„Mehr als 35 Millionen erwachsene Frauen leben in Deutschland.“ So beginnt der Bericht des Robert-Koch-Instituts (RKI) „Gesundheitliche Lage der Frauen in Deutschland“, der am 9. Dezember 2020 erschienen ist. Verschiedene Faktoren haben Einfluss auf die Gesundheit der Frauen – Alter, Bildung, Berufstätigkeit, Einkommen, Familienform, kultureller Hintergrund und viele weitere. Auch der soziale Hintergrund, die jeweilige Lebenslage und das Bildungsniveau wirken sich auf die gesundheitliche Situation der Frau aus.
Die Expert:innen des RKI haben auf fast 400 Seiten Informationen zu Frauen aller Altersklassen zusammengetragen. Einige dieser Ergebnisse stellen wir Dir in unserem Beitrag vor.
Subjektive Gesundheit
Etwa 75 % aller Frauen in Deutschland schätzen ihre Gesundheit als gut oder sehr gut ein. Der Anteil liegt bei den Männern etwas niedriger. Das „gesunde“ Gefühl lässt im Alter nach, denn nur die Hälfte aller Frauen über 65 Jahre bewertet die eigene Gesundheit noch mit gut oder sehr gut. Insgesamt gesehen hat sich die Selbsteinschätzung der Gesundheit in den letzten 20 Jahren deutlich verbessert, vor allem bei den älteren Frauen.
Gesundheit von Frauen zwischen Erwerbs- und Familienarbeit
Viele Frauen im erwerbsfähigen Alter stehen vor der großen Aufgabe, ihre Erwerbstätigkeit und die familiären Anforderungen miteinander zu vereinbaren. Dabei geht es teilweise um das Fußfassen im Beruf und die Gründung einer Familie, die zeitlich zusammentreffen. In den folgenden Lebensjahren kommen Kindererziehung und/oder die Pflege von Angehörigen als zusätzliche Aufgaben hinzu.
Erwerbstätige Frauen schätzen ihren Gesundheitszustand oft besser ein als nicht erwerbstätige und Mütter mit minderjährigen Kindern. Letztere haben auch größere Probleme Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen – einher gehend mit einer schlechteren Einschätzung. Besonderen Belastungen und psychischem Stress ausgesetzt sind junge und alleinerziehende Mütter, arbeitslose Frauen und solche, die Angehörige pflegen.
Nur mit einer ausgewogenen und nachhaltigen Familien-, Sozial- und Arbeitspolitik kann es gelingen, eine Balance zwischen Erwerbs- und Familienarbeit zu schaffen und die Gesundheit von Frauen im Erwachsenenalter zu fördern.
Lebenserwartung und Todesursachen
Positiv stellt sich die Veränderung der Lebenserwartung von Frauen dar. Sie steigt seit vielen Jahrzehnten an und liegt heute bei etwas mehr als 83 Jahren. Damit werden Frauen im Durchschnitt fast 5 Jahre älter als Männer, jedoch lässt sich feststellen, dass sich die Lebenserwartungen von Frauen und Männern langsam angleichen. Nach der deutschen Wiedervereinigung ist sie in den neuen Bundesländern stärker gestiegen und liegt dort inzwischen etwas höher als in den alten Ländern.
Die häufigsten Todesursachen bei Frauen aller Altersklassen sind ischämische Herzkrankheiten (z. B. Herzinfarkt, Schlaganfall), Demenz sowie zerebrovaskuläre (Blutgefäße des Gehirns, d. h. die Hirnarterien oder Hirnvenen betreffende) Krankheiten.
Gesundheit älterer Frauen
Einsamkeit ist ein Problem des Alters. Deutlich mehr Frauen als Männer leben im Alter allein, was mit der höheren Lebenserwartung einher gehen kann. Trotzdem wird die gefühlte Einsamkeit bei Männern und Frauen gleich bewertet. Depression und Demenz sind die psychischen Erkrankungen, die häufig mit zunehmendem Alter in Verbindung gebracht werden. Meist sind Frauen im hohen Alter ab 85 Jahren davon betroffen. Die Angst vor Stürzen nimmt ab 75 Jahren zu. Interessant ist dabei, dass die Angst vor dem Fallen weiter verbreitet ist als tatsächliche Sturzerfahrungen.
Über eine Patientenverfügung bzw. Vorsorgevollmacht hat sich nur rund die Hälfte der Frauen ab 65 Jahren Gedanken gemacht. Nur ca. jede dritte Frau hat eine Betreuungsverfügung. Hier ist auf jeden Fall noch viel Luft nach oben und die Einsicht, mit diesen Dokumenten auch den Angehörigen das Leben zu vereinfachen, muss sich erst noch durchsetzen.
Gesundheit von Frauen mit Migrationshintergrund
Soziodemografische und migrationsspezifische Faktoren beeinflussen die Gesundheit und das Gesundheitsverhalten dieser Frauen. Im Vergleich zu anderen Frauen leiden sie weniger unter chronischen körperlichen Erkrankungen, aber häufiger an einer depressiven Symptomatik. Sie konsumieren seltener Alkohol in riskanten Mengen. Allerdings sind sie auch weniger sportlich aktiv. Die Leistungen des Gesundheitssystems werden von dieser Personengruppe weit seltener in Anspruch genommen, was sich u.a. auf sprachliche Barrieren zurückführen lässt.
Sexuelle und reproduktive Gesundheit
Sexuell aktiv sind Frauen meistens in festen Beziehungen. In jungen und mittleren Jahren folgen häufig mehrere (monogame) Beziehungen aufeinander. Pille und Kondom sind nach wie vor die am häufigsten verwendeten Verhütungsmittel, wobei die Anwendung der Pille in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen ist.
