Vertrauen aufbauen, Liebe vorspielen und dann vom frisch verliebten Opfer Geld fordern – das ist Love-Scamming. Das Thema gibt es schon lange, dennoch schützt uns nur unser „gesunder Menschenverstand“ und rationales Denken vor Schlimmerem.

Mit interessierten Fragen, Mitgefühl und Liebesbekundungen rund um die Uhr, werden Menschen aller Bildungsschichten in Datingportalen und auf Social-Media-Kanälen in die Falle gelockt. Mit anerkennenden Worten, Lob, Interesse und Kosenamen wird schnell eine wundervolle (Online)Liebesbeziehung aufgebaut. Der Aufwand lohnt sich für Betrüger:innen, denn beim Betroffenen entsteht das Gefühl „endlich versteht mich jemand und ist für mich da“.

Spontane Notlage verhindert persönliche Treffen

Der Wunsch nach einem persönlichen Treffen wächst. Ist es dann endlich so weit, wird der Termin aus unterschiedlichsten Gründen kurzfristig abgesagt. Meistens ist etwas Schlimmes passiert, z. B. ein Raubüberfall, ein Krankenhausaufenthalt oder eine familiäre Notsituation, so dass auch hier wieder das Mitgefühl aktiviert wird. Aus dieser Not resultiert natürlich ein vorgespielter finanzieller Engpass und das verliebte Opfer wird – anfangs ganz freundlich – gebeten, dringend Geld zur Überbrückung zu überweisen – das selbstverständlich so schnell wie möglich zurückgezahlt wird … „fest versprochen“.

Schuldenberg und Schamgefühl

Das Love-Scamming-Opfer kann sich bereits nach kurzer Zeit nur schwer aus dieser lebenserfüllenden und zeitintensiven Partnerschaft lösen. Die mentale Einwicklung wirkt, ein rationales Denken ist nicht mehr möglich. Die Beziehung fühlt sich gut an, man ist nicht mehr allein, man kann über alles reden – und das wird gnadenlos ausgenutzt. Der Betroffene schickt das Geld, ob aus Mitgefühl, Angst vor Einsamkeit oder dem Verlust eines „wichtigen“ Menschen, und hofft weiter auf das nächste Treffen.

Doch auch danach gibt es immer wieder schlimme Nachrichten, Notlagen oder sonstige Ereignisse, die die persönlichen Treffen verhindern und weitere finanzielle Unterstützung notwendig machen. Irgendwann wird dem Betroffenen klar, dass er betrogen wurde und sich ein großer Schuldenberg angesammelt hat. Besonders schlimm: das Schamgefühl verhindert, sich Hilfe zu holen.

Love-Scamming: Wer macht so etwas?

Meistens sind es Teams von 3 – 6 Personen, die die Kommunikation rund um die Uhr aufrecht halten, während das Opfer glaubt, lediglich eine wundervolle Person vor sich zu haben. Pro Team werden ca. 20 – 30 potenzielle Opfer bearbeitet. Das ist nur möglich, wenn keine Fragen beantwortet werden, da sonst jeder aus dem Team alle Antworten für jeden Kontakt kennen müsste. Also ist die Strategie eine andere. Die Scammer stellen Fragen, um Interesse zu zeigen, Vertrauen aufzubauen, den richtigen Hebel für die Geldforderungen und deren Höhe zu finden.

In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass Männer-Teams aus Afrika hierzulande Frauen anschreiben. Männer werden von osteuropäischen Frauen-Teams kontaktiert. Ausweichen, ablenken und Gegenfragen stellen, mit dieser Vorgehensweise kommen die Teams zum Erfolg.

Genau hinschauen …

Woran ist erkennbar, dass es sich um ein Fakeprofil handelt? Es gibt verschiedene Hinweise, die darauf hindeuten, wann Vorsicht geboten ist:

  • geschrieben wird nicht in Deutsch oder mit schlechter Übersetzung
  • Videotelefonate werden abgelehnt
  • Fragen werden nicht beantwortet, sondern gestellt
  • die persönlichen Treffen werden – aus „verständlichen“ Gründen – spontan abgesagt
  • um Geld wird erst gebeten, dann gefordert (für Notlagen, Operationen, finanzielle Engpässe usw.)
  • die Profilbilder stammen immer aus anderen öffentlichen Profilen (siehe unten)

Zu den Profilbildern haben wir in den Antworten unter dem NDR-Beitrag auf Youtube: „Love-Scamming: Internet-Betrug statt großer Liebe“ einen interessanten Hinweis gefunden. (Leider steht der Beitrag nicht mehr zur Verfügung, Anm. d. Red. vom 10.10.2022.)

Noah Roos hat den Beitrag wie folgt kommentiert:

„Dadurch das die Scammer Bilder von anderen Personen aus dem öffentlichen Leben klauen ist es möglich, dies innerhalb weniger Minuten rauszufinden: -Screenshot von dem Bild der Scammer machen -Ausschneiden so das nur das Gesicht zu sehen ist – Das Bild bei Google Bilder suchen. Dies funktioniert sehr einfach und zuverlässig. Es ist aber keine Absicherung, dass diese Person dann kein Scammer ist!“ 

Verurteilung tut weh

Im Internet kursieren viele Kommentare zum Love-Scamming, die die Betroffenen als dumm darstellen. Wir möchten deutlich machen, dass jeder Mensch – unabhängig vom Bildungsniveau – darauf hereinfallen kann. Die Betrüger nutzen die emotionale Verletzlichkeit ihrer Opfer auf brutale Art und Weise aus. Daher sind wir der Meinung, dass echtes Mitgefühl für die Betroffenen wesentlich hilfreicher ist.

Anlaufstellen für Betroffene

Wir haben hier – zwei in den Filmbeiträgen genannte – Anlaufstellen für Betroffene aufgeführt. Es gibt dort Menschen, die nachvollziehen und verstehen können, wie so etwas passieren konnte und Hilfe anbieten können.

Betroffene finden u.a. Hilfe bei:

Ursula Tschorn und der Website „SOS Selbsthilfe Liebesbetrug“ 

Helga Grotheer betreibt auf der Website „Romancescambaiter.de“ ein Forum, veröffentlicht Fakeprofilbilder und angebliche Identitätsbeweise

Weitere Links bzw. Beiträge:

NDR „Nordmagazin“ vom 20.09.2022: Love Scamming: Verliebt in ein Phantom (verfügbar bis 20.09.2024)

SWR „Kaffee oder Tee“ vom 19.04.2023: So schützen Sie sich vor Liebesbetrüger im Internet (verfügbar bis zum 18.04.2024)

ZDF Reportage vom 25.11.2022: Liebesfalle Internet (verfügbar bis zum 05.10.2024)

WDR Doku auf Youtube: „Verliebt in ein Fake-Profil“ 

NDR Ratgeber (Textbeitrag vom 23.07.2021): Internet-Betrug: Maschen der Täter und wie Sie sich schützen