TVT-Operation bei Harninkontinenz
Die Sendung „Doc Fischer“ vom 09.01.2023 hat das Thema Inkontinenz im Fokus (ab Minute 24:20). Im Beitrag wird Christel Trautwein-Bosch, Sportpädagogin und aktive Sportlerin, auf ihrem Weg zur Verbesserung der Inkontinenz begleitet und sie erfährt dabei, dass über 30% der Frauen ihren Beckenboden nicht steuern können. Obwohl sie durch ihr Training gewohnt ist, ihre Muskeln gezielt anzuspannen, hat ihr das Beckenbodentraining verdeutlicht, dass es noch einiges zu lernen gibt 😊.
Zu Gast in der Sendung ist auch Frau Prof. Dr. Christl Reisenauer, Urogynäkologin am Universitätsklinikum Tübingen. Sie hat festgestellt, dass das Thema Inkontinenz in der älteren Generation oft noch ein Tabuthema ist, während die jüngere, die besser aufgeklärt ist, selbstverständlicher damit umgeht. Je eher sich Betroffene ein Herz fassen und mit ihren Ärzten über ihre Inkontinenz sprechen, desto früher kann für eine Verbesserung gesorgt werden. Ähnliches haben wir schon in unserem Beitrag Inkontinenz: Rückschritte der Lebensqualität berichtet.
Erste Behandlungsmöglichkeiten bei Inkontinenz
Eine Beckenbodenschwäche entsteht häufig durch Belastungen, denen der Beckenboden ausgesetzt ist – bei einer Schwangerschaft und Geburt, schwerer körperlicher Arbeit, chronischer Verstopfung oder Übergewicht. Frau Prof. Reisenauer verweist auf eine Studie, die belegt, dass ein Gewichtsverlust von 8 kg bei Übergewichtigen mit einer Reduktion des Urinverlustes um 47% einhergeht.
Liegt eine Belastungsinkontinenz vor, können Ärzte durch eine Tast- oder mit Hilfe einer Ultraschall-Untersuchung feststellen, wie kräftig der Beckenboden ist und bei Bedarf eine Beckenbodentherapie verschreiben. Auch speziell ausgebildete Physiotherapeut:innen können Betroffenen ein Feedback geben, ob sie die Muskelgruppe richtig an- und entspannen können.
Der Einsatz von Hilfsmitteln
Als Hilfsmittel können z. B. Scheidentampons in verschiedenen Größen verschrieben werden. Sie stützen die Harnröhre, kräftigen den Verschlussmechanismus der Blase und verringern dadurch die Inkontinenz. Sie sorgen für Trockenheit in besonderen Belastungssituationen.
Nach ihrer Meinung zum Einsatz eines Beckenbodentrainers mit Biofeedback und App (z. B. Elvie Trainer) befragt, ist es lt. Frau Prof. Dr. Reisenauer wichtig, dass erst eine Physiotherapie durchgeführt wird, damit die Betroffenen erstmal ein Gefühl für ihren Beckenboden bekommen. Danach spricht aus ihrer Sicht nichts gegen den Einsatz eines Gerätes mit App.
Sollte das nicht den gewünschten Erfolg erzielen, besteht die Möglichkeit einer TVT-Operation.
TVT-Operation bei Inkontinenz
Im weiteren Verlauf der Sendung geht es um die Risiken und Möglichkeiten der TVT-Operation. Mit diesem Eingriff kann eine Verbesserung der Inkontinenz erzielt werden.
Dabei wird ein künstliches Bändchen eingenäht, das die Harnröhre in Position hält und den Verschlussmechanismus der Blase stützt. Obwohl die OP nur etwa eine Stunde dauert, kann dabei einiges schief gehen, wie Claudia Mattes erleben musste. Bei ihr war das Bändchen teilweise in die Blase eingewachsen, was zu starken Schmerzen und Blut im Urin führte. Um ungenaue Platzierungen bei der Operation zu vermeiden, verweist Prof. Dr. Reisenauer auf die zertifizierten Beckenbodenzentren mit spezialisierten Ärzten. Dort werden diese Eingriffe häufig durchgeführt und das Risiko von Folgebeeinträchtigungen verringert sich deutlich.
Die Operation wird schmerzfrei mit einem Beruhigungsmittel und einer örtlichen Betäubung durchgeführt. Eine Vollnarkose ist nicht möglich, da die Patientin während des Eingriffs aktiv „mitarbeiten“ muss. Sie wird zum Husten aufgefordert, um zu prüfen, ob das Bändchen passgenau und spannungsfrei justiert ist. Denn sitzt es zu locker, ändert sich am ungewollten Urinverlust nichts.
Risiken und Chancen
Die eingriffsspezifischen Risiken liegen bei der TVT-Operation zum einen darin, dass das Bändchen zu locker bzw. zu fest liegen kann. Zum anderen, dass es im Laufe der Zeit durch die Scheidenhaut wandert oder in benachbarte Organe wie die Harnröhre oder in die Blase eindringt. Das Risiko der Durchwanderung ist selten. Es wird mit bis zu 7% in die Scheide angegeben, in die Blase mit bis zu 0,6% und die Harnröhre ist es noch seltener.
Die Wahrscheinlichkeit, dass die Operation erfolgreich ist, liegt bei über 80%.
Weiterführende Links:
ARD Mediathek, SWR Doc Fischer vom 09.01.2023 (Verfügbar bis 09.01.2028) – „Fokus Inkontinenz“ ab Minute 24:20, „TVT-Operation“ ab Minute 35:36
Deutsche Kontinenz Gesellschaft, Liste Zertifizierte Kontinenz- und Beckenbodenzentren
Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, TVT
Wikipedia: Tension-free vaginal tape (TVT)
Beckenbodenzentrum-Münster: Operative Therapie