Nach wie vor ist das Geburtenniveau in Deutschland niedrig. Frauen sind bei ihrer ersten Geburt immer älter, viele Frauen bleiben kinderlos. Durchschnittlich bekommt jede Frau 1,57 Kinder. 2018 haben 775.916 Frauen Kinder geboren. 30,5 % der Geburten waren Kaiserschnitte, rund 17.500 Geburten erfolgten nach künstlicher Befruchtung. Die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche ist seit 2001 zurückgegangen – auf nur etwas mehr als 100.000 im Jahr 2019.
Gesundheitliche Auswirkungen von Gewalt gegen Frauen
Jede 3. Frau wird ab ihrem 15. Lebensjahr Opfer körperlicher und/oder sexueller Gewalt, die meistens vom Partner oder Ex-Partner ausgeht! Im europäischen Durchschnitt ist diese Zahl in allen Ländern ähnlich hoch, leider scheint sich das in den letzten 10 Jahren kaum verändert zu haben. Die Gewalterfahrungen der Frauen sind völlig unabhängig von ihrem sozialen Status. Frauen mit früheren Gewalterfahrungen, in Trennungssituationen und Frauen, die gesellschaftliche Diskriminierungen erfahren, sind davon besonders betroffen. Dabei sind Frauen mit Behinderungen deutlich häufiger Opfer von Gewalt als Frauen ohne Behinderungen.
Die körperliche und psychische Gesundheit sowie psychosoziale Situation der Frauen leiden besonders unter diesen Erlebnissen. Viele der betroffenen Frauen werden vom bestehenden Hilfesystem nicht aufgefangen, weil die Scham zu groß ist und teilweise der Glaube, selbst schuld daran zu sein, vorhanden ist. Dem medizinischen Personal kommt eine wichtige Rolle bei der Aufdeckung der Gewaltbetroffenheit und bei der Vermittlung von Hilfsangeboten zu.
Gesundheit von Frauen mit Behinderungen
Eine anerkannte Behinderung haben 5 Mio. Frauen und Mädchen (etwa 12 % der weiblichen Bevölkerung), 3,8 Mio. Frauen sind schwerbehindert. Der Anteil steigt mit dem Alter – fast 60 % der schwerbehinderten Frauen sind 65 Jahre alt oder älter. Nur rund 19 % der Frauen mit Beeinträchtigungen nehmen ihre Gesundheit als gut oder sehr gut wahr, da sie häufiger ambulante und stationäre Versorgung in Anspruch nehmen.
Frauengesundheit im europäischen Vergleich
Gesundheit und Krankheit sind stark beeinflusst von Lebenswelten, kulturellen und sozialen Einflüssen, die sich zwischen den Geschlechtern, aber auch zwischen den Mitgliedstaaten der EU unterscheiden.
Groß sind die Unterschiede zwischen den europäischen Ländern nicht mehr. Die mittlere Lebenserwartung von Frauen liegt in Deutschland mit 83,3 Jahren nahe am Durchschnitt der 28 EU-Mitgliedstaaten (83,6 Jahre). Die Sterblichkeit durch Herz-Kreislauf-Krankheiten ist in den letzten 15 Jahren EU-weit zurückgegangen, Deutschland liegt mit 323 Todesfällen pro 100.000 Einwohnerinnen leicht über dem Durchschnitt. Knapp 44 % der Frauen in den Mitgliedstaaten sind übergewichtig (inkl. Adipositas), in Deutschland liegt der Anteil bei rund 43 %. Beim monatlichen Rauschtrinken stehen Deutschlands Frauen mit 19 % an zweiter Stelle. Die Frauen, die gesundheitsförderlich körperlich aktiv sind, sind in Deutschland mit 22 % mehr als doppelt so viele wie im EU-Durchschnitt.
Alle Zahlen sind dem Bericht der RKI entnommen.
Fazit – Was wir bei den ganzen Zahlen nicht vergessen dürfen
Jede Frau in jedem Alter und jeder Nationalität ist einzigartig. Jede von uns lebt ihr Leben, das nur sie selbst positiv (oder negativ) beeinflussen kann. Alter ist nur eine Zahl – sie steigt bei uns allen kontinuierlich an – aber älter werden heißt schon lange nicht mehr, dass wir unser Leben aufgeben müssen.
Das wollen wir mit unseren Beiträgen vermitteln und auch unsere wundervollen Interview-Partnerinnen rufen dazu auf, das Leben in die eigene Hand zu nehmen.
Nimm Dir ein Beispiel an ihnen – sei ein Vorbild für Deine Kinder und jede andere Frau um Dich herum. So wird die Welt jeden Tag ein bisschen besser.
Frauenpower – Powerfrauen
Vielen Dank für Deine Treue. Wir hatten in diesem so ungewöhnlichen Jahr die Möglichkeit, mit vielen Powerfrauen Interviews zu führen und von Ihnen Gastbeiträge zu veröffentlichen. Diese Arbeit hat uns sehr bereichert und viel Spaß gemacht.
Hier sind einige Bespiele, die wir Dir in Erinnerung rufen möchten.
- Embrace – Du bist schön
- Psychische Gesundheit im Homeoffice
- Weiberwirtschaft eG – Wir verändern die Welt
- Jugendwahn war gestern – heute rockt das Alter
- Spätes Mutterglück
Wir werden auch im nächsten Jahr wieder Beiträge für Dich schreiben, viele Interviews führen und sicher auch wieder wunderbare Gastbeiträge bekommen. Du darfst gespannt sein.
Jetzt verabschieden wir uns über Weihnachten und den Jahreswechsel in eine Pause bis Mitte Januar.
Wir wünschen Dir eine friedvolle Weihnachtszeit und einen schönen Start in das neue Jahr.
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