Frauenrechte in Deutschland und Europa

Frauenrechte in Deutschland und Europa

Fortschritte und Herausforderungen

Angeregt durch den Artikel „Überparteiliche Allianz fordert: Femizide verhindern, Abtreibungen legalisieren!“ im Magazin EDITION F habe ich mich mal schlau gemacht, welche Rechte Frauen in Deutschland und Europa haben. Natürlich habe ich ebenfalls recherchiert, wo noch Defizite liegen.

Uns Frauen in Deutschland und in den meisten EU-Ländern geht es relativ gut, denn die Frauenrechte sind fest in den Gesetzgebungen verankert. Diese Rechte sichern nicht nur grundlegende Freiheiten und Gleichberechtigung, sondern fördern auch ihre Teilhabe in politischen, wirtschaftlichen und sozialen Bereichen.

Zu den wichtigsten Frauenrechten zählen das Recht auf Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung, das Recht auf Selbstbestimmung, das Recht auf Schutz vor Gewalt, und das Recht auf Teilhabe in allen Lebensbereichen.

Doch trotz dieser gesetzlichen Errungenschaften bestehen noch viele Ungleichheiten, die es zu überwinden gilt.

Gleichberechtigung und Nichtdiskriminierung

Im deutschen Grundgesetz und in der Europäischen Menschenrechtskonvention ist festgeschrieben, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind. Artikel 3 des Grundgesetzes in Deutschland stellt klar, dass Frauen und Männer gleichberechtigt sind und der Staat somit verpflichtet ist, die tatsächliche Gleichstellung durchzusetzen. In der Praxis bedeutet dies u. a. gleiche Chancen im Arbeitsmarkt, in der Bildung und in sozialen Bereichen.

Die EU stärkt diese Rechte durch verschiedene Antidiskriminierungsrichtlinien, die sicherstellen sollen, dass Frauen in allen Mitgliedstaaten die gleichen Chancen haben und nicht aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt werden.

Recht auf Selbstbestimmung

Ein zentraler Bestandteil der Frauenrechte ist das Recht auf Selbstbestimmung über den eigenen Körper. Dazu gehört das Recht auf reproduktive Gesundheit und die freie Entscheidung hinsichtlich Schwangerschaft und Familienplanung. In Deutschland und vielen EU-Staaten haben Frauen ebenfalls das Recht auf Zugang zu Verhütungsmitteln und Schwangerschaftsabbrüchen – unter bestimmten Bedingungen. Während Länder wie Deutschland, Frankreich und die Niederlande liberale Gesetze zur Reproduktionsgesundheit haben, ist der Status für Frauen in anderen EU-Ländern, etwa Polen oder Malta, erheblich eingeschränkt. Diese Unterschiede verdeutlichen, dass das Thema Frauenrechte innerhalb der EU nicht einheitlich geregelt ist und Frauen je nach Aufenthaltsland unterschiedliche Möglichkeiten hinsichtlich ihrer Selbstbestimmung haben.

Schutz vor Gewalt und sexuellem Missbrauch

Der Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt und sexuellem Missbrauch ist ein wesentlicher Bestandteil und wird in Deutschland und in der EU durch verschiedene Gesetze und Initiativen gestärkt. Das deutsche Gewaltschutzgesetz ermöglicht Frauen, bei häuslicher Gewalt gerichtlichen Schutz zu suchen. Die EU hat mit der Istanbul-Konvention ein umfangreiches Regelwerk geschaffen, das Frauen vor häuslicher Gewalt, sexuellen Übergriffen und Stalking schützt.

Hast Du schon von der Istanbul-Konvention gehört? Ich bisher nicht, daher ein Exkurs:

Istanbul-Konvention – Ein Meilenstein im Kampf gegen Gewalt an Frauen und die Herausforderungen ihrer Umsetzung

Die Istanbul-Konvention des Europarats, die 2011 verabschiedet und 2014 in Kraft getreten ist, gilt als eines der umfassendsten internationalen Abkommen zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt. Sie legt Standards fest, die Frauen vor geschlechtsspezifischer Gewalt schützen sollen, und verpflichtet die Unterzeichnerstaaten zu konkreten Maßnahmen. Doch obwohl die Konvention einen bedeutenden Fortschritt darstellt, ist ihre Umsetzung in vielen Ländern Europas nach wie vor unzureichend und stößt auf politischen Widerstand.

