Apropos Tabu: Der Vulva-Kalender 2022

Apropos Tabu: Der Vulva-Kalender 2022

„Es könnte kaum kontroverser sein: Sie ist ein Zentrum der Lust, der Sehnsuchtsort Vieler und meistens sogar die erste Haltestelle auf unserem Weg ins Leben. Gleichzeitig wird die Vulva aber auch als komisches, ekliges und hässliches “Das-da-unten” bewertet. Eine dicke undurchsichtige Schicht der kulturellen Beschämung, des Unwissens und der Verleugnung ihrer Schönheit und Freude wabert um die Vulva. Es ist Zeit sie zu durchbrechen.“ (Quelle: Vulvaversity-Website)

Das ist ein Zitat von der Website „Vulvaversity“, die pünktlich zum Jahresende erneut mit einem wunderbaren, diversen Vulva-Kalender für das Jahr 2022 aufwartet.

Das Projekt „Vulvaversity“

Aus dem Projekt „Vulvaversity“ entstanden, räumte der Kalender bereits im Jahr 2021 mit der allgemein vorherrschenden Scham auf. Die Neuauflage 2022 entmystifiziert weiter. Die Bilder sind unbearbeitet und es wurde auf eine künstlerische Darstellung verzichtet. Zusätzlich gibt es viele wissenswerte Informationen zur Vulva, die teilweise zur Allgemeinbildung gehören sollten. Nach dem Abreißen können die Bilder als Postkarten, Notizzettel oder Einkaufslisten genutzt werden.

Hinter dem Projekt stehen engagierte Künstler:innen zwischen 23 und 30 Jahren, die zum Nachdenken anregen wollen. Letztes Jahr gab es einen Shitstorm – und wir sind sehr gespannt, ob sich die Welt bis heute schon verändert hat.

Mehr Informationen findest Du auf der Vulvaversity Website

Zum Bestellen gibt es Postkarten, das Vulva-Museum und den aktuellen Kalender im Vulvaversity Shop.

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Vulva und Vagina – Neue Einblicke in die weibliche Lust

Vulva und Vagina – Neue Einblicke in die weibliche Lust

Einen Penis kann jede:r zeichnen. Wie die anatomisch korrekte Vagina oder Vulva aussieht, wissen die wenigsten. Nur wenige Frauen bemühen einen Spiegel, um sich das „da unten“ mal genauer anzusehen.

Es fängt schon mit den Begrifflichkeiten Vulva und Vagina an. Kannst Du die Begriffe genau zuordnen? Weißt Du im Detail, wo Deine Klitoris, der Damm oder Dein Harnausgang liegen, was die inneren oder äußeren Schamlippen sind?

Die weiblichen Genitalien sind ein großes Mysterium und das „da unten“ immer noch Terra incognita. Viele Frauen stellen sich die Frage: „Bin ich normal?“. Damit müssen wir aufhören und die weiblichen Genitalien aus der Schamzone holen. Die Vulva ist für die Frau ein Körperteil, wie eine Hand oder ein Fuß, wo diese Frage ja schließlich auch nicht gestellt wird.

Die Vielfalt der Schönheit

Mit dieser Unsicherheit macht die 3Sat Wissenschaftsdoku „Vulva und Vagina – Neue Einblicke in die weibliche Lust“  jetzt Schluss.

Eine 2018 in der Schweiz durchgeführte Untersuchung hat die Vulven von über 650 Frauen zwischen 15 und 84 Jahren vermessen. Dabei kam Erschreckendes zu Tage: weniger als 30 % der Frauen wissen, was mit Vulva gemeint ist. Sie sprechen stattdessen von Vagina, Scheide oder „da unten“. Ein weiteres, ganz banales Ergebnis: die Variationen der Vulven sind erheblich. Sie sind, wie unser gesamter Körper – Hände, Ohren, Brüste oder Gesicht – asymmetrisch und individuell. Die Vielfalt ist also normal, keine Vulva gleicht der anderen.

Jede Frau ist schön, wie sie ist!

Wenn Vulven abgebildet werden, in Aufklärungsbüchern, der Aktfotografie oder in Pornos, dann meistens in einer perfekten Form – geschlossen, glatt, sehr jung, operiert oder fotografisch nachbearbeitet. Sehr selten sind sie faltig, dunkel gefärbt oder sehr groß.

Dieser zur Schau gestellte Perfektionismus hat in den Jahren 2014 bis 2018 zu einem 20%igen Anstieg der intimchirurgischen Eingriffe geführt. Operationen sind sinnvoll, wenn Frauen unter wund geriebenen Genitalien leiden, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr haben oder ihre Genitalien beschnitten wurden – mehr Informationen hierzu gibt es in der Dokumentation. Einem Schönheitsideal nachzueifern, sich „optimieren“ zu lassen, ist unnötig und – nebenbei bemerkt – sind diese Eingriffe auch nicht ohne Risiko.

