„Als Gesellschaft haben wir einen übertriebenen Fokus auf die weibliche Brust. […] Es ist nicht erklärbar, warum die Brust so oft genutzt wird, um Frauen zu bewerten und kategorisieren und unfrei zu machen.“, so Professorin Mandy Mangler, Chefärztin für Gynäkologie und Geburtsmedizin an zwei Vivantes-Kliniken in Berlin.

Die Brust – kein anderes Organ hat eine so wichtige Funktion, aber sie darf nicht einfach mal sein. In der SWR-Dokumentation „Mein Körper. Meine Brüste. – Was soll der Hype?“ dreht sich alles um das weibliche Organ, dass eine lebenswichtige Funktion hat und das permanent reglementiert und sexualisiert wird.

Für eine Studie wurden 18.500 Frauen in 40 Ländern – auch Deutschland – befragt. „Wie zufrieden bist du mit Deinen Brüsten? Findest Du sie schön? Würdest du was verändern?“ Das Ergebnis besagt, dass ca. 25 % der Frauen mit ihrer Brust zufrieden sind – und über 70% der Befragten unzufrieden. 54 % der befragten Frauen aus Deutschland wünschten sich eine größere Brust.

Die Brust

Die Brust sitzt auf dem Brustmuskel, besteht aber selbst nur aus Drüsengewebe und Fett; sie hat keine eigene Muskulatur und lässt sich nicht trainieren. Ihren Halt hat sie ausschließlich durch Haut und Bindegewebe.

Brüste bewegen sich unabhängig vom Körper, quasi wie eine wabernde Masse, auf die G-Kräfte einwirken, wie auf einen Formel-1-Fahrer in einer Kurve. „Die Bewegung geht vor und zurück, zu den Seiten, nach oben und unten – alles gleichzeitig“, sagt die Dr. Nicola Renwick von der Universität Portsmouth. Die Biomechanikerin filmt die Brustbewegungen beim Sport mit High-Speed-Kameras und erklärt, dass das einer der Gründe ist, warum junge Mädchen aufhören Sport zu machen. „Sie schämen sich, weil die Brüste so stark wackeln.“ Dr. Renwick vergleicht die Aufnahmen ohne und mit verschiedenen Sport-BHs und kann genau sagen, wie das Bekleidungsstück einen guten Halt bietet. Für eine „starke Unterstützung“ muss sich die Brustbewegung um 70% verringern.

Kaum eine Frau weiß, wann ein Sport-BH wirklich gut sitzt. Viele denken, dass ein guter Halt durch Kompression entsteht, doch das funktioniert im besten Fall noch bei kleineren Brüsten. Größere Brüste brauchen bessere Unterstützung, einen Halt, der vom Unterband des BHs kommt. Teilweise ist sogar die Unterstützung jeder Brust einzeln sinnvoll, um seinem Leben und seinem Sport schmerzfrei nachgehen zu können. Kleiner (Fun-)Fact: Es gibt sogar Studien, die nahelegen, dass sich das Verletzungsrisiko am Kreuzband für Frauen erhöht, wenn sie einen Sport-BH tragen, der sie nicht genug stützt.
Natürlich hängt die richtige Auswahl der Sport-BHs immer von Sportart und Brustgröße ab. Während beim Yoga ein Soft-BH genügen kann, bietet der jedoch bei einem 10-km-Lauf keine ausreichende Unterstützung.

„Mein Körper. Meine Brüste. – Was soll der Hype?“

In der sehr empfehlenswerten Dokumentation finden unterschiedliche Perspektiven ihren Platz. Von Schwangerschaft bis (Leistungs-)Sport, von der evolutionären über die medizinische bis zur gesellschaftlichen Betrachtung bieten die verschiedenen Blickwinkel zum Teil erschreckende Wahrheiten, denen wir zukünftig im Alltag besser begegnen könnten.

Louise (Lou), eine junge Frau, die beide Brüste wegen einer Krebserkrankung abnehmen lassen musste und sich gegen einen Brustaufbau bzw. eine -rekonstruktion entschieden hat. Sie versucht sich in ihrem Körper wieder wohlzufühlen und kämpft gleichzeitig gegen eine Gesellschaft, die bewertet, verletzende Fragen stellt und sie auf ihre (fehlenden) Brüste reduziert. Lou möchte anderen jungen Frauen Hoffnung geben, dass Frau ohne Brüste leben und sich trotzdem noch weiblich fühlen kann. Dabei erfährt sie wichtige Unterstützung von der Sexologin Johanna Pantel.

Jenna, ist eine 28-jährige Hip-Hop-Tänzer- und Trainerin mit Körbchengröße G. Sie erzählt von ihrem Weg, sich nicht mehr für ihre Brüste zu schämen und wünscht sich, dass Mädchen die Unterstützung zum „richtigen“ Umgang mit ihren Brüsten bereits im Sportunterricht lernen würden.

Auch Almuth Schult, 3-fache Mutter, Fußballerin und Welttorhüterin, stellt klar, wie unangenehm und schmerzhaft es sein kann, seinen Sport ohne die richtige Ausrüstung machen zu müssen. Dazu gehört ihrer Meinung nach auch ein gutsitzender Sport-BH. Denn wenn man sich darum keine Gedanken machen muss, ist das volle Potential der eigenen Leistungsfähigkeit abrufbar.

Die hochschwangere Annika, Produktmanagerin und Ingenieurin der Elektrotechnik, und ihre Hebamme Maike Campen, kommen ebenfalls zu Wort. Sie sprechen über die hormonell bedingte Brustvergrößerung während der Schwangerschaft, über die Pflege und über die Herausforderungen, die mit dem Stillen auf die junge Mutter zukommen.

Fazit

Die Sendung hat mich mit dem Wissen und den unterschiedlichen Perspektiven auf die weibliche Brust begeistert und berührt. Es ist offensichtlich, dass wir gesellschaftlich noch einiges zu tun haben, damit eine Brust „nur“ eine Brust ist. Die Bewertung von anderen, die Kategorisierung und die Sexualisierung sollten längst nicht mehr die Gewichtung haben, die aktuell stets spürbar ist.

Mit den Worten von Jenna möchte ich schließen: „Es geht darum, ein gesundes Mindset zu besitzen. Je mehr wir darüber reden und es nicht mehr zu einem Tabu- oder sexuellen Thema machen, sondern wirklich zu einem Thema wie Fingernägel, Haare und Make-up, wird jede Frau viel glücklicher damit sein, ihre Brust genauso zu haben, wie sie ist.

Verlinkung:

ARD Mediathek, SWR: Mein Körper. Meine Brüste. – Was soll der Hype? (verfügbar bis 17.11.2029) 

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