Was regelt die Istanbul-Konvention?

Sie verfolgt einen umfassenden Ansatz, um Gewalt gegen Frauen zu verhindern, Betroffene zu schützen und Täter zur Rechenschaft zu ziehen. Ihre zentralen Inhalte umfassen Prävention, Schutz und Unterstützung, ganzheitliche Strategien und Monitoring. Die Konvention verpflichtet die Staaten, durch Bildungsprogramme und öffentliche Kampagnen ein Bewusstsein für Gewalt gegen Frauen zu schaffen und geschlechtsspezifische Stereotype abzubauen (Prävention).

Die Opfer von Gewalt müssen Zugang zu Schutzunterkünften, Hotlines, medizinischer Versorgung und rechtlicher Unterstützung erhalten. Der Schutz der Opfer hat dabei oberste Priorität (Schutz und Unterstützung).

Copyright EDITION F
Copyright EDITION F

Die Konvention fordert, dass alle Formen von Gewalt gegen Frauen, einschließlich häuslicher Gewalt, sexueller Übergriffe, Zwangsheirat, Genitalverstümmelung, Stalking und Zwangsabtreibung, unter Strafe gestellt werden (Strafverfolgung). Die Staaten sollen umfassende Aktionspläne entwickeln, die Zusammenarbeit zwischen Behörden fördern und ausreichend Ressourcen bereitstellen (ganzheitliche Strategien). Ein unabhängiges Expertengremium (GREVIO) soll die die Umsetzung überwachen und Berichte über den Fortschritt und bestehende Defizite veröffentlichen (Monitoring).

Die Istanbul-Konvention hat in vielen Ländern wichtige Veränderungen angestoßen. In Deutschland wurde sie 2017 ratifiziert und trat am 1. Februar 2018 in Kraft. Durch die Konvention wurde das Gewaltschutzgesetz gestärkt und Opfer häuslicher Gewalt erhalten besseren rechtlichen Schutz. Auch der Ausbau von Frauenhäusern und die Einrichtung von 24-Stunden-Hotlines sind direkte Folgen des In-Kraft-Tretens. Auf EU-Ebene hat die Konvention den politischen Diskurs über geschlechtsspezifische Gewalt intensiviert und einheitliche Mindeststandards für die Mitgliedsstaaten geschaffen.

Trotz ihrer Bedeutung ist die Istanbul-Konvention in vielen Ländern noch nicht vollständig umgesetzt. In Ländern wie Polen, Ungarn und der Türkei gibt es starken Widerstand. Kritiker behaupten, sie würde „traditionelle Familienwerte“ untergraben und lehnen Begriffe wie „Gender“ ab, die in der Konvention verwendet werden. Die Türkei war zwar Vorreiter bei der Ratifizierung, ist aber 2021 durch die landesinternen Widerstände sogar aus der Konvention ausgetreten.

Viele Länder verfügen nicht über ausreichende Mittel, um die geforderten Schutzmaßnahmen wie Frauenhäuser, Schulungsprogramme oder Hilfsangebote umzusetzen. Dies betrifft vor allem strukturschwächere Regionen innerhalb der EU.

In einigen Staaten sind manche Formen von Gewalt, etwa Vergewaltigung in der Ehe, Stalking oder psychologische Gewalt, noch immer nicht eindeutig strafrechtlich definiert und können somit nicht geahndet werden.

Die Konvention fordert Schutz – unabhängig von Aufenthaltsstatus. Doch Migrantinnen und geflüchtete Frauen sind häufig besonders gefährdet, da es in bestimmten Ländern keine Schutzangebote gibt oder sie eine Abschiebung fürchten. Auch kulturelle und soziale Normen erschweren die Umsetzung. In patriarchalisch geprägten Gesellschaften ist Gewalt gegen Frauen oft ein Tabuthema, was es den Opfern erschwert, Hilfe zu suchen.