Zuallererst müssen wir lernen, uns selbst zu lieben, uns und unserem Körper schön finden.Wir dürfen endlich damit aufhören, uns mit den retuschierten Schönheiten der Hochglanzhefte zu vergleichen. Wir sollten den Mut und die Offenheit haben, unsere Sexualität an uns selbst zu erfahren und über unsere sexuellen Wünsche zu sprechen. Das ist so wichtig für unser Wohlbefinden, die Beziehung zu unseren Partner:innen und unsere Befriedigung.

Die weibliche Lust

Unsere Duldsamkeit in Beziehung auf unseren Orgasmus, unsere Vorstellung, dass es wichtiger ist, den Mann zum Orgasmus zu bringen als selbst einen zu haben – ein beharrliches Überbleibsel des viktorianischen Zeitalters (1837 – 1901). Hier haben Männer Frauen ihre Sexualität abgesprochen. Sie sollten hinter dem Herd glücklich sein und mit Sex „nichts am Hut“ haben, es sei denn, es diente der Befriedigung des Mannes. Von der Lust der Frau war nicht die Rede, die Gesellschaft tabuisierte die weiblichen Genitalien und die Wissenschaft fügte sich dem Zeitgeist.

Heute haben sich viele Wissenschaftler:innen der Forschung an den weiblichen Genitalien verschrieben und die Enttabuisierung der weiblichen Lust zur Aufgabe gemacht. Zum ersten Mal seit Jahrhunderten entstehen exakte 3D Modelle der Vulva. Die Aus- und Weiterbildungen der Fachärzte werden um die neuen Erkenntnisse erweitert. Frauenärzt:innen beraten und vermitteln Frauen ein Bild ihrer Vulva und klären über ihre Mechanismen auf. Künstler:innen und Aktivist:innen backen Vulvatörtchen oder modellieren Vulven in Gips.

Alle diese Fakten und noch vieles mehr thematisiert der Beitrag der 3Sat Wissenschaftsdoku „Vulva und Vagina – Neue Einblicke in die weibliche Lust“.

Eine absolute Empfehlung unserer Redaktion.

Das Video verfügbar bis 22.04.2026.

Wir haben über diesen Themenkomplex schon in einigen Beiträgen geschrieben.

Die Links zu unseren bisherigen Beiträgen:

Vulva-Kalender 2021: vielfältig, divers und realistisch

Embrace – Du bist schön!

Schönheitstrend Intimchirurgie?

Außerdem haben wir noch weiterführende Links zusammengestellt.

Orgasmus – das höchste der Gefühle (verfügbar bis 10.06.2026

Sheila de Liz – Gynäkologin
Youtube
Instagram

Stefanie Grübl – Sexualpädagogin, Künstlerin
Website
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Dr. med. Regina Widmer – Fachärztin für Frauenheilkunde, Sexualität, Intimpflege und Phytotherapie
Website

Vulva-Kalender 2021: vielfältig, divers und realistisch

Vulva-Kalender 2021: vielfältig, divers und realistisch

Damit ein ungewöhnlicher Kalender in die Verbreitung gehen konnte, war eine Crowdfunding-Kampagne der richtige Ansatz: Die gesamte Auflage des Vulven-Kalenders 2021 ist ausverkauft. Ein Artikel in der FAZ hat uns das spannende Projekt nähergebracht.

Vulvaversity

Das Projekt „Vulvaversity“ räumt mit der allgemein vorherrschenden Scham bezüglich der Vulva auf und will das Bild der Norm-Vulva in den Köpfen der Menschen durch eine realistische Vorstellung ersetzen. Dabei ist das Motto des Abreißkalenders „Mal so richtig hinschauen“ Programm: Es werden 365 unbearbeitete Fotografien von Vulven gezeigt, die die Realität widerspiegeln: vielfältig und divers in all ihren Formen und Farben.

Hinter dem Projekt steht das Freiburger Kollektiv. Engagierte Künstler:innen zwischen 25 und 30 Jahren wollen zum Nachdenken und zur Diskussion anregen. Das haben sie erfolgreich umgesetzt. Es gab sehr viel Lob, aber auch einem Shitstorm haben sie mit ihrer Idee ausgelöst.

Eine zweite Auflage ist in Planung und wir sind bereits jetzt sehr gespannt, wie die Umsetzung durch das Team um Indra Küster aussehen wird.

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Das Interview in der FAZ ist absolut lesenswert und wir sind der Meinung, dass das Thema insgesamt mehr öffentliche Aufmerksamkeit erfordert. Was meinst Du dazu?

Zum FAZ-Artikel

Zum Stern-Artikel

Vulvaversity Website