vor. Sie frisiert sich ihr blondes gelocktes Haar und trägt roten Lippenstift auf. Im Hintergrund spielt Jazzmusik – sanfte Klänge von Bobby Darin. Ihr Mann arbeitet tagsüber, während sie den Haushalt schmeißt. Mit ihren Videos auf TikTok und Instagram erreicht die Influencerin Hunderttausende. Ihre Filme wirken wie Ausschnitte aus Filmen der 1950er – nur in chic und in Farbe. In Wirklichkeit sind die Inhalte erst in den letzten Monaten entstanden.
Die Wurzeln der Tradwife-Bewegung finden sich in historischen, aber auch in den aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen. Einerseits knüpft sie an das Ideal der Hausfrau aus den 1950er-Jahren an, das teilweise in konservativen Kreisen noch vorhanden ist. Andererseits ist sie eine Reaktion auf eine Gesellschaft, in der Flexibilität, Leistungsdruck und Selbstoptimierung häufig als Grundvoraussetzung für ein erfolgreiches Leben gelten.
Warum entscheiden sich Frauen für diese Rolle?
Die Gründe, warum Frauen sich bewusst für den Tradwife-Lifestyle entscheiden, sind vielfältig. Viele sehnen sich nach einem einfacheren Leben, in dem sie sich nicht zwischen Karriere und Familie aufreiben müssen. Die Vorstellung, sich ganz auf das Zuhause und die Familie konzentrieren zu können, erscheint als Ausweg aus dem hektischen Alltag der modernen Arbeitswelt. Besonders in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit kann es zudem attraktiv erscheinen, sich auf ein traditionelles Rollenmodell zurückzubesinnen, in dem der Mann als Hauptverdiener für finanzielle Stabilität sorgt.
Auch soziale Medien spielen eine nicht zu unterschätzende Rolle. Auf Plattformen wie Instagram und TikTok wird das Tradwife-Dasein als ästhetisch ansprechend, entspannt und erfüllend inszeniert. Der nostalgische Charme vergangener Jahrzehnte, kombiniert mit der Idee einer klar definierten Lebensaufgabe, übt auf viele Frauen eine große Anziehungskraft aus. Hinzu kommen ideologische oder religiöse Überzeugungen, die traditionelle Familienstrukturen befürworten. In manchen konservativen Kreisen wird die Rolle der Frau als Hausfrau und Mutter als moralisch wertvoller angesehen als eine berufliche Karriere. Frauen, die sich diesem Ideal anschließen, erleben oft gesellschaftliche Anerkennung innerhalb ihrer Community.
Die Schattenseiten des romantisierten Lebensstils
So verlockend das Bild der perfekten Hausfrau erscheinen mag, es birgt ebenfalls Risiken und Herausforderungen. Eine finanzielle Abhängigkeit vom Ehemann kann langfristig zu Problemen führen – sei es bei Trennungen, Scheidungen (die damals noch nicht an der Tagesordnung waren) oder bei unvorhergesehenen Schicksalsschlägen. Die Entscheidung, sich ausschließlich auf die Familie zu konzentrieren, kann, sollte sich die Lebenssituation ändern, den Wiedereinstieg ins Berufsleben erschweren.
Auch psychologische Faktoren spielen eine Rolle. Wer sein gesamtes Lebensglück von der Familie und der Zufriedenheit eines Partners abhängig macht, verliert sich selbst und die eigenen Bedürfnisse aus den Augen. In einer Gesellschaft, die immer noch stark von feministischen Errungenschaften geprägt ist, kann zudem sozialer Druck entstehen, wenn Frauen sich gegen den Mainstream der Gleichberechtigung entscheiden.
Die Kommunikationswissenschaftlerin Prof. Margreth Lünenborg schreibt: „Auf den ersten Blick mögen die Videos und Inhalte dieser Bewegung harmlos und naiv erscheinen.“ Dennoch spricht sie warnt sie: Bei genauerer Betrachtung offenbare der Trend ernsthafte Probleme. Die Videos der Tradwives stellten ein „gesellschaftliches Arrangement als Ideal dar, das mit extremen Ausschlüssen einhergeht“. Sie erklärt, dass hinter den vermeintlich unpolitischen Darstellungen ein tief verwurzeltes, politisches Weltbild steckt, das rassistische und diskriminierende Elemente enthält.