Selbst in Deutschland gibt es immer noch Lücken. Der Mangel an Schutzunterkünften ist ein akutes Problem: Laut Expert:innen fehlen hier viele tausend Frauenhausplätze, um den notwendigen Bedarf zu decken. Zudem kritisieren Organisationen, dass die Finanzierung vieler Hilfsangebote unzureichend und uneinheitlich ist, da sie oftmals von den Bundesländern und den Kommunen abhängig ist. Ein weiteres Problem stellt die mangelnde Sensibilisierung bei der Polizei und in der Justiz dar. Frauen, die häusliche Gewalt melden, stoßen oft auf Argwohn, Unglauben oder mangelndes Verständnis für die Dynamik, die in solchen Beziehungen vorherrschend sind. Zwar gibt es Schulungen, doch diese sind bisher nicht flächendeckend etabliert.

Ein wichtiger Meilenstein mit Nachholbedarf

Die Istanbul-Konvention ist ein Meilenstein im internationalen Kampf gegen Gewalt an Frauen, doch ihre Wirksamkeit hängt entscheidend von der konsequenten Umsetzung ab. Während Länder wie Schweden oder Spanien als Vorbilder gelten, gibt es in Deutschland und anderen EU-Staaten weiterhin Lücken, die dringend geschlossen werden müssen. Der politische Widerstand in einigen Ländern zeigt, dass der Schutz von Frauenrechten kein Selbstläufer ist, sondern massiv verteidigt werden muss.

Die Konvention erinnert daran, dass Gewalt gegen Frauen nicht nur ein individuelles Problem ist, sondern tief in gesellschaftlichen Strukturen verankert ist. Diese zu verändern, bleibt eine große Aufgabe – für Politik und Gesellschaft gleichermaßen.

Verlassen wir das Thema Istanbul-Konvention und wenden wir uns den weiteren Frauenrechten zu.

Recht auf gleiche Bezahlung und Chancengleichheit im Beruf

Frauen in Deutschland und der EU haben das Recht auf gleiche Bezahlung für gleichwertige Arbeit. Dennoch besteht in vielen EU-Ländern weiterhin ein „Gender Pay Gap“: Frauen verdienen im Durchschnitt weniger als Männer in vergleichbaren Positionen. In Deutschland liegt der Gender Pay Gap bei etwa 18 %, womit das Land über dem EU-Durchschnitt liegt. Die EU fördert mit Initiativen wie der „Lohngleichheitsrichtlinie“ und Programmen zur Förderung von Frauen in Führungspositionen die Chancengleichheit im Beruf. Unternehmen werden zunehmend verpflichtet, Transparenz in der Lohngestaltung zu schaffen, um Benachteiligungen aufgrund des Geschlechts aufzudecken und abzubauen.

Politische Teilhabe und Repräsentation

Ein wichtiger Bestandteil der Frauenrechte ist die politische Teilhabe. Frauen haben in Deutschland und den EU-Ländern das Recht, sich politisch zu engagieren, Ämter zu bekleiden und politische Entscheidungen mitzugestalten. Die EU setzt sich mit Programmen und Quotenvorgaben dafür ein, dass Frauen in politischen und wirtschaftlichen Entscheidungspositionen vertreten sind. In Deutschland gibt es ebenfalls Quotenregelungen für den Frauenanteil in politischen Gremien und Unternehmensvorständen. Diese Maßnahmen zeigen erste Erfolge, doch Frauen sind hier als auch in vielen anderen EU-Ländern weiterhin unterrepräsentiert, insbesondere in Spitzenpositionen.

Fazit

Die Frauenrechte in Deutschland und anderen EU-Staaten haben in den letzten Jahrzehnten große Fortschritte gemacht. In vielen Bereichen haben Frauen heute eine rechtlich gesicherte Gleichstellung und den Schutz vor Diskriminierung. Dennoch bestehen immer noch Herausforderungen, etwa beim Gender Pay Gap, dem Zugang zu reproduktiven Rechten und dem Schutz vor körperlicher und seelischer Gewalt. Die Unterschiede innerhalb der EU machen deutlich, dass Frauenrechte stark von der politischen und kulturellen Ausrichtung eines Landes beeinflusst werden. Die Europäische Union und ihre Mitgliedsstaaten stehen daher in der Verantwortung, sich kontinuierlich für den Schutz und die Stärkung der Frauenrechte einzusetzen und bestehende Ungleichheiten zu beseitigen. Nur so kann die Vision einer gleichberechtigten Gesellschaft Realität werden.


