Der boomende Online-Handel treibt die Betrugsfälle in die Höhe und die Tendenz steigt weiter, weil aufgrund der Pandemie viel mehr online bestellt wird. Im Jahr 2019 wurden von den deutschlandweit angezeigten 57.530 Betrugsfällen nicht einmal 30% aufgeklärt. Die ZDF Dokumentation (leider ist das Video nicht mehr verfügbar) von Maja Helmer macht deutlich, wie einfach es ist, Identitäten zu missbrauchen und wie schnell jeder zu einem Betrugsopfer werden kann!

Die Krux mit den Prioritäten

Mit verschiedenen Stellschrauben kann dem Bestellbetrug entgegengewirkt werden, doch die Interessenslage „Umsatz“ spricht dagegen. Die Hürde zum Kaufabschluss klein zu halten, ist das Ziel der Online-Händler und dazu wird häufig der riskante „Kauf auf Rechnung“ angeboten. Betrug ist dabei besonders einfach, weil wenige Daten zum Bestellen ausreichen, die nicht überprüft werden. Eine weitergehende Identifizierung des Bestellers ist seitens der Gesetzgebung auch nicht vorgeschrieben und zudem für die Händler sehr kostenaufwendig.

Die Folge: Unberechtigte benötigen nur wenige persönlichen Daten, um eine illegale Bestellung durchzuführen.

Im Darknet werden illegale Datensätze aus Phishing-Aktionen z. B. für PayPal Kunden ab 10 $ angeboten, mit Namen, Adressen, Bankverbindungen und Passworten. Mit diesen Angaben wird das Shoppen für einen Betrüger einfach, zumal die Identität nicht hinterfragt wird. Leidtragend sind die ahnungslosen Kunden, die erst dann mit der Realität konfrontiert werden, wenn Zahlungsaufforderungen von Anwälten und Inkassobüros ins Haus flattern.

Deutschland: Das schwächste Glied

Der Beitrag „Gestohlene Identität – Auf der Spur der Online-Betrüger“ macht deutlich, dass in Deutschland vergleichsweise schwache Sicherheitsvorkehrungen herrschen. Sowohl das Bundesfinanz- als auch das Bundeswirtschaftsministerium setzen aktuell auf freiwillige Lösungen. Somit werden dem Online-Handel keine höheren Vorgaben gemacht, obwohl die Justiz mit den steigenden Fallzahlen an ihre Grenzen stößt.

Der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland e.V. sieht ebenfalls keinen Bedarf für erhöhte Sicherheitsvorkehrungen, denn die Betrugsfälle bewegen sich im Promille-Bereich. Maja Helmer zeigt, dass selbst die großen Zahlungsanbieter nur begrenzte Möglichkeiten haben. Zahlungsdienstleister wie z. B. Ratepay, Billpay oder Klarna übernehmen für Online-Händler zwar das Ausfallrisiko, doch auch ihnen fällt es schwer, die echten Käufer von den Bestell-Betrügern zu unterscheiden.

Immerhin konnte die Staatsanwaltschaft Dresden im Jahr 2018 nach fast 6 Jahren Arbeit einen internationalen Online-Bestell-Betrüger-Ring sprengen, der den deutschen Online-Handel um 13 Mio. Euro betrogen hat. Doch diese Erfolge sind selten.

Die Macht der potenziellen Opfer

Was sind die Folgen für die Betroffenen, den Opfern des Bestellbetrugs? Monatelang müssen sie Zeit, Geld und Nerven investieren, um sich gegen die unberechtigten Vorwürfe zu wehren und um gegen Anwälte und Inkassobüros anzugehen. Ein daraus resultierender schlechter Schufa-Eintrag kann weitreichende Folgen haben.

Was lässt sich also tun? Bessere Passwörter und die Aktivierung der 2-Faktor-Authentifizierung (sofern das angeboten wird) sind zumindest Möglichkeiten, die jeder für seine Sicherheit umsetzen kann. Auch kann das eigene Kaufverhalten auf den Prüfstand gestellt werden und der Fokus auf höhere Sicherheitsstandards gelegt werden.

Jeder Käufer hat die Macht, mit seinem Einkaufsverhalten Dinge zu verändern. Ich möchte meine Macht nutzen: Ich richte mein Augenmerk auf die Sicherheit des Online-Shops und nicht mehr auf ein einfaches Bestellerlebnis.

Und wie stehst Du zu dem Thema?

(Die Sendung war nur bis zum 22.01.2022 online verfügbar.)