Ein Beitrag aus unserer Reihe: Entscheidungen im Fokus

Die Betreuungsverfügung gehört zum den Vorsorgeregelungen, die Du bereits erstellen kannst, wenn es Dir noch gut geht. Damit legst Du schriftlich fest, wer Dich in rechtsgeschäftlichen Angelegenheiten vertreten kann/soll, wenn Du selbst nicht (mehr) in der Lage dazu bist.

Von der Entmündigung zum rechtlichen Betreuer – die Historie

Früher wurden Menschen, die sich nicht mehr selbst äußern konnten, entmündigt oder unter eine Vormundschaft gestellt. Doch 1992 ist die rechtliche Betreuung als Rechtsfürsorge in das Betreuungsgesetz aufgenommen worden. Daraus ergaben sich deutliche Verbesserungen für die Betroffenen. Anfang 2023 wurde eine noch konsequentere Ausrichtung hinsichtlich des Selbstbestimmungsrechts der betreuten Personen im Gesetz verankert.

Die Voraussetzungen für den Einsatz eines Betreuers sind im § 1814 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) zu finden:

(1) Kann ein Volljähriger seine Angelegenheiten ganz oder teilweise rechtlich nicht besorgen und beruht dies auf einer Krankheit oder Behinderung, so bestellt das Betreuungsgericht für ihn einen rechtlichen Betreuer (Betreuer).
(2) Gegen den freien Willen des Volljährigen darf ein Betreuer nicht bestellt werden.
(3) Ein Betreuer darf nur bestellt werden, wenn dies erforderlich ist. Die Bestellung eines Betreuers ist insbesondere nicht erforderlich, soweit die Angelegenheiten des Volljährigen
1. durch einen Bevollmächtigten, der nicht zu den in § 1816 Absatz 6 bezeichneten Personen gehört, gleichermaßen besorgt werden können oder
2. durch andere Hilfen, bei denen kein gesetzlicher Vertreter bestellt wird, erledigt werden können, insbesondere durch solche Unterstützung, die auf sozialen Rechten oder anderen Vorschriften beruht.
(4) Die Bestellung eines Betreuers erfolgt auf Antrag des Volljährigen oder von Amts wegen. Soweit der Volljährige seine Angelegenheiten lediglich aufgrund einer körperlichen Krankheit oder Behinderung nicht besorgen kann, darf ein Betreuer nur auf Antrag des Volljährigen bestellt werden, es sei denn, dass dieser seinen Willen nicht kundtun kann.
(5) Ein Betreuer kann auch für einen Minderjährigen, der das 17. Lebensjahr vollendet hat, bestellt werden, wenn anzunehmen ist, dass die Bestellung eines Betreuers bei Eintritt der Volljährigkeit erforderlich sein wird. Die Bestellung des Betreuers wird erst mit dem Eintritt der Volljährigkeit wirksam. (Quelle: 
Gesetze im Internet, Stand 19.07.2024)

Details zum Betreuungsrecht

Das Betreuungsgericht entscheidet per Einzelfallprüfung darüber, wer die Betreuung übernehmen wird und in welchem Umfang. Das resultiert aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit, der eine wichtige Errungenschaft in der aktuellen Regelung ist und lässt sich aus Satz 3 (s. o.) ableiten. Dabei steht die Selbstbestimmung im Vordergrund: Rechtseingriffe werden auf ein Mindestmaß beschränkt und sind immer am individuellen Bedarf ausgerichtet. Sofern es sich um allgemeine und keine rechtsgeschäftlichen Angelegenheiten handelt, wird im Sinne der Selbstbestimmung auf die Bestellung eines Betreuers verzichtet. Hilfe kann pragmatisch organisiert werden und richtet sich nach den vorliegenden Verhältnissen. Viele Unterstützungsleistungen lassen sich durch Familienmitglieder oder anderweitige Dienste, wie z. B. eine Haushaltshilfe, eine Schuldnerberatung oder soziale Dienste und Behörden abdecken.

Vom Gericht wird grundsätzlich geprüft, ob eine Betreuerbestellung erforderlich ist. Wenn ja, werden die voraussichtliche Dauer sowie die Voraussetzungen für die Betreuung und die genauen Aufgabenbereiche im Einzelnen angeordnet. Es geht dabei ausschließlich um rechtliche Belange in den Bereichen Wohnungsangelegenheiten, Vermögenssorge (alle finanziellen Belange) und Gesundheitssorge.

Schriftliche Definition als Empfehlung für das Gericht

Wenn Du Dich nicht auf eine gerichtliche Bestellung eines Dir unbekannten Betreuers verlassen willst, kannst Du und eine Betreuungsverfügung aufsetzen. Sie sollte schriftlich abgefasst und optimalerweise mit der benannten Person abgestimmt sein. Damit ist Dein Wunsch definiert und für die Gerichte vorrangig zu beachten. Dennoch prüft das Gericht die Eignung der von Dir genannten Person. Sollten Voraussetzungen nicht erfüllt sein und Gründe dagegensprechen, kann das Gericht davon abweichen und einen anderen Betreuer benennen. Im Regelfall wird in Deinem persönlichen Umfeld nach alternativen Möglichkeiten gesucht. Bleibt dies erfolglos, wird vom Gericht ein Berufsbetreuer eingesetzt.