Weiterführende Links:

Beitrag EDITION F

Women for Women International

Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt

Die Patientenverfügung, das verbindliche Recht auf Selbstbestimmung

Die Patientenverfügung, das verbindliche Recht auf Selbstbestimmung

Ein Beitrag aus unserer Reihe: Entscheidungen im Fokus

Ich möchte sehr gerne lange leben! In meiner Vorstellung bin ich dabei gesund und kann mich frei bewegen. Das Bild, ich alt, schwach und an ein Pflegebett gefesselt, taucht dabei nicht auf. Das Gute daran ist, in dieser gedanklichen Szene kann ich noch kommunizieren und meine Wünsche äußern.

Doch was wäre, wenn meine Zukunft etwas Schlimmeres für mich bereithält? Möchte ich, dass meine Wünsche hinsichtlich ärztlicher Behandlung und Pflege respektiert werden?
Das kann ich mit einem klaren „Ja“ beantworten und denke mir, dass meine Familie und mein Lebenspartner ja wissen, wie ich bestimmte Entscheidungen für mich treffen würde. Eine kurze Rückfrage bringt mir Klarheit: „Nein, wissen wir nicht!“ Sie müssten sich auf reine Vermutungen und auf Einstellungen beziehen, die ich vielleicht schon vor Jahren über Bord geworfen habe.

Diese Antwort bringt mich ins Grübeln. Was wäre, wenn ich für meinen Lebenspartner eine Entscheidung treffen sollte? Wenn ich gefragt werde, ob er künstlich beatmet werden soll oder nicht? Wie würde er wollen, dass ich für ihn entscheide? Und wenn ich zu einem „Nein, will er nicht!“ komme, könnte ich mit dieser Entscheidung weiterleben?

Mein Entschluss ist gefasst: Ich mache eine Patientenverfügung. Ich muss mich dafür zwar mit unliebsamen Zukunftsvorstellungen auseinandersetzen, aber ich möchte AUF GAR KEINEN FALL, dass mein Partner oder meine Angehörigen gezwungen werden, eine Entscheidung für mich zu treffen, die eine erhebliche Belastung für ihr eigenes Leben darstellt. Und das nur, weil ich mich nicht mit meiner eigenen Verletzlichkeit auseinandersetzen wollte …

Was ist eine Patientenverfügung?

Per Gesetz (§ 1827 Abs. 1 BGB – Bürgerliches Gesetzbuch) ist die Patientenverfügung eine schriftliche Festlegung einer volljährigen Person, ob sie in bestimmte, zum Zeitpunkt der Festlegung noch nicht unmittelbar bevorstehende Untersuchungen ihres Gesundheitszustands, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe einwilligt oder sie untersagt.

Das Schriftstück hätte ich bereits als junger Mensch verfassen können und freue mich, dass es bisher gut gegangen ist. Dabei denke ich an die Menschen, die unfallbedingt nicht mehr über ihr Leben, ihre Behandlung und Pflege bestimmen können.

In der Patientenverfügung wird mein Wunsch festgehalten, wie in bestimmten Situationen mit mir verfahren werden soll. Diese Wünsche sind verbindlich und müssen von Ärzten und vom Pflegepersonal eingehalten werden, selbst wenn es keine Angehörige oder bestellte Vertreter bzw. Betreuer gibt.

Lückenschluss in der Kommunikation zu Ärzten und Pflegepersonal

Zu Beginn sollte ich darüber nachdenken, was mir im Zusammenhang mit Krankheit, Leiden und Tod wichtig ist. Es ist ein angstbesetztes Thema, vermutlich mag sich keiner eine lange und schwere Krankheitsgeschichte ausmalen an deren Ende vielleicht das Sterben die Erlösung bringt.