Prof. Lünenborg beschreibt die Gemeinsamkeiten der Tradwives:
sie sind (fast) alle weiß
sie kommen aus christlich-fundamentalistischen Kreisen
sie propagieren ein traditionelles Geschlechter- und Familienbild
die Erwerbsarbeit des Mannes reicht aus, um die Familie zu ernähren
Dieser Lebensstil, der von Frauen mit gutverdienenden Ehemännern geprägt ist, verstärke ein elitäres Bild, das sich bewusst vom Rest der Gesellschaft abgrenzt. Prof. Lünenborg hebt hervor, dass Frauen in diesem Modell „klar dem Mann untergeordnet“ sind. Dieser Trend richte sich gegen jegliche gesellschaftlichen Veränderungen und bewahre ein enges, rückwärtsgewandtes Weltbild. Es sei kein Platz für alternative Familienbilder, wie Regenbogenfamilien, Familien ohne Kinder oder für schlechter Verdienende, weil sie sich diesen Lebensstil gar nicht leisten könnten.
Tradition oder Trend? Die Zukunft der Tradwives
Ob dieser Trend eine langfristige Bewegung oder nur ein kurzlebiges Phänomen ist, bleibt abzuwarten. Auf jeden Fall sollte er eine tiefere gesellschaftliche Debatte über Geschlechterrollen, Arbeitsmodelle und persönliche Freiheit anstoßen. Während sich einige Frauen bewusst für diesen Lebensstil entscheiden und Erfüllung darin finden, bleibt die Frage bestehen, ob die Rückkehr zu alten Rollenmustern tatsächlich ein Fortschritt ist – oder ob sie vielmehr eine Flucht aus den Herausforderungen der modernen Welt darstellt.
Die Diskussion um Tradwives zeigt, wie vielfältig und individuell die Lebensentwürfe moderner Frauen sein können. Während manche den feministischen Kampf für Gleichberechtigung als unantastbares Ziel betrachten, fühlen sich andere in traditionellen Strukturen wohler. In einer idealen Gesellschaft sollte es jedoch nicht um entweder/oder gehen, sondern um die Möglichkeit, frei und selbstbestimmt zu wählen – unabhängig von gesellschaftlichem Druck, Trends oder Normen.
Unter dieser Überschrift erzählen Wiebke, Melanie, Juliane und andere Frauen von ihren Gefühlen und den Problemen, sich in ihrer Mutterrolle zurechtzufinden. Sie sind mit den Anforderungen, die ihnen das Leben stellt, überfordert. Die Dokumentation der ZDF 37° Leben setzt sich in mehreren Episoden mit dem Problem „Regretting Motherhood“ auseinander.
„Ich liebe meine Kinder, aber ich bedauere die Mutterschaft“ erzählt Wiebke. Eine Mutterschaft wird oft als eine der glücklichsten Erfahrungen im Leben einer Frau dargestellt. Doch was, wenn die Realität nicht den romantischen Vorstellungen entspricht? Was, wenn eine es Mutter bereut, Kinder bekommen zu haben? Dieses Phänomen, bekannt als „Regretting Motherhood„, ist ein Tabuthema. Es wird gar nicht oder nur selten darüber gesprochen. Dabei ist es wichtig, Frauen, die mit solchen Gefühlen kämpfen müssen, nicht zu verurteilen, sondern ihre Gefühle ernst zu nehmen, ihnen zuzuhören und Lösungsansätze zu aufzuzeigen.
Die Ursachen des Mutterseins ohne Glück
Laut einer deutschen Studie aus dem Jahr 2015, gaben 20 % der insgesamt 2045 befragten Eltern an, dass sie die Entscheidung, Kinder zu bekommen, bedauern.
Es gibt viele Gründe, warum Frauen bereuen könnten, Mutter geworden zu sein. Oft sehen sie sich nach der Geburt eines Kindes nur noch auf ihr „Mutterdasein“ reduziert und vermissen das bunte Leben vor der Schwangerschaft. Sie haben das Gefühl, ihre frühere Identität verloren zu haben, und kämpfen mit der vorgegebenen neuen Rolle als „glückliche Mutter“, die ihnen von der Gesellschaft auferlegt wird. Die ständige Verantwortung und die damit verbundenen körperlichen und emotionalen Belastungen sind oft erdrückend, insbesondere wenn ein stabiles soziales Umfeld fehlt oder kaum weitere Hilfe vorhanden ist. Wenn Mütter keine oder nur geringe Unterstützung vom Partner, der Familie oder Freunden erhalten, kann das Gefühl der Isolation entstehen, das die Belastung zusätzlich verstärkt.