In der Zeit bis zum Gerichtsentscheid gibt es keine rechtliche Vertretung, außer Du hast bereits eine Vorsorgevollmacht hinterlegt. In diesem Fall greift die Betreuungsfunktion sofort und vollumfänglich, ohne dass ein Gerichtsbeschluss abgewartet werden muss. (siehe auch Abschnitt „Unterschied Betreuungsverfügung und Vorsorgevollmacht“)

Es besteht die Möglichkeit, mehrere Betreuer für unterschiedliche Lebensbereiche oder Situationen einzusetzen. Dies kannst Du ebenfalls hinterlegen.

Was lässt sich in der Betreuungsverfügung regeln?

Du kannst aufschreiben, wen Du Dir als Betreuer wünschst oder auch, von wem Du auf gar keinen Fall betreut werden möchtest. Du kannst eigene Wünsche zur Betreuung hinterlegen. An diese muss sich der Betreuer halten, sofern sie Deinem Wohl nicht widersprechen oder für den Betreuer unzumutbar sind. Du kannst darlegen, wo Du wohnen möchtest und wer Deine Finanzen verwalten soll. Du entscheidest, welche (rechtlichen) Aufgaben der Betreuer übernehmen soll und wie Du Dir die Entscheidungen in medizinischen Fragen vorstellst.

Doch Achtung: „Die Wünsche zur Betreuung“ – das hört sich schön an und vielleicht entsteht bei Dir der Gedanke von einer alltäglichen Begleitung und einer netten Hilfe beim Einkaufen oder im Haushalt. Doch das ist ein Irrtum. Der Betreuer darf sich nur in den vom Gericht angeordneten Aufgabenbereichen bewegen und dabei geht es nicht um die alltäglichen Dinge, bei denen Unterstützung benötigt wird. Diese Aufgaben müssen je nach Bedarf durch andere Personen oder Dienste erledigt werden.

Frage Dich bei der Auswahl einer Betreuungsperson, ob die Person in Deinem Sinne entscheiden wird und ob sie die „Bürde“ übernehmen möchte, sich um Deine Angelegenheiten zu kümmern. Eine kostenlose Vorlage für die Betreuungsverfügung findest Du beim Bundesministerium für Justiz. Das unterschriebene Formular kannst Du (wie auch die Patientenverfügung und die Vorsorgevollmacht) beim Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer registrieren lassen.

Unterschied Betreuungsverfügung und Vorsorgevollmacht

Die Betreuungsverfügung definiert die Gestaltung der vom Gericht angeordneten Betreuung. Du kannst konkrete Anweisungen an den Betreuer darin aufnehmen, die dann beachtet werden sollen. Du kannst die Verfügung jederzeit anpassen oder ändern.

Die Vorsorgevollmacht beinhaltet keine gerichtliche Prüfung und die benannte Vertrauensperson kann mit sofortiger Wirkung alle Rechte, die Du ihr eingeräumt hast, ausüben. Sie kann sofort rechtsverbindlich für Dich tätig werden und in Deinem Sinne entscheiden.

Bei der Betreuungsverfügung solltest Du wissen, dass keiner für Dich handeln kann, wenn Du z. B. im Koma liegst, eine Betreuungsverfügung hinterlegt hast und das Gericht noch keine Entscheidung getroffen hat. Beachte also, dass der Prozess bis zur Benennung des Betreuers seine Zeit dauert. Das hängt mit dem Grundsatz der Erforderlichkeit zusammen. Das Gericht prüft genau, in welchen Bereichen die Betreuung notwendig ist, um Dir ein weitgehend selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen und die Eingriffe durch andere Personen gering zu halten. Zudem hat sie Gültigkeit, falls die Vorsorgevollmacht unwirksam sein sollte.

Als weitere Vorteile der Betreuungsverfügung lassen sich noch die (nachgelagerten) Kontrollmechanismen aufführen, denen sich die die ehrenamtlichen und beruflichen Betreuer stellen müssen. Damit soll ein möglicher Missbrauch eingeschränkt werden, wie z. B. die jährliche Auskunft über die Amtsführung und die persönlichen Verhältnisse des zu Betreuenden sowie des Rechenschaftsberichts über die Verwaltung des Vermögens. Bei der Vorsorgevollmacht entfällt die Kontrolle des Betreuers durch das Gericht, da es sich um einen privat-rechtlichen Vertrag handelt.

Fazit

Die Betreuungsverfügung ist ein Teilbereich Deiner Vorsorgedokumente, der wichtig werden kann und Deine Wünsche explizit darlegt. Eine Betreuung ist nur möglich, wenn sie Deinem freien Willen entspricht. Die Betreuungsverfügung ist, neben der Vorsorgevollmacht und der Patientenverfügung, eine gute Ergänzung, um in allen Lebensbereichen die für Dich bestmögliche Entscheidung zu treffen, bevor der „Fall des Falles“ wirklich eintritt.

Hier haben wir weitere interessante Links für Dich zusammengestellt:

Bundesministerium der Justiz: Informationen zum Betreuungsrecht

Bundesministerium der Justiz: Vorlage Betreuungsverfügung (Formular als PDF-Datei)

Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer: Eine Betreuungsverfügung kann im Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer registriert werden.

NDR Ratgeber vom 07.11.2023: Rechtliche Betreuung: Was Betroffene wissen müssen

NDR Ratgeber vom 06.01.2023: Berufsbetreuer: Welche Rechte und Pflichten haben sie?

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