Bisher habe ich für mich entschieden, dass ich nicht künstlich am Leben gehalten werden möchte. Aber wenn dieser Fall eintritt, werde ich nicht mehr für mich sprechen können und dann hört meine würdevolle Selbstbestimmung auf.

Mich beschleicht der Gedanke, dass eine Patientenverfügung dem Abschluss einer Versicherung gleicht. Ich habe verschiedene Versicherung abgeschlossen, wie Du vermutlich auch. Warum eigentlich? Was hat Dich diesen Schritt gehen lassen. Vielleicht für die Absicherung Deiner Kinder oder Deiner Lebensqualität. Vielleicht hast Du einen kurzen Blick in eine Zukunft geworfen und überlegt, dass Du durch einen Unfall keinen Verdienst mehr hast und diese Einkommenslücke schließen möchtest oder dass Deine Kinder abgesichert sind, wenn Dir etwas passieren sollte.

Eine Patientenverfügung ist nichts anders. Du schließt damit eine Lücke in der Kommunikation zu Ärzten, Pflegepersonal, Angehörigen oder einem Vertreter. Du legst klar und eindeutig fest, wie Du in einer Lebenssituation behandelt werden möchtest, in der Du Dich heute zwar nicht sehen magst, aber die kommen könnte. Wie bei einer Versicherung braucht man manche Verträge nie, aber es beruhigt ungemein, sich geschützt und behütet zu wissen, falls es anders kommt.

Wie erstelle ich eine Patientenverfügung?

Ich musste feststellen, dass eine allgemeine Formulierung, wie z. B. „Ich wünsche keine lebenserhaltenden Maßnahmen.“ nicht ausreichend ist. Es ist eine Konkretisierung durch die Benennung ärztlicher Maßnahmen, spezifizierte Krankheiten oder Behandlungssituationen erforderlich. Erst dann ist die Verfügung bindend und eine konkrete Behandlungsentscheidung kann auf dieser Grundlage getroffen werden.

Die Vorlagen auf den Internetseiten des Bundesministeriums der Justiz (BJM) oder die Hinweise auf den Seiten der Verbraucherzentrale sind eine gute Basis und machten mir schnell klar, dass die Formulierung sich auf konkrete Behandlungsmaßnahmen und gesundheitlichen Situationen beziehen muss.

Dazu gibt es eine sehr hilfreiche Broschüre (bestellbar oder als PDF-Download), die sowohl ausführliche Erklärungen und auch zwei Musterbeispiele fertiger Patientenverfügungen beinhaltet.

Die Inanspruchnahme einer ärztlichen und juristischen Beratung ist durchaus sinnvoll, um die Behandlungsbeschreibungen besser voneinander abgrenzen zu können und um möglichst wenig Interpretationsspielraum zu lassen. Du kannst mit Deinem Hausarzt oder Hausärztin sprechen. Für die juristische Beratung übernehmen einige Versicherungen die Kosten. Kläre das am besten mit Deiner Rechtschutzversicherung ab.

Genaue Formulierungen sind wichtig

Um die notwendige Qualität der Formulierung zu verdeutlichen, ist hier ein Auszug aus der Broschüre „Patientenverfügung – „Wie sichere ich meine Selbstbestimmung in gesundheitlichen Angelegenheiten?“ des BJM:
Möglichst vermeiden sollte man allgemeine Formulierungen wie z.B.: „Solange eine realistische Aussicht auf Erhaltung eines erträglichen Lebens besteht, erwarte ich ärztlichen und pflegerischen Beistand unter Ausschöpfung der angemessenen Möglichkeiten“ oder Begriffe wie „unwürdiges Dahinvegetieren“, „qualvolles Leiden“, „Apparatemedizin“. Solche Aussagen sind wenig hilfreich, denn sie sagen nichts darüber aus, was für den Betroffenen beispielsweise ein „erträgliches“ Leben ist. Beschreiben Sie deshalb möglichst konkret, in welchen Situationen die Patientenverfügung gelten soll und welche Behandlungswünsche Sie in diesen Situationen haben.