Viele Frauen empfinden es zudem als belastend, dass sie sich nicht mehr selbstbestimmt handeln können und sich so frei entfalten können wie vor der Geburt. Plötzlich stehen eigene wie die Verwirklichung eigener Träume, die Zeit für Hobbys und erst recht Karriereaussichten hinten an. Das kann zu Frustration führen. Auch die Erwartungen der Gesellschaft an „die perfekte Mutter“ setzen Mütter unter enormen Druck. Alles perfekt meistern zu müssen macht oft hilflos und führt zu Enttäuschung von sich selbst. Jederzeit liebevoll, geduldig und engagiert zu sein, ist eine unrealistische Vorstellung, die bei vielen Müttern ein Gefühl der Unzulänglichkeit hervorruft. In manchen Fällen kann auch eine postpartale Depression der Auslöser dafür sein, dass sich Frauen mit ihrer Mutterschaft nicht wohlfühlen. Diese ernste psychische Erkrankung wird leider oft nicht rechtzeitig erkannt und behandelt, sodass betroffene Frauen zusätzlich mit einem Gefühl der Einsamkeit und Überforderung kämpfen. Ein weiterer Einflussfaktor ist die sogenannte Transgenerationale Weitergabe von Traumata. Es handelt sich hierbei um psychologische Belastungen, die über Generationen hinweg weitergegeben werden. Sind Verlusterfahrungen oder belastende Familiengeschichten in der Ahnenreihe erlebt worden, kann sich das auf die heute lebenden Frauen auswirken. Sie fühlen sich in der Mutterrolle unwohl oder emotional überfordert. Diese Gefühle erhöhen das Risiko für das Bereuen der Mutterschaft.
Lösungsansätze für betroffene Mütter
Frauen, die ihre Mutterschaft bedauern, sind keine schlechten Mütter. Sie werden von echten, oft unerwarteten Gefühlen regelrecht überfallen. Es ist wichtig zu lernen mit diesen Emotionen umzugehen. Offene Gespräche mit anderen Müttern oder Vertrauenspersonen, um entlastende Perspektiven zu gewinnen, könnten ein erster Schritt sein. Der Austausch mit Gleichgesinnten kann helfen, sich verstanden zu fühlen. Betroffene Mütter dürfen sich nicht scheuen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Therapeutische Unterstützung kann helfen, die belastenden Emotionen zu verstehen und besser damit umzugehen. Ein Therapeut kann individuelle Strategien aufzeigen, um mit der emotionalen Belastung umzugehen und langfristige Lösungen zu erarbeiten.
Die Betreuung durch andere Personen sicherzustellen und dann Zeit für sich einzuplanen, einem Hobby nachzugehen oder sich kleine Auszeiten zu gönnen, hilft sicher, das eigene Wohlbefinden zu stärken. Selbstfürsorge darf kein Luxus sein, sondern ist eine Notwendigkeit, um emotionale Erschöpfung zu vermeiden. In einer Ehe oder Partnerschaft trägt nur eine ehrliche Kommunikation dazu bei, die häuslichen Aufgaben besser zu verteilen und die Belastung für die Mutter zu verringern. Für sie muss der Druck, alle Erziehungs- und Haushaltsaufgaben allein bewältigen zu müssen, überwältigend sein. Daher sind die Mütter aufgefordert, die Verantwortung zwischendurch abzugeben und Unterstützung einzufordern. Ein wichtiger Schritt, mit der Situation besser klarzukommen, ist die Akzeptanz der eigenen widersprüchlichen Gefühle. Es ist in Ordnung, zwiespältige Emotionen zu empfinden und diese offen anzusprechen. Die Vorstellung der perfekten Mutter ist reine Theorie. In dieser Rolle Fehler zu machen, ist menschlich und normal. Kritik daran ist nicht angesagt, auch nicht als Selbstkritik. Sich als Mutter oder Eltern mit Menschen in gleicher Situation auszutauschen, kann sicher hilfreich sein. Gerade in Selbsthilfegruppen können Mütter offen über ihre Erfahrungen sprechen, ohne Angst vor Verurteilung haben zu müssen.
Fazit – ein gesellschaftlicher Wandel ist nötig
Anstatt Mütter, die mit ihrer Rolle hadern, zu stigmatisieren, müssen wir als Gesellschaft offen mit diesem Thema umgehen. Eine glückliche Mutterschaft darf keine erzwungene Pflicht sein, sondern eine bewusste Entscheidung. Sie muss von Unterstützung, ehrlicher Aufklärung und realistischen Erwartungen begleitet werden. Wir müssen aufhören, Frauen einzureden, dass Mutterschaft automatisch Glück bringt. Besser ist es, realistische Bilder zu zeichnen, die auch die vielen Herausforderungen und Schwierigkeiten sichtbar machen.
Frauen, die sich in ihrer Mutterrolle unglücklich fühlen, brauchen Verständnis und Hilfsangebote. „Regretting Motherhood“ ist kein Zeichen von Versagen, sondern ein Ausdruck von ehrlichen Emotionen, die ernst genommen werden müssen. Die Gesellschaft muss lernen, betroffenen Frauen mit Empathie zu begegnen und sie dabei zu unterstützen, Wege zu finden, die ihnen helfen, mit ihrer Situation umzugehen. Denn nur durch Offenheit und gegenseitiges Verständnis kann ein Klima geschaffen werden, in dem Mütter sich nicht allein gelassen fühlen.