Wenn die Patientenverfügung in verschiedenen Situationen gelten soll (z.B. für die Sterbephase, bei einem dauernden Verlust der Einsichts- und Kommunikationsfähigkeit, im Endstadium einer unheilbaren Erkrankung), sollten Sie überlegen, ob die festgelegten Behandlungswünsche (z. B. die Durchführung oder die Ablehnung bestimmter Maßnahmen wie die künstliche Ernährung, die künstliche Beatmung und anderes) in allen beschriebenen Situationen gelten sollen oder ob Sie für verschiedene Situationen auch verschiedene Behandlungswünsche festlegen möchten (Lehnen Sie beispielsweise eine künstliche Ernährung und Flüssigkeitszufuhr nur in der Sterbephase oder auch bei einer weit fortgeschrittenen Demenzerkrankung ab?).

Eigene Wertvorstellungen einbringen

Es ist hilfreich, die eigenen Wert- und Moralvorstellungen im Dokument aufzuführen. Mit wenigen Sätzen lässt sich beschreiben, was einem in welchem Fall wichtig ist oder welchen Ängsten mich in bestimmten Situationen begleiten. Diese Beschreibung ermöglicht den Angehörigen im Falle einer unklaren Formulierung, meine Wünsche besser zu verstehen. Sie können dann eine Entscheidung treffen, die meiner Meinung sehr nahekommt.

Registrierung der fertigen Patientenverfügung

Die fertige Patientenverfügung kann im Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer registriert werden. Die einmalige Registrierung ist kostenpflichtig und die Gebühren liegen zwischen € 20,00 und € 26,00 – zuzüglich einer Gebühr für jede genannte Vertrauensperson.

Auf das Vorsorgeregister haben medizinisches und pflegerisches Personal Zugriff, so dass nur noch ein Hinweis im Portemonnaie erforderlich ist, damit bei einem Unfall die Information zu den behandelnden Personen gelangen kann. Ein kleines Kärtchen dazu reicht schon aus. Die Verbraucherzentrale hat dazu eine Vorlage zum selbst ausdrucken erstellt.

Wissenswertes kurz & knapp:

  • Eine Patientenverfügung muss schriftlich erstellt werden und mit Unterschrift und Datum versehen sein.
  • Eine bestehende Patientenverfügung kann jederzeit abgeändert werden.
  • Gesetzlich dürfen Dich Deine Kinder nicht vertreten, sondern nur Dein Ehepartner.
  • Ärzte und Ärztinnen können Einsicht ins Vorsorgeregister nehmen und so die Informationen erhalten.
  • Trage den Hinweis zur hinterlegten Patientenverfügung im Portemonnaie bei Dir, damit schnell reagiert werden kann.
  • Sind Vertreter:innen benannt oder rechtliche Betreuer bevollmächtigt, müssen diese meine Patientenverfügung prüfen und meinen definierten Behandlungswillen an Ärzte und Pflegepersonal weitergeben und dafür Sorge tragen, dass dieser Verfügung nachgekommen wird.
  • Grundsätzlich gilt eine Patientenverfügung nicht nur für dauernde Erkrankungen. Sie sind ebenfalls für vorübergehende Erkrankungen bindend.
Hier haben wir weitere interessante Links für Dich zusammengestellt:

Bundesministerium der Justiz: Alle Informationen zur Patientenverfügung

Bundesministerium der Justiz: Patientenverfügung: Informationen, Broschüre, PDF-Formular und Textbausteine, aktuelle Rechtsprechung 

Verbraucherzentrale: Patientenverfügung online erstellen: Selbstbestimmt – Patientenverfügung online erstellen und vorsorgen

Verbraucherzentrale: Patientenverfügung: So äußern Sie eindeutige und wirksame Wünsche

Ratgeber der Verbraucherzentralen: Patientenverfügung – Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung

Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer: Eine Patientenverfügung kann im Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer registriert werden.

Verbraucherschutzzentrale: Notfallkärtchen für das Portemonnaie

Staatsministerium der Justiz Bayern – Download der Broschüre: „Vorsorge für Unfall, Krankheit und Alter“, Art.-Nr. 04004713 (dazu bitte den Shop aufrufen)

Zentrum für angewandte Ethik: Ethikzentrum – Patientenverfügung